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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Bettlaken?«, fragte er.
    Eric und George nickten.
    Alles, was sie mitnahmen, waren die Laken und die Kleidung, mit der sie eingeliefert worden waren. Sie hatten sie bereits unter die grauen Anstaltsklamotten gezogen. Michael hätte gerne noch Proviant mitgenommen, aber den hätten sie aus den Resten des Abendessens zusammenklauben müssen und das wäre vielleicht jemandem aufgefallen.
    Ein letzter Blick auf die Uhr. Es war so weit. Michael lauschte ein paar Sekunden, dann öffnete er leise die Tür und schaute rechts und links auf den hell erleuchteten Gang. Niemand war zu sehen. Er trat auf den Flur und drückte den Rücken sofort gegen die Wand. Das machte ihn zwar nicht unsichtbar, aber es gab ihm Halt, und den brauchte er im Moment. Dann gab er den Jungs ein Zeichen.
    Als sie an Annabels Tür vorbeikamen, schlüpfte sie lautlos hinaus. Auch sie trug noch die graue Anstaltskleidung, ihr Gesicht sah angespannt aus und Michael erkannte an ihren Augen, dass sie wieder geweint hatte.
    Sie schlichen weiter vorwärts, bis sich auf halbem Wege genau hinter ihnen eine Tür öffnete. Sie verfehlte Erics Schulter nur um Haaresbreite.
    Michael blieb abrupt stehen, genau wie die anderen, und hielt die Luft an.
    Ein dünner Mann im Schlafanzug und barfuß wankte schlaftrunken in die andere Richtung auf die Toiletten zu. Er schien keinerlei Notiz von ihnen zu nehmen. Als die Toilettentür sich hinter ihm schloss, atmete Michael erleichtert auf. Weiter jetzt!
    Die Tür zum Schwesternzimmer war nur angelehnt. Leise klassische Musik wehte aus dem schmalen Spalt und mischte sich mit dem Geplärre aus dem Radio des Wachmannes. Ansonsten rührte sich nichts.
    Einer nach dem anderen huschten sie an der Tür vorbei, während drinnen alles still blieb.
    So weit, so gut, dachte Michael und war sich bewusst, dass der schwierigste Teil noch vor ihnen lag.
    Sie mussten unter der Fensterscheibe des Kabuffs entlangkriechen und die dahinterliegende Tür öffnen, ohne dass der Wachmann das mitbekam. Und der wurde schließlich dafür bezahlt, dass er nicht schlief. Ob das laute Radio ausreichen würde, um ihn abzulenken, würde sich bald zeigen.
    Es waren vielleicht noch fünf Meter. Wie abgesprochen ließen sie sich auf Hände und Knie nieder und krochen vorwärts. Michael vorneweg. Das Radio wurde immer lauter, während er sich langsam Meter für Meter seinem Ziel näherte. Noch zwei Meter. Noch einer. Er befand sich nun direkt unter dem Fenster.
    »Hallo?«, dröhnte plötzlich eine laute Stimme über ihm, während gleichzeitig das Radio verstummte.
    Wie vom Donner gerührt, erstarrte Michael in seiner Bewegung.
    »Hey, Roseberk! Ja, ich bin’s… Das kannst du laut sagen. Ich bin echt froh, dass das heute meine letzte Nachtschicht ist. Scheiße, diese Bude ist mir schon tagsüber nicht ganz geheuer… Ja, genau, du weißt, was ich meine…«
    Es dauerte ein paar Sekunden, ehe Michael begriff, dass der Wachmann nur mit einem Kollegen telefonierte. Er wandte kurz seinen Kopf und konnte sehen, dass Eric, Annabel und George auch gerade das Herz in die Hose gerutscht war. Zum Glück verhielten sie sich ruhig.
    Hastig setzte er sich wieder in Bewegung und erreichte endlich die Tür. Annabel hatte bereits aufgeholt und kroch dicht an ihm vorbei. Sie hatte den Schlüssel und darauf bestanden, die Tür zu übernehmen. Vorsichtig, wie in Zeitlupe richtete sie sich halb auf und presste ihren Körper gegen die Wand.
    »Die Hunde?… Klar habe ich die gefüttert.… Würden ihren Job aber sicher noch besser machen, wenn wir sie auf Diät setzen würden, was?… Jahaha, genau… Würden nicht viel übrig bleiben, schätz ich. Aber wer würde die schon vermissen? Verdammte Freaks…«
    Bei dem Wort »Hunde« starrte Michael Annabel mit großen Augen an. Sollte das etwa heißen, dass die hier Wachhunde versteckt hielten? Vielleicht sogar im Keller? Er sah an ihrem Blick, dass sie sich gerade das Gleiche fragte. Trotzdem zögerte sie nicht, holte den Schlüssel aus ihrer Tasche und führte ihn zum Schloss. Im gleichen Moment fiel am anderen Ende des Ganges krachend eine Tür zu. Annabel verharrte mit dem Schlüssel in der Luft.
    »Hey, wart mal ’n Moment! Ich glaub, ich hab da was gehört.«
    Scheiße! Scheiße! Scheiße!
    Michael kam sich plötzlich so lächerlich vor, hier auf allen vieren, bei taghellem Licht. Was hatten sie sich nur dabei gedacht? Das sollte ein Plan sein? Wenn man fünf Jahre alt ist, vielleicht. Und was für eine Flucht sollte das

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