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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Kirchenvätern zufolge hat der Teufel den christlichen Glauben vorab nachgeahmt, um die Menschen in die Irre zu führen! Eine gute Erklärung, nicht wahr? Auch Krishna, Horus und Bacchus sind zur Wintersonnenwende geboren worden. Und gekreuzigt worden sind Krishna in Indien, Tammuz in Syrien, Jao in Nepal und unzählige andere. Aber uns wird natürlich beigebracht, dass unser Gott und unser Jesus die einzig Richtigen sind. Und in dieser Stadt hier wird keine andere Auffassung toleriert.«
    »Sie haben sich mit diesen Dingen intensiv auseinandergesetzt.«
    Tuijas Gesichtsausdruck war plötzlich beklommen und triumphierend zugleich. »Ich habe das alles von meinem Pflegevater und aus dessen Büchern gelernt. Raten Sie mal, ob man sich mit diesem Wissen und meinem Mundwerk bei Lehrern beliebt macht, die Laestadianer sind!«
    »War Alpo Yli-Honkila einer Ihrer Lehrer?«
    Tuija nickte. »Ein totaler Sadist«, flüsterte sie. »Hoffentlich ist seine Tochter nicht in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Falls ja, kann ich nur sagen: arme Schüler.«
    Nun sah Tuija ungeduldig auf die Uhr. »Noch etwas? Ich habe zu tun.«
    Johanna überlegte kurz. »Nein. Für dieses Mal nicht.«
    Kaum war die Tür hinter Johanna Vahtera zugefallen, eilte Rafiq auf Tuija zu. »Was wollte sie?«, fragte er.
    »Die alte Leier. Warum das Verhältnis zu Launo gestört ist. Ob er mir was angetan hat und so weiter.«
    »Was hast du geantwortet?«
    »Die Wahrheit. Dass Launo mir nichts angetan hat.«
    Rafiq sah Tuija nachdenklich mit seinen dunklen Augen an und strich über seinen Goldring. »Ist das wahr?«
    »Mir hat Launo nichts getan. Ilona hat er etwas angetan.«
    Rafiq schien sich für Ilona nicht zu interessieren, er seufzte und trat unruhig von einem Bein aufs andere. »Die Vahtera hat mein Handy gar nicht gebraucht. Das war ein Trick. Sie hat im Menü nach etwas gesucht.«
    »Das glaube ich nicht. Mach dich nicht verrückt!«
    Tuija fing an zu spülen. Allein der Gedanke an Ilona trieb ihr die Tränen in die Augen. Noch immer. Eevert hatte die junge Spitzhündin gleich gekauft, als Tuija nach Pudasjärvi gezogen war. Er hatte das bestimmt nicht im Voraus kalkuliert gehabt, aber es war eine kluge Anschaffung gewesen. Tuija hatte die Hündin Ilona getauft – auch das im Nachhinein betrachtet eine kluge Wahl. Der Name erinnerte an »ilo«, das finnische Wort für Freude. Und Freude, Glück und inneren Frieden hatte ihr das Tier tatsächlich gebracht. Von ihrer unermesslichen Trauer und Sehnsucht hatte die Hündin sie nicht befreien können, aber sie hatte Tuija als Gegengewicht Freundschaft und unbeschreibliche Wärme geschenkt.
    Sie waren unerzertrennlich gewesen. Wenn Tuija von der Schule nach Hause gekommen war, war Ilona ihr schon auf der Straße entgegen gelaufen. Wenn es in der Schule besonders schwierig gewesen war, wie fast jeden Tag, hatte Tuija den Kopf in Ilonas Fell vergraben und geweint. Dann hatte Ilona ihr die Tränen abgeleckt, und sie hatten so lange gespielt, wie es die Hausarbeit zuließ.
    Die Hausarbeit war immer mehr geworden, je schwächer Eeverts Gesundheitszustand geworden war. Tuija hatte Holz gehackt, eingeheizt, Wasser geholt, die Wäsche gewaschen, Essen gekocht und zwischendurch ihre Hausaufgaben erledigt.
    Zum Glück war sie sehr klug gewesen und hatte nur einen Blick in die Schulbücher werfen müssen, aber manchmal blieben die Hausaufgaben auch unerledigt. Daraufhin hatte sie der Lehrer jedesmal vor der ganzen Klasse bloßgestellt, vor allem wenn es um Religion gegangen war. Die bedeutete für Alpo Yli-Honkila – und auch für viele Schüler – Leib und Leben.
    Tuija bereute, dass sie sich dazu hatte hinreißen lassen, Johanna Vahtera eine Predigt über das Heidentum zu halten, aber das Thema hatte ihr immer nahe gestanden. Eevert hatte keiner Kirche angehört, das hatte auch der Lehrer gewusst. Und der hatte, im Gegensatz zu Gott, keine Gnade gekannt, sondern seine ganze Energie, seine Boshaftigkeit und seinen Erfindungsreichtum eingesetzt, um Tuija zu demütigen. Denn Tuija hatte nicht wie einige ihrer Klassenkameradinnen das kleine fromme Mädchen spielen mögen.
    Ihr widerborstiges Verhalten in der Schule war jedoch das Resultat dieser ganzen Anspannung gewesen, und zu Hause war dann alles aus ihr herausgebrochen, in Form von Tränen auf Ilonas Fell. Ihren Onkel Eevert hatte Tuija mit ihren Sorgen nicht belasten wollen, denn der hatte an seinem eigenen Los genug zu tragen. Sein größtes Problem war die

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