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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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normalerweise auf, wenn sie ihre Waffensammlung zeigen durften. Falls sie nichts zu verbergen hatten. Im Schrank standen drei Gewehre millimetergerade ausgerichtet im Gestell, zwei Schrotflinten und eine Repetierbüchse.
    »Die hier habe ich diesen Herbst am meisten benutzt«, sagte Stenlund und nahm eine der Waffen in die Hand. »Eine Tikka M65.«
    »Gut. Stellen Sie sie zurück.«
    Der Lichtkegel war auf den Schrank gerichtet, und Johanna konnte das Gesicht des Mannes nicht sehen. War die kaputte Glühbirne ein Trick, mit dem Ziel, etwas buchstäblich im Dunkeln zu lassen?
    Johannas Kehle war trocken geworden. Sie gab einen zustimmenden Laut von sich und ging auf die Tür zu. Stenlund schloss den Schrank. Johanna tastete über die Wand, bis sie den Lichtschalter fand. Sie wollte ihn gerade betätigen, besann sich dann aber. Was, wenn das Licht anginge und etwas verriet, was der Mann zu vertuschen versucht hatte?
    Sie nahm die Hand vom Schalter. Es war sinnlos, ein Risiko einzugehen, denn sie konnte jederzeit mit einem Kollegen wiederkommen oder, falls etwas Konkretes vorläge, eine Hausdurchsuchung vornehmen lassen.
    Johanna trat durch die Tür. Aus dem Kellerabteil gegenüber fiel Licht in den Gang, sodass sie die Drückbank, die Stangen und die Eisen sah. Johanna hätte sich nicht gewundert, wenn sich in Stenlunds Schränken auch Hormone fänden.
    Ohne sich weiter aufzuhalten stieg sie die Treppe hinauf, dem Tageslicht entgegen. Stenlund folgte ihr auf den Fersen.
    Oben verließ Johanna sofort das Gebäude. Nach dem Keller war die Luft frisch, und das Licht wirkte heller, als es tatsächlich war. Immerhin reichte es aus, um die Gesichtszüge eines anderen Menschen lesen zu können.
    »Wo ist Ihre Remington?«, fragte Johanna mit Blick auf Stenlund und schlang sich den Schal um den Hals.
    »Entschuldigung?«
    »Sie haben auch die Erlaubnis für eine Remington. Die war nicht im Schrank. Wo ist sie?«
    Stenlund richtete sich unbewusst auf. In seinem Gesicht war nicht die geringste Veränderung zu verzeichnen, auch nicht in den Augen, aber Johanna spürte, dass er wachsam war.
    »Die habe ich verliehen.«
    »An wen?«
    »An Launo Kohonen.«
    »Er hat dafür keinen Waffenschein.«
    »Ich wollte es ihm nicht abschlagen, als er mich darum bat. Er war zweimal damit auf dem Schießstand. Will sich auch so eine kaufen. Obwohl die teuer sind.«
    »Ist Kohonen ein guter Schütze?«
    »Wenn er nüchtern ist.«
    »Haben Sie Waffen ohne Schein?«
    Kurzes Zögern.
    »Eine alte Parabellum. Erbstück von meinem Vater.«
    »Sonst etwas?«
    »Nein.«
    Die Antwort kam ruhig und fest. Johanna glaubte dem Mann nicht. Er war ein sehr guter Lügner.
    »Besorgen Sie sich einen Waffenschein für die Parabellum«, sagte sie und wandte sich ihrem Wagen zu.
    »Ja, muss ich wohl.«
    Hinter der Reihe mit den Motorschlitten rollte ein leerer, schicker Touristenbus mit getönten Scheiben auf den Hof.
    »Ah, da ist er ja«, sagte Stenlund mehr zu sich selbst als zu Johanna.
    Johanna ging zu ihrem Wagen und sah aus dem Augenwinkel, wie ein Mann aus dem Bus stieg und Stenlund die Hand gab.
    Während sie fuhr, rief sie Kekkonen an. »Stenlund hat Kohonen eines seiner Gewehre geliehen. Geh sicherheitshalber nachfragen und sieh dir die Waffe an.«
    Der Tatwaffe kam bei jeder Mordermittlung eine wesentliche Rolle zu. In Pudasjärvi – wie überhaupt in ganz Nordfinnland – mangelte es nicht an Schusswaffen. Jagdgewehre gab es fast in jedem Haus.
    »Wir wollen gerade essen gehen, kommst du mit?«, fragte Kekkonen.
    »Gern. Ich bin in ein paar Minuten bei euch.«
    Johanna ließ noch einmal ihren Besuch bei Stenlund Revue passieren. Sie dachte auch über ihre Angst im Keller nach. Hatte diese Angst einen berechtigten Grund? Ahnte sie, dass der Mann etwas zu verbergen hatte? Bei den Ermittlungen durften die Gefühle nicht die Oberhand gewinnen, aber es war dennoch klug, sie nicht zu ignorieren.
    Auch bei Johannas Berufswahl hatte das Gefühl den Ausschlag gegeben. Ihre Eltern waren Akademiker und hatten sich gewundert, als ihre Tochter nach dem glänzend bestandenen Abitur ausgerechnet die Polizeischule besuchen wollte. Nach zwei Jahren war Johanna von dort nach Jyväskylä gegangen, um Kriminalpsychologie zu studieren und nebenbei in der Gefängnispsychiatrie zu arbeiten. Ihre Diplomarbeit hatte sie über die Anwendung von Profiler-Techniken bei der Verbrechensaufklärung geschrieben. Nach dem Abschluss war sie nach Helsinki zurückgekehrt, ins

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