Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
mehr rechtzeitig schaffen würde.
»Stehen bleiben!«, rief die Frau, die neben dem Toten in die Hocke gegangen war.
Timo gehorchte. Er sah, wie die große, blonde Finnin eine Hand in die Tasche der blutenden Leiche schob.
»Machen Sie keine Dummheiten«, sagte er scharf. Alle seine Muskeln waren aufs Äußerste gespannt. Er versuchte Stenlund hinter sich ein Zeichen zu geben, damit er den Bus weiter zurücksetzte, merkte aber, dass er sich nicht verständlich machen konnte.
»Tuija, heb die Hände hoch und steh auf«, rief Johanna außer Atem vom Waldrand her.
Timo blickte in die Richtung, aus der die Stimme kam. Johannas schlanke Gestalt hob sich hell vor der dunklen Wand der Bäume ab. Die Spitzen der Fichten bildeten vor dem Himmel die Konturen scharfer Zähne. Johanna hielt eine Pistole auf die Frau gerichtet, die sie Tuija genannt hatte.
Tuija riss dem Toten die Tragegurte des Rucksacks von den Schultern, ohne auf das Kommando zu reagieren.
»Hörst du?«, rief Johanna.
Timo registrierte die Verzweiflung in Johannas Stimme.
Tuija zog etwas aus dem Ärmel des Toten heraus.
»Schieß!«, rief Timo Johanna zu.
»Ihr kommt zu spät«, sagte Tuija außer Atem und im Falsett. Sie hielt einen kleinen Schalter in der Hand. »Selbst wenn du schießt, kann ich vorher noch diesen Knopf hier drücken … und danach wird ein Haufen Leichen auf dieser Straße liegen.«
Während sie das sagte, nahm Tuija den Rucksack auf. Dabei hielt sie den Schalter sichtbar in der Hand.
Timo warf einen kurzen Blick auf den Bus hinter sich und schätzte die Entfernung ab. Die Frau hatte Recht.
»Das ist die letzte Warnung«, rief Johanna.
»Vergiss es«, sagte Timo. »Die Chance ist vorbei.«
Mit dem Rucksack auf dem Rücken richtete sich Tuija auf. Da bemerkte sie Rafiq, der jetzt am Waldrand neben Johanna stand.
»Ist das wahr?«, rief sie ihrem Mann zu, mit mühsam unterdrückter Fassungslosigkeit in der Stimme. »Hast du ein Verhältnis mit Saara?«
»Nein …«
»Du dreckiger Lügner.« Tuijas Stimme brach. »Mein kleiner, dreckiger …« Sie wandte sich ab und ging mitsamt dem Rucksack und dem Schalter in der Hand auf Timo und den Reisebus zu.
»Tuija hat die drei Frauen ermordet«, rief Johanna Timo zu.
Timo schaute Tuija an, die sich mit der freien Hand die Augen wischte.
»Was wollen Sie?«
Tuija hustete. Sie riss sich zusammen und antwortete mit eisiger Stimme: »Weg von hier.«
»Sie bekommen einen Pkw. Nennen Sie mir nur den Ort, wo wir ihn …«
»Halt die Fresse! Wir fahren mit dem Bus.«
Timo sah der Frau an, dass sie es ernst meinte. Sehr ernst.
Die gesamte Situation sprach dafür. Vor einigen Augenblicken noch hätte Tuija in den Wald fliehen können, aber sie hatte gewusst, dass es dann nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, bis man sie gefunden hätte.
Langsam bewegte sich Timo rückwärts auf die Tür des Busses zu.
»Wir müssen reden«, sagte er.
»Geh aus dem Weg. Es gibt nichts zu reden.«
Timo näherte sich der Tür und blieb schließlich davor stehen. »Ich werde Sie nicht in diesen Bus einsteigen lassen …«
»Red keinen Scheiß, das kannst du dir nicht leisten.«
Sie streckte die Hand aus, sodass Timo den schwarzen Schalter sah, auf dem ein bleicher Finger lag.
»Ich habe nichts zu verlieren«, sagte Tuija mechanisch. »Eine Fingerbewegung, nur wenige Millimeter, ob ich sie hier mache oder im Bus – das Ergebnis ist dasselbe. Geh aus dem Weg!«
Timo warf einen Blick auf Johanna, die nicht mehr eingreifen konnte. Er machte einen Schritt auf die erste Türstufe.
»Du kommst nicht mit«, sagte Tuija.
»Doch, das tue ich«, erwiderte Timo ruhig. Er nahm die nächste Stufe.
»Komm da runter«, sagte Tuija noch schroffer.
»Sie bekommen eine Geisel mehr.«
Tuija antwortete nicht, sondern stieg ebenfalls die beiden Stufen hinauf in den Bus.
Stenlund starrte Timo an.
»Tu, was sie dir sagt«, sagte Timo zu ihm.
»Alle werfen ihre Handys hier vorne in den Gang und setzen sich danach auf die hinteren Sitze«, rief Tuija und wiederholte das Ganze auf Englisch.
Die Fahrgäste gehorchten schockiert. Ein Handy nach dem anderen fiel auf den Teppichboden, und die Besitzer drängten sich panisch in den hinteren Teil des Busses. Ein Mann, der die Rolle des Anführers übernommen hatte, wollte etwas zu seinen Landsleuten sagen, aber Tuija befahl ihm, den Mund zu halten.
Nur Saara und Karri blieben auf ihren Plätzen in der vorderen Reihe sitzen. Saara war kalkweiß.
»Tür zu, Tomi«,
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