Remember
eigentlich, wie ich mich gefühlt habe, als ich das Foto in Dr. Parkers Sprechzimmer gefunden hatte? Als mir die Bedeutung der Botschaft klar wurde? Und hast du eine Ahnung, wie schwer es mir gefallen ist, dir nichts davon zu sagen? – Ja, ich hatte eine Entscheidung getroffen. Ich wollte, dass einer von euch gerettet wird. Und in Wahrheit wollte ich, dass du gerettet wirst. Aber ich hätte euch die Entscheidung überlassen. Ich wollte Eric nicht zu etwas zwingen. Deshalb habe ich auch zuerst ihm von der Botschaft erzählt. Wenn er sich genauso wie ich entschieden hätte, hättest du niemals etwas davon erfahren müssen.«
Annabel war blass geworden.
»Denkst du wirklich, ich wäre damit einverstanden gewesen und hätte euch hier alleine zurückgelassen… du verdammter, blöder Idiot?« Sie kam auf ihn zu, stand nun direkt vor ihm.
»Genau deshalb konnte ich es dir nicht sagen.«
Sie schlug kraftlos auf ihn ein, trommelte mit den Fäusten auf seine Brust und er ließ es geschehen. Sie schlug, bis sie müde und ihre Arme schwer wurden und sie einfach nur noch dastand und weinte.
Er nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich.
»Du brauchst mich nicht zu retten«, flüsterte sie schließlich. »Ich bin nicht Rebecca.«
Michael hatte Annabel im Aufenthaltsraum gelassen, um es noch einmal alleine bei George zu versuchen. Wenn es auch nur eine winzige Chance gab, Eric zu finden, musste er sie nutzen. Und ihnen blieben nur noch wenige Stunden, bis… Ja, was? Er vermochte es sich nicht einmal vorzustellen.
Michael zog seinen Mantel aus und legte ihn aufs Bett. Er dachte, es könnte vielleicht ein wenig helfen, die Muskeln spielen zu lassen. Dann nahm er sich einen Stuhl und setzte sich George gegenüber. Wortlos starrte er ihn eine Weile an. George starrte zurück.
»Wie wär’s damit, George? Wenn du mir jetzt nicht sofort sagst, wo Eric ist und was du da unten mit Annabel gemacht hast, gehe ich raus und lasse dich mit Annabel und ihrer Taschenlampe eine Weile allein.«
Eine schwache Regung zeigte sich auf Georges Gesicht. Er schien wirklich Angst vor Annabel zu haben. Zumindest aber vor den Schmerzen, wie sie etwa ein Schlag auf die Nase mit sich bringt.
»Du kennst doch Annabel? Das ist die kleine Rothaarige, die dir die Fresse poliert hat.« Michael berührte Georges Nase, um dessen Erinnerungen aufzufrischen. Der zuckte zurück. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, musste es höllisch wehtun.
Doch er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle.
»Sag mal, Michael, spielst du hier gerade guter Bulle, böser Bulle? Ehrlich, du schaust zu viel Fernsehen.«
Michael lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er durfte nicht die Oberhand verlieren. »Jetzt hör mal zu, George…«
»Nein!«, zischte George und er hatte dabei etwas von einer Schlange, die sich gegen ihren Schlangenbeschwörer wendet. »Jetzt wirst du mir zuhören, Michael! – Du kannst mir keine Angst machen. Lass das kleine Miststück nur reinkommen und tun, wozu du ja anscheinend nicht in der Lage bist.«
Michael hatte Mühe, Georges durchdringendem Blick standzuhalten.
»Du bist schwach, Michael. Und du weißt es. Wenn man dich wirklich mal braucht, dann hast du bisher immer gekniffen. Hab ich nicht recht? – Wo warst du denn, als deine Schwester dich brauchte? Wo warst du, als sie im See um Hilfe rief? Wo warst du, als sich ihre kleine Lunge mit dem eiskalten Wasser füllte und ihr letzter Gedanke ihrem feigen großen Bruder galt? Wo warst du, Michael? Wo, zum Teufel, warst du?«
Annabel hatte ihn eben noch vor George gewarnt. Er ist gefährlich, hatte sie gesagt. Unterschätz ihn nicht. Michael war sich so sicher gewesen, dass George ihm nichts anhaben konnte, denn schließlich hatten sie seine Tricks durchschaut. Doch jetzt fühlte er eine eigenartige Kälte und Hilflosigkeit in sich aufsteigen.
»Es ist nicht meine Schuld gewesen«, hörte Michael sich plötzlich sagen, mit einer jammernden Stimme, die unmöglich seine eigene sein konnte. »Ich habe alles versucht… es war zu spät… sie hat mir vergeben… sie…«
»Niemand wird dir jemals vergeben, Michael. Nicht einmal Annabel. Sie alle müssen sterben. Rebecca, Eric, Annabel und schließlich auch du. Alle, Michael. Und es ist ganz allein deine Schuld.«
»Das ist nicht wahr… ich… ich habe längst meinen Frieden gefunden… ich…«
»Du hast deiner Schwester nicht helfen können und du wirst auch deiner kleinen Freundin nicht helfen
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