Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
hat, sei verschwunden«, teilte Vuokko mit.
»Verschwunden?«
»Angeblich ist es ihm gestohlen worden.«
Johanna runzelte die Augenbrauen. »Klingt ja unheimlich glaubwürdig. Hat er das schon der Polizei gemeldet?«
»Nein. Er hat es erst jetzt bemerkt.«
»Mit anderen Worten, Stenlund hat es Kohonen nicht einmal geliehen.«
»Oder Kohonen lügt. Allerdings könnte es auch sein, dass ihm die Waffe wirklich gestohlen worden ist.«
Johanna überlegte einen Moment. »Stenlund könnte sein Gewehr auch verliehen und es sich dann selbst unbemerkt zurückgeholt haben.«
Es klopfte an der Tür, und Kupiainen trat ein.
»Störe ich?«, fragte er.
»Nein. Schieß los.«
»In der Wohnung der Yli-Honkila sind Fingerabdrücke von mindestens zwei fremden Personen«, sagte Kupiainen, ohne seinen Eifer ganz verbergen zu können. »Die einen gehören zu Anne-Kristiina Salmi, die dort übernachtet hat. Und die anderen zu Tomi Stenlund.«
In Johannas Mundwinkeln bildete sich ein überraschtes Lächeln. »Wo sind Stenlunds Abdrücke?«
»Am Küchenschrank. Unter der WC-Brille. Am Bettrand im Schlafzimmer. Unter anderem.«
»Nehmt Faserproben von Stenlunds Kleidern und schickt sie nach Vantaa. Schaffen sie es in dieselbe Maschine wie Erjas Proben?«
»Vielleicht. Wir versuchen es.«
Zum ersten Mal schimmerte vor Johannas Augen das mögliche Gesicht der Ratte auf, und für einen flüchtigen Moment erkannte sie darin die Züge von Tomi Stenlund.
20
Karri begleitete den Journalisten von ›Ilta-Sanomat‹ zum Auto und kehrte dann ins Haus zurück. Er hatte den Vorschlag seines früheren Geschäftspartners befolgt, obwohl es ihm widerwärtig erschien. Die Öffentlichkeit war der einzige Weg, eine Spendensammlung in Gang zu setzen.
Was hätte Saara sich von ihm gewünscht? Genau dieses. Entschlossen, analytisch, kühl und ruhig, die ganze Zeit ein klares Ziel vor Augen. Auf dieselbe Weise hatte Saara selbst immer gehandelt, ob es um ihre Promotion gegangen war oder um den Hausbau.
Vor dem Besuch des Journalisten war Karri bei Saaras Mutter gewesen, um mit ihr über Geld zu reden. Dabei hatte er auch nach dem Teufelsberg gefragt. Sie hatte ihm nichts Neues sagen können. Saaras Hinweis beschäftigte Karri immer mehr.
Er setzte sich an den Schreibtisch und nahm den Taschenrechner zur Hand. Das Wichtigste war, die Lösegeldsumme zusammenzubringen und Saara freizubekommen.
Plötzlich durchfuhr ihn ein kalter Schauer. Saara würde nicht unbedingt genauso denken. Er kannte seine Frau. Wenn sie die Chance hätte, als letzte Tat einen einzigen Hinweis zu geben, wofür würde sie sich dann entscheiden?
Saara würde keineswegs unbedingt als Erstes an ihre eigene Rettung denken. Sie würde an das denken, weswegen sie unterwegs war, wofür sie ihr gesamtes Erwachsenenleben lang gearbeitet hatte. Der Teufelsberg – »Piruvaara« – musste also nicht zwingend etwas mit ihrem Aufenthaltsort zu tun haben, sondern konnte sich auf etwas ganz anderes beziehen. Auf etwas, das sie für so wichtig hielt, dass sie es Karri auf jeden Fall wissen lassen wollte, auch wenn sie selber nicht mehr freikommen würde.
Es klopfte an der Haustür.
Karri erstarrte. Wer konnte das sein? Niemand kam hierher, ohne sich vorher angemeldet zu haben.
Er ging misstrauisch zur Tür, zögerte kurz und machte auf.
Draußen stand ein ausländisch wirkender Mann, der eine Lammfelljacke, Jeans und Trekkingstiefel trug. Karri hatte den Mann noch nie zuvor gesehen.
»Mr. Karri Vuorio?«, fragte der Ankömmling.
Karri nickte verblüfft. »Wer sind Sie?«, fragte er mit pochendem Herzen. Der Fremde war ungefähr vierzig Jahre alt, braungebrannt und hatte kurze, schwarze und gelockte Haare über einer hohen Stirn. Wie war er hierher gekommen? War er derjenige, der in den Computern geschnüffelt hatte?
»Mein Name ist Ezer Kaplan«, sagte der Mann auf Englisch. »Könnten wir hineingehen?«
Trotz der aufdringlichen Frage wirkte der Mann vorläufig ungefährlich. Karri registrierte den israelischen Namen. Das Aussehen wies in dieselbe Richtung. War derselbe Mann auch auf Cornelia zugegangen? Kaplan hatte rundliche Gesichtszüge und einen klaren Blick, er wirkte schnell und durchtrainiert.
»Worum geht es?« Karri konnte ein kleines Zittern in seiner Stimme nicht vermeiden.
»Um die Entführung Ihrer Frau.«
Karri war dermaßen überrascht, dass es dem Mann gelang, sich an ihm vorbei ins Haus zu schieben. Dann fasste Karri sich und lief dem Mann hinterher.
Er
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