Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
zu hängen«, sagte Stenlund. »Wollen inkognito bleiben.«
Kein Wunder, dachte Timo. Seine Gedanken machten rasche Sprünge. »Wenn ich mich richtig erinnere, hat Johanna Vahtera gesagt, dass Sie Rafiq Karam gut kennen.«
Stenlund hielt den Blick auf die Straße gerichtet. Im Schnee waren Spurrillen. »Nicht besonders gut. Ich kaufe gastronomische Serviceleistungen bei seiner Frau. Diesmal ist auch Rafiq mit dabei. Normalerweise ist er nicht gerade ein Held der Arbeit. Muss er wohl auch nicht, weil seine Frau …«
»Rafiq war diesmal besonders engagiert?«
Stenlund warf Timo einen kurzen Blick zu, schaute aber gleich wieder auf die Straße. »Keine Ahnung. Er hat sich eben rechtzeitig nach dem Programm erkundigt. Und vorgeschlagen, was es zu essen geben könnte. Aber wir können hier ja keine Gerichte aus dem Nahen Osten anbieten, bei uns muss es nordisch sein …«
»Hat er sich auch nach der Reisegruppe erkundigt?«
»Glaube schon.«
»Und Sie haben ihm gesagt, um was für eine Firma es sich handelt?«
»Natürlich. Die Karams mussten doch wissen, für was für Obermacker sie kochen. Damit sie kapieren, welche Qualität …«
»Wo essen sie das erste Mal etwas, das Rafiq zubereitet hat?«
»Hier im Bus.« Stenlund machte eine Kopfbewegung nach hinten und blickte in den Rückspiegel. »Scheint ihnen zu schmecken.«
Timo drehte sich um. Einige hatten einen Pappteller vor sich und darauf Lachsbrote. War es möglich, dass das Essen vergiftet war? Timo verwarf den Gedanken sofort wieder. Das schien ihm nun doch sehr weit hergeholt zu sein. Außerdem: Wenn Rafiq jemanden vergiften wollte, würde er dafür bestimmt ein Gericht wählen, von dem mehr gegessen wurde. Und das möglichst viele mit Sicherheit zu sich nahmen.
Timo schaute durch die Windschutzscheibe auf die Landstraße. Jetzt fielen auch ihm die Lichter des Renault im Seitenspiegel auf.
»Was haben Sie gerade über das Auto da gesagt?«
»Ängstlicher Fahrer. Ich hab ihm per Blinker angeboten zu überholen, aber er klebt an meiner Stoßstange.«
Der Mann, der sich David nannte, blickte vom Beifahrersitz des in Oulu gemieteten Renault Laguna auf den Reisebus, der vor ihnen herfuhr.
»Du musst mehr Abstand halten«, sagte er zu dem Fahrer des Renault. Auf der Rückbank saß ein dritter Mann. Mit kleinerer Besetzung hätten sie nicht genügend Schlagkraft erreicht, und eine größere Gruppe hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt.
Das machte David Sorgen. Er war nicht an Schnee und Kälte gewöhnt. Das Wetter machte ihn unsicher, und das war gefährlich.
Hamid sah auf die Uhr und korrigierte den Sitz des Rucksacks. Er hatte versucht, den Funkauslöser in seiner Hand mit einem Papiertaschentuch zu schützen, aber das Taschentuch war vom Schnee sofort durchweicht gewesen. Sein Finger lag neben dem Auslöseknopf, doch Hamid hütete sich, den Schalter zu berühren.
Auf einmal wurde er aufmerksam. In der Ferne tauchten aus der Kurve die Lichter eines Fahrzeugs auf. Eines großen Fahrzeugs.
Hamid richtete sich auf. Das Fahrzeug kam näher. Es war ein mit Baumstämmen beladener Lkw.
Hamid lehnte sich wieder an den Baum und schaute durchs Fernglas. Im Okular sah man das näher kommende Fahrzeug noch scharf, aber das schwache Tageslicht und der Schnee trübten zusehends die Sicht. Er hatte das Fernglas auf die gewünschte Entfernung eingestellt und mit Klebeband fixiert.
Rafiq und Tuija glaubten, er sei mit seiner Bombe an der Feuerstelle. Sie gingen davon aus, dass bei dem Anschlag nur wenige wichtige Amerikaner ums Leben kamen, nicht aber eine ganze Busladung voll. Hamid verachtete Rafiq, der weich war und Abu al-Mujahidin nur wegen des Geldes half. Rafiq hatte mit seinem Bruder ein Jahr in einem Ausbildungslager in Syrien verbracht, und dabei war deutlich geworden, dass nur aus Ibrahim ein Kämpfer werden würde. Das Einzige, was Rafiq gekonnt hatte, war schießen.
Hamid war auch misstrauisch gegenüber Rafiqs habgieriger Frau. Noch vorsichtiger war er geworden, nachdem er gesehen hatte, was sie mit den drei Frauen gemacht hatte, die zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen waren. Zuerst hatte er geglaubt, sie habe es nur getan, damit der Anschlag von Abu al-Mujahidin nicht behindert würde und damit auch Rafiqs Belohnung nicht gefährdet war. Dann hatte Hamid begriffen, dass Rafiq für Tuija alles bedeutete. Wären die drei Frauen noch am Leben und wäre dadurch das geplante Attentat im Voraus ans Licht gekommen, hätte das Rafiq zwangsläufig
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