Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
seufzte Johanna. Sie konnte Hedus Kalauer nicht immer ertragen. »Wann war Erja zum letzten Mal am Computer?«
Hedu schluckte seinen schlauen Kommentar und beantwortete die Frage. »Am Donnerstagabend. Hat bei Google etwas gesucht. Mit dem Suchwort ›Saara Vuorio‹. Und ›Luuk van Dijk‹. Und ›Oxyrhynchos‹.«
Johanna sah Hedu interessiert an. »Gib mir die Liste. Was ist mit Anne-Kristiinas Computer in Helsinki?«
»Sie hat keinen bei sich zu Hause. Es gibt auch keine Anzeichen für die Existenz eines Laptops. Vielleicht war sie in Glaubensfragen strikter als Erja. Für mich sieht es übrigens so aus, als wäre Erja gar nicht so engstirnig gewesen, wie es am Anfang aussah.«
Johanna wandte sich an Kulha. »Die Bankinformationen?«
»Beide hatten eine Karte von der Genossenschaftsbank und eine Visa -Karte. Anne-Kristiina zusätzlich Diners Club . Erja hat am Freitag um 14.43 Uhr am Automaten in der Stadtmitte 60 Euro abgehoben.«
Kulha reichte Johanna einen Computerausdruck.
Die Besprechung zog sich, lange Listen wurden durchgegangen. Vuokko und Lopponen hatten gute Arbeit beim Befragen der Einwohner von Pudasjärvi geleistet, sie waren bei der Friedensgemeinde der Laestadianer gewesen und zusätzlich in den Geschäften. Vuokko hatte auch von ihren Kollegen in Helsinki alle Informationen erbeten, die diese bei Anne-Kristiinas Studienkollegen und beim Personal der Sibelius-Akademie sowie bei Anne-Kristiinas weitläufiger Familie im Nordosten und im nördlichen Pohjanmaa gesammelt hatten. Alles, was an Material zu Anne-Kristiina zusammengetragen worden war, stützte den ersten Eindruck, den Johanna bereits durch Karri Vuorio bekommen hatte.
Nach der Besprechung ging Johanna in ihr Büro. Sie wollte für einen Moment ihre Gedanken von der Arbeit lösen und ihre privaten E-Mails lesen. Riitta lud sie ins Kino ein, und ihre Mutter fragte, ob Johanna Ende November für eine Woche mit ihr in den Süden fliegen wolle. Johanna hatte keine freien Tage mehr, außerdem wäre sie lieber in romantischerer Gesellschaft in Urlaub gefahren.
Aus einer spontanen Eingebung heraus öffnete sie die anonyme E-Mail-Adresse, die sie bei einem Service für Singles auf Partnersuche eingerichtet hatte. Auf ihre letzte Annonce waren dort vier Antworten eingegangen, von denen allerdings nicht eine auch nur annähernd interessant klang.
Das Lächerlichste war, dass sich Johanna unter anderen Umständen durchaus für einen Mann wie Tomi Stenlund hätte interessieren können. Sie ging auf die Homepage von dessen Safari-Firma. Dort posierte der Chef selbst auf einem Motorschlitten.
Johanna warf einen Blick auf die deutschsprachige Version und versuchte sich vorzustellen, wie Erja über deren Inhalt mit Stenlund verhandelte.
19
Karris Blick fiel auf die niedrigen Kellerfenster, deren Gitter weinrot gestrichen waren.
Er drückte den rechten Knopf des Türsummers. Auf dem kleinen Schild darüber stand: BEI GESCHLOSSENER TÜR DURCH KNOPFDRUCK TELEFONVERBINDUNG ZUR POLIZEI PUDASJÄRVI/ POLIZEI OULU.
Das elektronische Schloss surrte, und Karri trat ein. Wenige Minuten später blickte er in einem kargen Raum auf eine Frau, die hinter dem Schreibtisch saß und wesentlich strenger und wachsamer wirkte als am Morgen. Tomi hatte das Gleiche gesagt, als er angerufen und ihn vor der Vahtera gewarnt hatte. Am liebsten hätte Karri weder mit dem Fund von Erjas Leiche zu tun gehabt noch mit der blöden Elchjagd – weshalb sie ja nur in der Scheune gewesen waren.
Beklommen spielte er mit dem Reißverschluss seiner Jacke. Draußen hatte er gerade noch mit dem Außenministerium und mit Cornelia van Dijk in Utrecht telefoniert. Er hatte wissen wollen, ob Luuk vor der Reise eine größere Geldsumme abgehoben hatte, aber Cornelia wusste davon nichts.
Karri konnte sich einfach nicht vorstellen, warum Saara eine so enorme Geldsumme mitgenommen haben sollte. Zugleich spürte er einen Stich der Verärgerung: Hatte Saara kein Vertrauen zu ihm? Und konnte er ihr noch vertrauen? Konnte das Geld etwas mit der Entführung zu tun haben? Oder mit Luuk? Was steckte nur hinter all dem?
Ein anderer seltsamer Aspekt war der Anruf eines Israelis, den Cornelia erhalten hatte. Der Mann hatte ihr die nötige Summe für das Lösegeld angeboten und sich nach Luuks Arbeit erkundigt, aber Cornelia hatte sich auf kein Gespräch eingelassen. Sie wusste nichts von den beruflichen Dingen ihres Mannes.
»Hoffentlich dauert es nicht lange«, sagte Karri gereizt zu Johanna
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