Remember
rückwärtstorkelte und mit einem Krachen zu Boden ging.
Und dann sah er Annabel.
Sie stand in der Tür und beugte sich über den am Boden liegenden George. Er wirkte völlig benommen. Blut lief aus seiner Nase. »Siehst du das, du Scheißkerl? Jetzt habe ich meine eigene kleine Sonne«, sagte sie grimmig und tätschelte dabei die Lampe.
»Anna!« Michael kam auf sie zugerannt, stieg über den blutenden George hinweg und schloss Annabel in die Arme. Er drückte sie fest, während ihre Füße in der Luft schwebten.
Annabel schloss für ein paar Sekunden die Augen und genoss diesen Augenblick. Doch dann besann sie sich. »Ich freu mich auch, dich zu sehen«, sagte sie und drängte Michael dazu, sie wieder loszulassen. »Aber jetzt hilf mir, ihn irgendwie zu fesseln, bevor er wieder ganz zu sich kommt.«
»Fesseln?«
»Bitte, Michael, vertrau mir, ich erklär’s dir gleich.« Sie beugte sich zu George hinunter. »Los, hoch mit dir!«
Michael sah sie einen Moment zögernd an, dann nickte er, packte George unter den Achseln und stemmte ihn hoch. George hielt sich mit einer Hand die blutende Nase.
»Na, George«, sagte Annabel und trat nah an ihn heran. »Überrascht, mich zu sehen?«
George sagte nichts. Der Schmerz hatte ihm Tränen in die Augen getrieben.
Annabel überlegte. »Am besten, wir bringen ihn in eines der Patientenzimmer.«
Michael stellte keine Fragen und Annabel war ihm dankbar dafür. Er würde es gleich verstehen. Aber erst einmal mussten sie George außer Gefecht setzen. Mit Genugtuung sah sie, wie er sich unter Michaels hartem Griff wandte.
Sie steuerte auf das Zimmer zu, das dem Aufenthaltsraum am nächsten lag, orientierte sich kurz und zog dann ein Laken von einem der Betten. »Setz ihn auf einen Stuhl.«
Ohne zu zögern, tat Michael, was sie verlangte. Annabel übernahm es, George mit dem Laken an den Stuhl zu fesseln, und sie war dabei nicht zimperlich. George ließ es stumm und mit eisiger Miene geschehen.
Michael sah sie an. »Erklärst du mir jetzt, was hier vor sich geht?«
Annabel nickte entschlossen. »Ja. Aber nicht hier. Nicht vor ihm.« Die letzten Worte spie sie George fast ins Gesicht.
Eine Stunde später kehrten Michael und Annabel zu George zurück. Annabel hatte ihm erzählt, was George ihr angetan hatte, und er hatte sie seit Willowsend nicht mehr so weinen sehen. Seine Wut auf George war unbeschreiblich.
Immerhin wussten sie jetzt, dass George die erschreckende Fähigkeit besaß, sie zu manipulieren, und dass er dabei Wahrheit und Lüge geschickt miteinander verwob. Und sie wussten auch, dass er ohne ihre Mitwirkung seine Manipulationen nicht durchführen konnte. Genau das war wahrscheinlich Annabels Rettung gewesen. Und sollte George auch für das Verschwinden von Eric verantwortlich sein, bestand vielleicht noch eine kleine Hoffnung, ihren Freund zu retten.
»Wo ist Eric?«, bellte Annabels Stimme durch den Raum.
George saß gefesselt auf einem Stuhl und schien unbeeindruckt von ihrem Auftritt. Doch sein überhebliches Lächeln wollte nicht so recht zu dem getrockneten Blut passen, das an seiner Nase und seinem Mund klebte.
»Du findest das also witzig«, sagte Annabel und griff nach der schweren Taschenlampe, die aus ihrer Manteltasche ragte. Sie holte aus. »Wollen doch mal sehen, ob du darüber auch lachen kannst.«
Georges Lächeln verschwand augenblicklich.
»Anna, nein!« Michaels fester Griff umklammerte ihr Handgelenk.
»Lass mich los, Michael!«, sagte Annabel und versuchte vergeblich, sich aus seinem Griff zu befreien. »Er hat Eric entführt. Vielleicht hat er ihn sogar getötet.«
»Das wissen wir nicht.« Michael brachte sie dazu, den Arm sinken zu lassen.
»Doch, ich weiß es. Er hat es auch bei mir versucht.«
»Aber du lebst doch noch, Schätzchen.« George hatte anscheinend seine Stimme wiedergefunden.
»Halts Maul, George!« Michael merkte, wie schwer es ihm fiel, in Georges Gegenwart ruhig zu bleiben. Und er wurde das Gefühl nicht los, dass ihr Gegenüber es genau drauf anlegte.
George lachte. »Ihr seid so schwach«, sagte er und schüttelte verächtlich den Kopf. »Ihr seid einfach nicht bereit, das Notwendige zu tun. Und darum werde ich gewinnen.«
»Gewinnen? Glaubst du wirklich, für uns ist das ein Spiel, George? Wir wollen überleben. Wir wollen, dass das aufhört. Begreifst du den Unterschied?« Michael dachte an das Foto in seiner Tasche. George klang gerade so, als ob er darüber Bescheid wüsste. Und auf einmal wurde
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