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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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glauben.
    »Hirte« sprach verächtlich das Wort »Evangelium« aus, das in diesem Zusammenhang natürlich falsch und irreführend war. Wie konnte eine Wissenschaftlerin, die sich selbst für eine Christin hielt, den Text der Bibel, also Gottes heiliges Wort, in Zweifel ziehen?
    Leider wurden diese Christen immer mehr, das wusste »Hirte«. Es waren Menschen, die eine mehr individuelle Verbindung zu Gott suchten. Die säkularisierten Medien würden nur allzu begierig nach einem häretischen Text wie dem so genannten Thomasevangelium greifen.
    Dabei gehörten die Medien zu den wichtigsten Partnern von K3. Das hatte man wieder an der breiten Publizität gesehen, die dem neu gebauten Modernen Museum in Arkansas zuteil geworden war, für dessen Gründung K3 die Mittel koordiniert hatte. Dort wurde mit Hilfe von Dinosauriern und unter Anwendung neuester Technik nachgewiesen, dass die in der Bibel beschriebene Schöpfungsgeschichte richtig war und die Evolutionstheorie nur, wie es der Name schon sagte, bloße Theorie.
    »Hirte« – mit bürgerlichem Namen Marcus Greenberg – schaute auf das gerahmte Foto auf seinem Schreibtisch, auf dem er neben Adam und Eva, die zeitgleich mit den Dinosauriern gelebt hatten, in dem funkelnagelneuen Museum stand.
    Offiziell war Greenberg Chef des Nationalen Sicherheitsrates, der dem Präsidenten unterstellt war. K3 wiederum war ein lose organisiertes, jedoch sehr aktives Netzwerk, dem verantwortungsbewusste Christen aus allen Regierungsorganen angehörten, aus dem Nationalen Sicherheitsrat, dem Außenministerium, dem Pentagon, dem Justizministerium und aus den Sicherheitsbehörden. Die übrigen Mitglieder von K3 waren TV-Evangelisten, führende Kirchenmänner, die Köpfe der christlichen Medien sowie einige Vertreter der Öl- und Rüstungsindustrie, über die man den größten Teil der nötigen Finanzmittel bekam.
    Greenberg war an Medienattacken gewöhnt. Die Gebetsstunden des Präsidenten im Weißen Haus versuchte man als »Besorgnis erregend« darzustellen, und der Kampf von K3 gegen die Evolutionstheorie und anderen, von der Wissenschaft erfundenen Müll war als lächerlich abgestempelt worden.
    Aber K3 gewann langsam die Oberhand. Immer öfter endeten Auseinandersetzungen in den Aufsichtsgremien von Schulen damit, dass die Schöpfungsgeschichte der Bibel gelehrt wurde und nicht der Irrglaube der Evolutionstheorie.
    Greenberg wollte nicht einmal daran denken, was für eine Schlagwaffe die Medien demokratischer Kreise in die Hand bekämen durch ein Thomasevangelium, das sich nach »wissenschaftlich« genauer Datierung als älter als das Neue Testament erwiese – eine »authentische Sammlung der Worte Jesu«. Und was für eine Sammlung …
    Es wäre verantwortungslos gewesen, zuzulassen, dass ein solcher Text alles durcheinander bringt, was die Menschen über die von Gott diktierte Heilige Schrift denken.
    Greenberg machte sich nicht nur Sorgen um die Seelen der Amerikaner, sondern um die ganze freie christliche Welt. Zum Glück hatte er das Weiße Haus fest im Griff und damit die mächtigste Propaganda- und Militärmaschinerie des Planeten. Und dazu den Präsidenten, der eine besondere Beziehung zum Allmächtigen pflegte.
    »Stehen bleiben!«, hörte Saara Timo im Schneegestöber auf Englisch rufen. Wenige Sekunden später fiel ein Schuss.
    Saara erstarrte auf der Stelle. War auf Timo geschossen worden? Hatte er geschossen? Saara hörte Schritte hinter sich. Karri kam angerannt.
    »Warte«, rief er.
    Saara wartete nicht, sondern stürzte weiter auf dem kurvenreichen Fußweg voran. Hinter einer Fichte mit dichtem Geäst verlief der Pfad gerade, aber es war kein Mensch zu sehen, nur Fußspuren im Schnee.
    Am Rand des Parkplatzes blieb Saara stehen. Zwei Polizeiautos fuhren mit blinkendem Blaulicht im Schneegestöber heran. Auf der anderen Seite setzte ein drittes Auto zurück, ein Renault.
    »Bleib stehen«, rief Karri außer Atem. Er hatte Saara eingeholt und packte sie am Arm. »Du bist in Gefahr, begreifst du das nicht …«
    Ein weiterer Schuss fiel. Saara riss sich mit einer heftigen Bewegung los und rannte auf Timo zu, der versuchte, den Renault durch Schüsse in die Reifen aufzuhalten.
    »Versperrt ihm den Weg!«, rief er dem Polizisten zu, der mit gezogener Pistole aus dem ersten Streifenwagen stieg.
    Das Polizeiauto gab Gas und kam gerade noch rechtzeitig vor der Parkplatzausfahrt zum Stehen. Der Renault konnte nicht mehr bremsen und prallte gegen den Kotflügel des

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