Remember
verhält, wenn man alle äußeren Reize ausschaltet. Dazu bediente er sich auch einer Methode, die schon in den 1950er-Jahren von John Lilly, einem amerikanischen Neurophysiologen, verwendet wurde. Die Rede ist hier von sogenannten Isolationstanks, auch Floatation-Tanks genannt. Der Proband liegt in einem abgeschlossenen Tank, in etwa dreißig Zentimeter tiefem, körperwarmem Salzwasser. Der Bittersalzgehalt des Wassers wird so eingestellt, dass die Haut auch bei längerem Aufenthalt keinen Schaden nimmt. Vor allem aber sorgt das Salz für einen Auftrieb, der einen Körper kontrolliert obenauf schwimmen lässt.
Lilly beobachtete bei sich und anderen Probanden veränderte Bewusstseinszustände. Zustände, wie man sie normalerweise nur während des Schlafs, beim Meditieren oder durch den Gebrauch von Drogen erreichen kann.«
FINNAGAN: »Klingt ein bisschen nach Esoterik.«
HILL: »Ja, aber das ist es keineswegs. Bewusstsein ist, nein, war lange Zeit ein schwammiges Thema. Doch das hat sich in den letzten Jahren geändert. Durch die moderne Hirnforschung hat sich Bewusstsein zu einem wissenschaftlich fassbaren und definierbaren Begriff gewandelt. Zahlreiche neue Studien, etwa die aus Berkeley und natürlich unsere eigenen, erbringen den wissenschaftlichen Beweis für schon lange diskutierte Theorien.«
FINNAGAN: »Und aufgrund der Forschungen seines Kollegen hatte Ihr Bruder nun die Idee…?«
HILL: »Das Thema dieser Forschungen spielte nur indirekt eine Rolle. Es geht bei uns ja nicht um sensorische Deprivation. Nein, die Sache lief etwas anders. Nathan war also in dieser Blockhütte. Und dort gab es einen Isolationstank. Nicht zu Forschungszwecken, sondern zum privaten Gebrauch.«
FINNAGAN: »Jemand legt sich freiwillig in so ein Ding?«
HILL: »Laura, wenn Sie einmal in so einem Ding waren, wollen Sie es immer wieder tun, glauben Sie mir.«
FINNAGAN: »Haben Sie es auch schon mal versucht?«
HILL: »Selbstverständlich! Ich liebe es. Ich besitze sogar selbst so einen Tank. Nicht die Hightech-Version, die wir im Institut benutzen. Einen ganz normalen. Leider liegen die Kosten für ein handelsübliches Gerät bereits bei mehreren Tausend Pfund. – Für meinen Bruder war es übrigens die erste Begegnung mit einem solchen Tank. Er war fasziniert und probierte ihn sofort aus. Er verbrachte mehrere Stunden darin. Was genau dabei passierte, kann ich nicht sagen. Nathan beschrieb es später als eine Art Geburt. Ich weiß nur, dass er mich sofort danach anrief. Er war ganz aufgeregt, was ungewöhnlich für ihn war. Er sagte, der Aufenthalt im Tank hätte alle seine Blockaden gelöst, die durch den Tod unseres Vaters entstanden seien. Und dass die fehlenden Puzzle-Teile sich wie von selbst eingefügt hätten. Und er fragte, ob ich Lust hätte, ihn bei seinem nächsten Projekt zu unterstützen.«
FINNAGAN: »Fehlende Puzzle-Teile?«
HILL: »Der Supercomputer.«
FINNAGAN: »Sie meinen, die Lösung des Problems ist ihm einfach so zugeflogen? Beim Baden?«
HILL: »Wenn Sie so wollen?«
FINNAGAN: »Nicholas, ich höre, wir sind jetzt bereit, die ersten Bilder zu zeigen. – Verehrte Zuschauer, was Sie hier sehen, ist eine Weltpremiere. Es sind die ersten Aufnahmen des Supercomputers, die uns freundlicherweise von Hillhouse zur Verfügung gestellt wurden.«
HILL: »Laura, kann es sein, dass Sie sich die Sache etwas spektakulärer vorgestellt haben?«
FINNAGAN: »Wenn ich ehrlich bin… ja. Obwohl die Schlichtheit der Inszenierung wirklich gelungen ist. Ein hoher weißer, fensterloser Raum, zwei Computerterminals und in der Mitte ein zwei mal zwei Meter großer mattschwarzer Kubus. Erinnert mich an die Rauminstallationen moderner Künstler. – Ob Sie uns wohl schon jetzt etwas zur Technologie sagen könnten?«
HILL: »Auf der morgigen Pressekonferenz wird Nathan das Geheimnis um die technischen Details lüften. Dann werden Sie erfahren, ob es sich hierbei um einen Biocomputer, einen Quantencomputer oder möglicherweise um etwas völlig Andersartiges handelt. Aber etwas darf ich Ihnen doch schon verraten. Es ergibt sich ohnehin aus den gezeigten Fotos. Die geringe Größe weist bereits darauf hin, dass wir es mit einer völlig neuen Rechnerarchitektur zu tun haben. Sie ist in ihrer Funktionsweise und Energieeffizienz näher am menschlichen Gehirn als alles, was wir bisher kannten. Die Kühlung ist kein Problem mehr. Damit gehört auch eines der größten Probleme sogenannter Supercomputer der Vergangenheit an: ihr
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