Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
unterhalten. Aber er hatte Angst, dass du von unserem Kontakt erfährst. Und er wusste, dass du mich hasst.«
Karri schaute Saara an und fragte leise: »Warum musste das alles auch vor mir geheim gehalten werden?«
»Das war von Anfang an eine Bedingung von Rafiq und Hamid gewesen. Ich konnte das verstehen. Der Umgang mit einem ehemaligen Terroristen ist kein Spiel. Aber ich hatte keine Wahl mehr, nachdem ich das Stück einer Textrolle als Muster erhalten hatte. Ich begriff, dass sich alles Mögliche in dem Material verbergen konnte.«
»Dein wissenschaftlicher Ehrgeiz ging über den gesunden Menschenverstand«, sagte Karri. »Auf schlimmste Weise. Sich mit einem Terroristen einlassen …«
»Mit einem ehemaligen Terroristen«, korrigierte Saara. »Ich wusste nichts von seinen Plänen hier. Ich wusste nicht einmal, dass Hamid nach Finnland kommen wollte.«
Karri lachte gezwungen. »Was hat dich denn zu dem Glauben veranlasst, Hamid sei nur ein ehemaliger Terrorist? Du hast geglaubt, was du glauben wolltest …«
»Still!«, befahl Tuija. »Bist du eigentlich total bescheuert?«, wandte sie sich spöttisch an Saara. »Natürlich bist du das. Auch Hamid hat das gemerkt. Sogar Rafiq … Du solltest von Hamid kostbare Schriftrollen bekommen und hast dich kein bisschen gewundert, warum sie die ausgerechnet dir geben wollten?«
Saara schwieg.
Erst da begriff Karri, was mit den 54000 Euro passiert war, die Saara abgehoben hatte.
Saara schien Karris Gedanken zu erraten. Ihre Blicke trafen sich.
»Verzeih mir«, sagte Saara leise. »Ich hätte dir alles erzählt.«
»Wusste Rafiq von dem Geld?«, flüsterte Karri.
»Natürlich …«
»Hört auf zu tuscheln«, fuhr Tuija sie an. »Antworte auf meine Frage!«
»Der Handel mit alten Schriftrollen ist nicht so einfach«, sagte Saara. »Es sind viele Fälschungen im Umlauf. Die Rollen werden ebenso genau überprüft wie die Leute, die sie anbieten. Für Hamid zu genau.«
Karri schaute Timo an, der sich nun in das Gespräch einschaltete.
»Hat sich dein Rafiq nicht die Mühe gemacht, dir mitzuteilen«, wandte er sich an Tuija, »dass Saara für die Rollen 54000 Euro bezahlt hat? Da fiel doch bestimmt auch für Rafiq eine kleine Vermittlungsgebühr ab.«
Tuija war einen Moment stumm, dann konterte sie: »Rafiq wollte mich überraschen. Er mag Überraschungen.«
Über ihr Gesicht huschte eine traurige Miene, aber die wischte sie auf der Stelle weg. »Du hast also bekommen, was du wolltest«, sagte sie zu Saara. »Ich meine die Rolle. Was hat es damit auf sich? Was steht drin?«
Karri merkte, wie Saara errötete.
»Wissenschaft ist ein langsames Geschäft«, sagte Saara.
»Du weißt ganz genau, was ungefähr in der Rolle steht! Du hättest dich gar nicht erst darauf eingelassen, wenn sie nicht etwas sehr Interessantes enthalten würde. Erja meint …«
»Ich habe doch schon gesagt, dass Erja davon nichts gewusst hat.«
»Und ich habe gesagt, dass sie einen wohl begründeten Tipp abgeben konnte.«
Plötzlich richtete Tuija die Waffe genau auf Saara.
Saaras Gesicht und Hals waren feuerrot. »Ich habe Erja nichts gesagt. Das sind alles ihre eigenen Schlussfolgerungen.«
»Eben. Erja war gar nicht so dumm, wie ich dachte. Rate mal, ob sie in der Schule einen intelligenten Eindruck auf mich gemacht hat!«
Saara schwieg.
»Antworte!«
»Sie hat keinen intelligenten Eindruck gemacht.«
»Ich habe mich mit ihr unterhalten, als ich sie zur Schlachtbank fuhr, also zu der Scheune im Akka-Moor. Wir haben diskutiert wie damals im Gymnasium«, fuhr Tuija in bitterem Ton fort. »Auch das Thema war das gleiche. Und ihr habt über diese Dinge am Freitagabend in der Kaminstube geredet. Angeblich warst du dabei ziemlich seltsam, hat Erja gemeint. Wolltest dir tief schürfende Gedanken über die Sünde machen, aber nicht den Inhalt deines neuen Fundes verraten. Hast du geglaubt, Erja verarschen zu können? Sag’s mir!«
»Über die Schriftrolle gibt es vorläufig nichts zu sagen«, wiederholte Saara strikt und kniff entschlossen die Lippen zusammen. »Wir brauchen …«
»Ich bin auch nicht blöd! Du warst auf der Suche nach konkreten Beweisen, die zeigen, dass der Kern der Bibel wahr ist. Aber stattdessen hast du etwas gefunden, was das Gegenteil beweist.«
Saara starrte vor sich hin. Ihre Lippen waren nur noch ein blasser Strich. »Das ist Erjas Interpretation«, flüsterte sie.
»Willst du nicht von der Rolle erzählen?«, fragte Tuija. Im selben Moment richtete sie
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