Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
an die Sicherheitspolizei geben, die kümmern sich um so etwas. Klingt ziemlich außergewöhnlich. Gibt es etwas Neues von Ihrer Frau?«
»Nein. Ich habe gerade einen Flug mit der Morgenmaschine nach Amsterdam gebucht. Ich werde Cornelia van Dijk treffen.«
»Warum?«, fragte Johanna Vahtera unwirsch. »Ich habe immer stärker das Gefühl, dass es für Sie am besten wäre, hier zu bleiben und den Fall den Behörden zu überlassen.«
Karri ärgerte sich über die Bevormundung und den blinden Glauben an die Aktivitäten der Behörden.
»Was tut denn das Außenministerium für Saaras Befreiung? Nichts, außer die Angehörigen zu beschwichtigen. Ich will wissen, was die Israelis von Saara wollen. Und von Luuk. Schließlich könnte die Entführung doch etwas mit ihrer Forschungsarbeit zu tun haben.«
»Ich weiß nicht recht, ob es klug ist, sich im Ausland auf Alleingänge zu begeben …«
»Verschwenden wir keine Zeit.«
Johanna bat Karri, den Israeli zu beschreiben, und Karri versuchte sich so gut wie möglich zu erinnern.
»Wundern Sie sich nicht, wenn Sie morgen ›Ilta-Sanomat‹ lesen«, sagte er zum Schluss. »Ich habe ihnen ein Interview gegeben, in dem von Saaras Entführung die Rede ist.«
Die Polizistin klang überrascht. »Warum um Himmels willen?«
»Ich vertraue darauf, dass die finnischen Bürger nicht so passiv sind wie das Außenministerium. Die Finnen wollen nicht bei einer Hinrichtung zuschauen, wenn sie bei der Befreiung einer Landsmännin helfen können.«
»Was meinen Sie damit? Sind Sie sicher, dass die Öffentlichkeit der richtige Weg ist, diesen Fall zu klären?«
»Nein. Aber es ist die einzige Möglichkeit, an die Summe für das Lösegeld zu kommen.«
Karri wollte seine Unsicherheit herunterspielen, denn Reue war sinnlos. Was die Information der Öffentlichkeit an Nachteilen mit sich brachte, musste er in Kauf nehmen.
21
Johanna schob das Handy in die Tasche, während sie auf den Supermarkt in der Nähe der Polizeiwache zuging. Der Besuch des Israeli in Pudasjärvi kam ihr äußerst merkwürdig vor. Sie hatte gerade mit der SiPo darüber gesprochen, die sich um die Sache kümmern und auch Kontakt zum Außenministerium aufnehmen wollte. Der Nahe Osten ließ Johanna zwangsläufig an das denken, was Jarva über den Restaurantbesitzer Rafiq Karam und die Verbindungen von dessen Bruder zu extremistischen Gruppierungen im Libanon und in Syrien gesagt hatte.
Gegen Abend war es kälter geworden. Johanna erkannte auf dem Parkplatz des Supermarkts den Van des Polizeichefs, dem eine ungeschminkte, aber hübsche Frau entstieg. Frau Sumilo öffnete die Schiebetür und nahm ein Baby aus dem Kindersitz. Auf der anderen Seite stiegen ein etwa zehnjähriger Junge und ein etwas älteres Mädchen aus, das den Sitz nach vorne klappte und einem zweijährigen Kind in der dritten Bankreihe aus dem Kindersitz half. Neben diesem kam ein fünfjähriger Junge zum Vorschein. Vorne stieg ein ordentlich gekleideter Teenager aus, öffnete die Heckklappe und nahm einen Schwung Taschen heraus.
Neben dem Van parkte ein zweiter Wagen, der von einem jungen Burschen gefahren wurde, der offenbar gerade erst den Führerschein gemacht hatte. Von der Rückbank dieses Fahrzeugs krochen drei weitere Kinder. Die ganze elfköpfige Gruppe ging zielstrebig auf den Eingang zu. Zwei Kinder schnappten sich Einkaufswagen.
Nachdenklich folgte Johanna der Schar. Einerseits war sie beinahe entsetzt, andererseits aber auch neidisch und neugierig. Was musste das für eine Gefühl sein, wenn man mit vierzig Mutter von zehn Kindern war? Oder auch nur eines Kindes?
In dem Supermarkt war es still, nur ein paar Rentner schoben ihre Einkaufswagen durch die Gänge. Johanna lud sich ihre Einkäufe auf den Arm: Mandarinen, zwei Bananen und eine Tafel Schokolade. Die Gesundheitsdiät eines City-Singles.
An der Kasse klingelte ihr Handy, als sie gerade zahlen wollte. Es war der Rechtsmediziner aus Oulu, der die Obduktion der beiden Opfer beendet hatte.
Mit einer Hand stopfte Johanna die Einkäufe in eine Plastiktüte und trat gespannt zur Seite. Pathologen begnügten sich normalerweise mit einem schriftlichen Bericht und riefen nicht an – außer sie hatten bei der Obduktion eine besondere Entdeckung gemacht.
»Wegen Erja Yli-Honkila«, sagte der Mediziner mit rasselnder Stimme. »Die Kugel ist durch die Stirn eingedrungen und hat das Gehirn durchschlagen. Der Tod ist unmittelbar eingetreten.«
»Und?«, fragte Johanna ungeduldig. Wegen
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