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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Kacke, sag ich euch. Wer soll sich denn so was merken? Und vor allem: Was bringt uns das alles?«
    »Gibt es irgendwelche Bilder?«, fragte Michael.
    »Gute Idee.« Annabel suchte nach einer Abbildung der Orakelstätte oder des Gottes.
    »Hier«, sagte sie und fand ein Foto des Apollon geweihten Tempels in Delphi.
    »Nicht mehr viel von übrig«, sagte Eric.
    Annabel blätterte weiter und entdeckte kurz darauf die Abbildungen einer Statue. Es war der Apollo von Belvedere .
    »Wahnsinn!«, sagte sie und lehnte sich zurück.
    »Was meinst du?«, fragte Michael.
    »Seht ihr das denn nicht?« Annabel zog ein Papier aus ihrer Gesäßtasche hervor, faltete es auseinander und legte es vor sich auf den Tisch. Es war ihre Zeichnung, die ihnen bei der Flucht aus der Anstalt geholfen hatte. Nach dem unfreiwilligen Bad im See war sie leicht verschmiert, aber immer noch in brauchbarem Zustand. Aufgeregt tippte Annabel auf das Papier und die Abbildungen im Buch.
    Die Jungs bekamen große Augen, als sie die Ähnlichkeit zwischen der von Annabel skizzierten Statue und dem Apollo von Belvedere entdeckten.
    »Oh nein!«, sagte Eric. Er fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. »Bitte, nicht!«
    Annabel war ebenfalls sofort klar, was dieser Hinweis bedeuten könnte, ja bedeuten musste, und sie konnte es an Michaels fassungslosem Gesichtsausdruck ablesen, dass er es auch wusste. Aber allein der Gedanke daran war ebenso absurd wie erschreckend.
    »Wie… wie können wir sicher sein, dass es das ist, was wir finden sollten? Vielleicht ging es um etwas anderes? Es gibt bestimmt jede Menge dieser Statuen in London.« Eric schnappte sich das Buch und blätterte wahllos darin herum. Anfangs schnell und aggressiv, doch dann wurden seine Bewegungen immer langsamer, kraftloser, bis seine Hände nur noch reglos auf den Seiten ruhten. »Wir können nicht wieder zurückgehen«, sagte er leise und schien den Tränen nah. »Das macht doch keinen Sinn.«
    Annabel empfand plötzlich eine eisige innere Kälte und schlang die Arme um ihren Oberkörper. Noch drei Tage. Erst jetzt wurde ihr zum ersten Mal richtig bewusst, dass ihnen die Zeit ausging, dass ihnen jemand die Pistole auf die Brust setzte und bis drei zählte. Und als wäre dies schon nicht schlimm genug, schickte man sie auch noch zurück in die Hölle, aus der sie entkommen waren.
    Selbst Michael war auffallend blass geworden. »Wir haben zwei Möglichkeiten«, sagte er und seine Stimme klang gepresst. »Entweder wir hören jetzt auf mit der Suche, lassen es drauf ankommen und warten ab, was in drei Tagen mit uns passiert. – Oder wir folgen weiter den Hinweisen.«
    Eric schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
    »Wo willst du hin?«, fragte Annabel besorgt.
    »Keine Angst. Ich muss nur mal für kleine Tänzer. Wo sind denn hier die Toiletten, Anna?«
    »Erdgeschoss. Neben der Treppe.«
    Eric hockte sich hin und legte seine Hände auf die Knie von Annabel und Michael. Er sprach ganz ruhig und gefasst. »Wenn ich wiederkomme, möchte ich, dass ihr eine Entscheidung getroffen habt. Ich selbst hab zu viel Schiss, um klar denken zu können. Ich will nicht zurück. Aber ich vertraue euch.«
    Eric wollte, dass sie entschieden, und das taten sie, schnell und ohne viele Worte darüber zu verlieren. Trotzdem hatte Annabel ein wenig Angst vor Erics Reaktion, als er zu ihnen an den Tisch zurückkehrte.
    »Wir fahren zurück zur Anstalt«, sagte sie und hielt für einen Moment die Luft an.
    Doch Eric blieb ruhig und nickte ihr zu. »Gut.«
    Worte konnten nicht annähernd beschreiben, wie sie sich gerade fühlte, dachte Annabel. Ein Jammern möglicherweise oder ein Schreien. Ein lautes, Scheiben zerberstendes, niemals enden wollendes Schreien. Vielleicht.
    Auf der Treppe runter ins Erdgeschoss sah sie vor ihrem geistigen Auge einen glänzenden, rot-weißen Kinderball, der langsam die Stufen hinabhüpfte und unten angekommen weiter, von einer unsichtbaren Macht gezogen, seinem ungewissen Schicksal entgegenrollte.
    Ich bin das , dachte Annabel. Ich bin dieser jämmerliche kleine Ball .
    Hätten sie es schon in der Anstalt erkennen können? Waren sie die ganze Zeit im Kreis gelaufen, nur um am Ende wieder dort zu landen, wo sie gestartet waren? Immer deutlicher drängte sich ihr der Gedanke an ein Spiel auf. Was bisher nur eine Vermutung gewesen war, schien nun zur Gewissheit geworden zu sein. Etwas anderes konnte der Hinweis auf Monopoly doch gar nicht bedeuten. Doch wer spielte es? Oder waren sie am

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