Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
ebenfalls nach Holland, aber allein.«
»Wie Sie wollen. Unser Flug wäre der schnellste. Und außerdem kostenlos.«
»Ich habe mein Ticket schon bezahlt.«
Der Mann zog einen gepolsterten Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke und reichte ihn Karri. »Hier sind 250 000 Dollar in bar. Um die Sicherheit Ihrer Frau und Luuk van Dijks hat sich in Bagdad ein Mitarbeiter der Firma RiskManagement gekümmert. Teilen Sie den Leuten dieser Firma mit, dass Sie in der Lage sind, das Lösegeld zu zahlen. Dann können sie versuchen, über örtliche Verbindungsleute Kontakt zu den Entführern aufzunehmen.«
Karri hielt den Umschlag in der Hand. Er brachte kein Wort über die Lippen.
»Wahrscheinlich wird das Geld die Lage entspannen«, sagte Kaplan leise.
Karri überlegte wieder. Er wollte in der Sache so schnell wie möglich vorankommen, jede Minute kam ihm wie eine sinnlose Verzögerung vor. »Wann geht Ihr Flug?«
»Sobald wir in der Maschine sind.«
Karri rang mit sich. Kaplan war auf dem Weg zu Cornelia van Dijk und er ebenfalls. Warum sollten sie nicht zusammen fliegen? Bei der Gelegenheit könnte er Kaplan eventuell weitere Informationen entlocken.
»Ich hole meine Tasche«, sagte Karri.
Kaplan nickte.
Karri hätte gern rasch Johanna Vahtera angerufen, aber dafür war auch später noch Zeit.
Aus einer Eingebung heraus ging er kurz in Saaras Arbeitszimmer. Er nahm die Kette mit dem Kreuz aus der Schreibtischschublade und steckte sie ein.
27
Auf dem Foto war zu erkennen, dass die Frau in einer Art Kellerraum kniete. Hinter ihr stand ein maskierter Mann und hielt ihr den Lauf seiner Waffe an den Kopf.
Dieses Bild stand Saara unscharf vor Augen und wollte nicht verschwinden, so sehr sie auch versuchte, an etwas anderes zu denken. Sie lag gefesselt in ihrem eigenen Schmutz. Sie schwitzte, und sie hatte Durst. Die Wirkung der Betäubungstablette hatte nachgelassen.
Sie konnte sich gut an die Hinrichtungsfotos von Margaret Hassan erinnern, zu gut, denn die Zeitungen und Fernsehkanäle in England waren voll davon gewesen, als sie im November 2004 bei Luuk in Oxford gewesen war. Die geborene Irin und Mitarbeiterin der Hilfsorganisation Care hatte zig Jahre lang armen Irakern geholfen. Im Oktober war sie entführt und vier Wochen später hingerichtet worden. Ihr irakischer Mann hätte sich das Hinrichtungsvideo im Büro des Fernsehsenders al-Dschasira anschauen sollen, aber er hatte sich geweigert, weshalb ein Bruder von Margaret Hassan dort gewesen war.
Saara dachte an Karri, wie er ein Video mit ihrer Hinrichtung ansehen musste.
Die Tür ging auf. Saara öffnete die Augen ein wenig. Einer der maskierten Geiselnehmer kam herein. Jetzt schon?, dachte Saara verzweifelt. Aber der Mann hielt keine Waffe in der Hand, sondern dasselbe Medikamentenröhrchen wie zuvor.
Die nächtliche Straße war leer. Kaplans Kollege, der sich als Reuven Sherf vorgestellt hatte, steuerte sicher und mit hohem Tempo die Geländeversion des großen Volvo-Kombi. An dem Aufkleber auf der Windschutzscheibe hatte Karri erkannt, dass es sich um einen Mietwagen handelte.
Es war halb drei nachts. Sie fuhren gerade an Oulunsalo vorbei, bis zum Flughafen Oulu waren es nur noch wenige Kilometer. Zu Beginn der Fahrt hatte Karri noch versucht Fragen zu stellen, aber Kaplan hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er mit keinen weiteren Erklärungen rechnen konnte.
Durch die Stille herrschte eine gespannte Atmosphäre. Auf der Zufahrt zum Flugplatz wuchs Karris Nervosität. Er saß auf dem Rücksitz und hatte seine Reisetasche neben sich. Sie enthielt das Geld, das ihm Kaplan gegeben hatte. Er hatte die Bündel nicht gezählt, zweifelte aber nicht daran, dass die Summe stimmte.
Jetzt half kein Wenn und Aber, doch Karri konnte den Gedanken nicht unterdrücken, dass vierzehn Monate früher das Geld kein Problem gewesen wäre.
Er erinnerte sich noch lebhaft an das Gefühl beim Anblick von 900 000 Euro auf seinem Kontoauszug. Nach Steuern war das ein Klacks, im Vergleich zu dem, was andere beim Verkauf ihrer Firma erzielten, aber Karri hatte es genügt. Am selben Abend war er nach Jerusalem geflogen, wo Saara sich damals aufgehalten hatte. Für einige Nächte waren sie von ihrem Untermietzimmer ins Renaissance gezogen und hatten zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl genossen, sich keine Gedanken darüber machen zu müssen, was wie viel kostete.
Karri hatte Saara damals zu Ausgrabungen begleitet. Nach ihrer Rückkehr nach Finnland war er
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