Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
ins Gesicht.
Die Augen des Mannes blieben auf den Block gerichtet, und das Lächeln wich nicht von seinen Lippen. »Vom Sehen. Sie hat hier gegessen. Warum?«
Johanna versuchte an Rafiqs Gesicht abzulesen, ob er noch mehr über Saara wusste, aber es gelang ihr nicht. »Ein schrecklicher Fall, das mit ihrer Entführung.«
»Ich kann die Iraker nicht verstehen«, kommentierte Rafiq knapp und ging in Richtung Küche.
»Entschuldigung«, rief ihm Johanna nach. »Eines noch.«
Rafiq drehte sich um und sah Johanna fragend an.
»Ich habe mein Telefon vergessen, müsste aber dringend zwei kurze Telefonate erledigen. Dürfte ich ich mir das mal kurz ausleihen?«, fragte sie mit einer Kopfbewegung zu dem Handy-Etui an Rafiqs Gürtel.
Sie registrierte den Hauch eines Zögerns an der Miene des Mannes, der aber im Nu verflogen war.
»Selbstverständlich«, sagte Rafiq und gab ihr das Telefon.
»Schreiben Sie es auf die Rechnung«, sagte Johanna und fing langsam an, eine Nummer einzutippen.
Rafiq stand noch einen Moment neben ihr, merkte dann aber, dass er nicht mithören konnte, und ging widerstrebend zur Küche.
»Ich bin’s«, sagte Johanna leise zu Hedu. »Siehst du die Nummer auf dem Display?«
»Nein.«
»Finde heraus, von welcher Nummer dieses Gespräch kommt.«
»Okay.«
Johanna unterbrach die Verbindung, wandte der Küche noch mehr den Rücken zu und sah sich im Menü die Liste der empfangenen Anrufe an. An dritter Stelle erschien eine ausländische Nummer. Von derselben Nummer war auch dreimal zuvor schon ein Anruf gekommen.
Johanna vermutete, dass Rafiq sie beobachtete, und versuchte den Anschein zu erwecken, als wählte sie eine Nummer. Sie schob eine Hand in ihre Handtasche und zog Notizbuch und Stift heraus, während sie sich innerlich den Anfang der ausländischen Nummer vorsagte.
Dann legte sie das Handy ans Ohr, tat so, als spräche sie mit jemandem und schrieb dabei die Ziffern auf, die sie sich gemerkt hatte.
Sie schaute zur Küche, aus der gerade Rafiq herauskam. Er warf ihr einen Blick zu.
Johanna änderte ihre Haltung und führte das Telefon ans andere Ohr, wobei sie die letzten Ziffern der ausländischen Nummer auf dem Display erfasste. Sie schrieb sie auf, sprach noch eine Weile ins stumme Telefon und beendete dann ihr Scheingespräch.
Mehr konnte sie nicht riskieren, ohne sich zu verraten.
»Danke«, sagte sie laut zu Rafiq, der herbeieilte, um das Handy in Empfang zu nehmen.
»Bitte, keine Ursache«, sagte er mit seinem rührenden Akzent. »Das Essen ist gleich fertig.«
»Könnte ich vielleicht mal ganz kurz mit Tuija reden?«, fragte Johanna möglichst inoffiziell und freundlich.
»Ja, sicher. Ich sag ihr Bescheid.«
Rafiq verschwand in der Küche. Johanna fragte sich, ob er wohl gemerkt hatte, dass sie zweimal ins Telefon gesprochen hatte. Die Anrufliste im Menü würde nur ein Gespräch anzeigen.
47
Rafiq trat neben Tuija an den Herd und nahm ihr den Pfannenheber aus der Hand. »Sie will mit dir reden«, flüsterte er.
»Schon wieder? Was will sie denn?«
Rafiq legte den Pfannenheber auf den Tisch und sah auf sein Handy.
»Warte«, sagte er zu Tuija.
Er holte die Liste mit den gewählten Nummern aufs Display. Vor vier Minuten war telefoniert worden. Sicherheitshalber schrieb sich Rafiq die Nummer auf.
»Was tust du da?«, fragte Tuija.
Rafiq antwortete nicht, sondern sah wieder aufs Display. Den vorletzten Anfruf hatte er selbst vor einer Stunde geführt. Die Frau hatte also nur einmal telefoniert und das zweite Gespräch lediglich vorgetäuscht.
Nervös sah sich Rafiq die genaueren Angaben zu dem Gespräch der Polizistin an. Es hatte nur sechs Sekunden gedauert. Sie hatte aber viel länger gesprochen, sich sogar Notizen dabei gemacht.
»Scheiße«, flüsterte Rafiq.
»Was ist passiert?«, wollte Tuija wissen.
»Ich weiß nicht. Vielleicht nichts. Sei vorsichtig mit ihr. Ich weiß nicht, was sie von uns will. Irgendwas hat sie im Sinn.«
»Brat die hier zu Ende und bring ihr das Essen!«
Rafiq sah seine Frau an, die zur Spüle ging und den Wasserhahn aufdrehte. Sie ließ kaltes Wasser über ihre Hände laufen und tätschelte sich das Gesicht.
Rafiq legte die Lammklößchen auf einen Teller und gab einen Schlag Reis und Salat hinzu. Über das Fleisch streute er etwas Thymian, dann nahm er den Teller in die Hand.
»Was ist eigentlich los mit dir?«, flüsterte er der blassen Tuija zu.
»Ich komme.«
Johanna blätterte in der Zeitung ›Kaleva‹. Sie erschien
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