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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Sekunde zu Sekunde wachsamer. Durch die offene Tür blickte sie ins Wohnzimmer. Es war leer.
    Dann ging sie zur nächsten Tür. Sie führte ins Schlafzimmer. Dort war ebenfalls niemand.
    Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück, dessen Hinterwand von einer Schrankwand mit Teakfurnier eingenommen wurde. Alte Schulbücher, die Sachbuchreihe ›Spectrum‹, ein siebenarmiger Leuchter, Souvenir aus Israel.
    Polterte da etwas im ersten Stock? Johanna erschrak und ging intuitiv hinter der Tür in Deckung. Irgendetwas stimmte nicht.
    Durch den Vorhang aus schmalen Plastikstreifen gelangte man wahrscheinlich in die Küche. Johanna warf einen Blick auf den Couchtisch mit der weißen Melaminplatte und registrierte eine Packung Taschentücher und die aktuelle Ausgabe der Regionalzeitung.
    Eine plötzliche Anspannung umklammerte Johannas Schläfen. Sie richtete den Blick auf die Türöffnung mit dem Plastikvorhang und legte automatisch die Hand auf den Griff ihrer Glock-Dienstpistole.
    Langsam ging sie zur Küche, die man auch direkt vom Flur aus betreten konnte.
    Sie blieb vor dem Vorhang stehen, riss ihn mit einem Ruck zur Seite und holte tief Atem.
    Vor ihr lag die Leiche einer Frau in einer Blutlache, die Schusswunde in der Stirn sah Johanna sofort.
    Obwohl die Erschütterung und Enttäuschung sich sofort ihrer bemächtigten, zwang sie sich zu handeln. Mit den Fingern prüfte sie an der Wange oberhalb des hohen Rollkragens die Hauttemperatur der Frau. Es war die gleiche wie bei ihr selbst. Dann wollte sie den Puls fühlen, aber da bemerkte sie die kleine blutrote Blase, die zwischen den Lippen der Frau erschien, wie eine Seifenblase, die wuchs und platzte.
    Das Adrenalin schoss nur so durch Johannas Adern. Diese Blase kam durch eine reflexartige Lungenbewegung zustande – das bedeutete, dass erst vor wenigen Augenblicken auf Lea geschossen worden war.
    Johanna zog im Nu das Handy aus der Tasche und wählte 112.
    »Kriminalkommissarin Vahtera, KRP. Bitte einen Krankenwagen an die Adresse Mäntytie 21, Pudasjärvi! 30-jährige Frau mit Schusswunde im Kopf. Krankenwagen mit Notarzt. Oder gibt es hier einen Rettungshubschrauber?«
    »Ich schicke den Helikopter aus Oulu und einen Krankenwagen aus Pudasjärvi.«
    »Beeilen Sie sich«, sagte Johanna noch und legte auf.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Entweder war Stenlund der falsche Verdächtige, oder es gab zwei Täter. Die Vorgehensweise war die gleiche wie zuvor. Es musste derselbe Täter sein. Die Ratte.
    Und womöglich befand sich die Ratte noch im Haus.
    Auf einmal befiel Johanna die panikartige Gewissheit, dass jemand die Waffe auf sie richtete. Sie schnellte herum, aber da war niemand. Am liebsten wäre sie aus dem Haus gerannt.
    Stattdessen stürzte sie in den Flur und sah noch einmal im Wohnzimmer nach, mit pochendem Herzen. Dann fiel ihr Blick auf eine andere Tür. War sie nicht gerade noch angelehnt gewesen? Wo führte sie hin?
    Johanna erstarrte auf der Stelle. Hörte sie nicht von oben ein Geräusch? Oder bildete sie sich das nur ein?
    Mit wenigen Sätzen war sie wieder im Flur, den Blick auf die angelehnte Tür gerichtet, hinter der die Treppe in den ersten Stock führte. Dann kehrte sie in die Küche zurück, beugte sich über Lea und sagte unmittelbar vor deren Gesicht:
    »Es kommt gleich Hilfe … Du wirst in die Klinik gebracht und sofort operiert.« Johanna konnte das atemlose Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
    Sie schaute genauer auf Leas Hinterkopf und stellte fest, dass die Kugel den Schädel durchdrungen hatte. Die junge Frau war nicht mehr zu retten.
    Johanna sprang auf, rannte in den Flur und öffnete die Tür zum ersten Stock. Sie tastete nach dem altmodischen Lichtschalter, aber die Lampe oberhalb der Treppe ging nicht an. Langsam stieg Johanna ein paar Stufen in die kalte Dunkelheit hinauf, dann hielt sie inne und lauschte.
    Der Druck der Stille wuchs von Sekunde zu Sekunde. Johanna zog eine stiftförmige Taschenlampe aus ihrer Wachsjacke und richtete den scharfen Lichtkegel nach oben. Sie leuchtete auf die Stufe, auf der sie stand, und machte einen Schritt rückwärts. Ein Abdruck von ihr blieb im Staub zurück. Die Ratte war nicht auf der Treppe gewesen.
    Johanna ging wieder in die Küche. Sie sah sich die Sohlen von Leas Winterschuhen an, eilte aus dem Haus und schaute nach den Fußspuren im Schnee. Sie schneiten nach und nach zu. Johanna sah ihre eigenen Spuren und erkannte die zweiten Spuren als die von Lea.
    Die dritten waren größer.

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