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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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geschahen drei Dinge gleichzeitig: Im dunklen Labyrinth des Kellers schlug eine Tür ins Schloss; es hallte wie ein Donnergrollen. Eine Sirene ging los, so ohrenbetäubend laut, als befände sie sich direkt über ihren Köpfen. Scheinwerfer flammten auf und schütteten ihr gleißendes Licht über den Park aus.
    Keine Chance mehr, sich zu verstecken. Keine Chance, unbemerkt über die Mauer zu gelangen.
    Michael sah in die panischen Gesichter seiner Gefährten und konnte sich selbst vor Angst kaum rühren. Doch er riss sich zusammen und schaffte es, gegen den Lärm der Sirene anzuschreien. »Verschwindet von hier! Sofort! Ich komme mit George nach. – Los! Lauft endlich!«
    Annabel und Eric tauschten noch einen Blick, dann rannten sie in Richtung Mauer.
    Michael steckte den Kopf und einen Arm durch das Fenster. »Spring, verdammt!«, befahl er. Und zum ersten Mal überhaupt konnte er so was wie ein echtes Gefühl auf Georges Gesicht erkennen. Es war Angst, pure ungefilterte Angst.
    Anders als beim ersten Mal stieß George sich kräftig ab. Trotzdem musste Michael ihn wie einen Sack Kartoffeln aus dem Fenster ziehen.
    Georges Beine befanden sich noch im Haus, da hörte Michael ein neues beunruhigendes Geräusch: Hundegebell. Ein tiefes, wütendes Bellen mehrerer Hunde. Es kam aus dem Keller. Und es kam näher. Das gibt es doch nicht! Verdammte Scheiße, wie viel Pech kann man denn haben?
    »Lauf, George! Lauf!«, schrie Michael, zerrte George auf die Beine und trieb ihn an. Er wusste nicht, ob George das Bellen überhaupt gehört hatte, aber er rannte, als wären Höllenhunde hinter ihm her. Immer wieder warf er einen panischen Blick zurück. Einige der Zimmer waren bereits hell erleuchtet. Wir müssen es nur auf den Baum schaffen! Bitte, wir müssen es nur auf den Baum schaffen!
    Sie erreichten ihr Ziel und George beugte sich keuchend nach vorn. Er machte auf Michael keinen guten Eindruck. Als sei dieser kleine Lauf bereits zu viel für ihn gewesen. Aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Äußerst grob packte er Georges Arm und drängte ihn dazu, auf den Baum zu klettern. Die Äste der kräftigen Buche setzten so tief an, dass selbst George es schaffen sollte. Aber er sträubte sich schon wieder. »Geh voran«, rief er. Auch hier machte es die Sirene noch immer schwer, sich zu verständigen. »Ich mach’s dir dann einfach nach.«
    Michael unterdrückte einen Fluch und suchte nach der günstigsten Stelle, um Tritt zu fassen. Wenigstens konnte er dank der Scheinwerfer gut sehen. Dabei fiel sein Blick auf die Rinde des Baumes, die an einer Stelle in Höhe seiner Schulter tiefe Scharten hatte und stellenweise ganz weggerissen war. Sogar an der Mauer befanden sich sichtbare Furchen.
    Was für Viecher sind das?
    Augenblicklich machte er sich an den Aufstieg und war schnell auf Höhe der Mauer.
    Er sah das Laken, das Annabel und Eric an einem überhängenden Ast festgebunden hatten. Es hatte also funktioniert. Und es würde noch mal funktionieren. Doch als er nach unten blickte, stand George immer noch an derselben Stelle und schaute wie gebannt zum Haus.
    »George!« Dieser verdammte Idiot! Wollte er etwa, dass man ihn erwischt?
    Wie ein Affe hangelte sich Michael zurück.
    »Komm endlich hoch, Mann! Sonst tret ich dir in deinen blöden Arsch!«, schrie er.
    George hob den Kopf und sah Michael an, dann setzte er sich in Bewegung. Unter weiteren Flüchen und Drohungen lotste Michael ihn den Baum hinauf. Und als sie schließlich oben waren, balancierte auch George ohne Probleme auf dem dicken überhängenden Ast in Richtung Mauer, während er sich an einem dünneren, darüber befindlichen Ast festhielt. Michael blieb die ganze Zeit dicht bei ihm. »Gut gemacht, George!«
    Und dann standen sie auf der Mauer und Michael sah von oben auf Annabel und Eric hinunter. Ein befreiendes Lächeln hatte sich auf ihren Gesichtern ausgebreitet, während sich hinter den beiden das Mondlicht auf dem Wasser der Themse spiegelte.
    Sie hatten es geschafft.
    »George, der Rest ist kinderleicht. Setz dich auf die Mauer, pack das Laken und lass dich runter.«
    Wenige Sekunden später standen sie auf der anderen Seite der Mauer.
    Während er sich das graue Oberteil vom Leib riss, warf Michael einen Blick auf Annabel. Auch sie hatte die Anstaltsuniform abgestreift. Nun sah er sie zum ersten Mal in ihrer farbenfrohen Alltagskleidung.
    Ein wunderschöner bunter Vogel , dachte er plötzlich. Und jetzt ist er frei.
    18
    Annabels Herz machte

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