Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
Gesellschaft wirklich nicht. Aber hier kann man es sich nicht leisten, Gäste abzuweisen.«
»Die Morde scheinen Sie nicht sonderlich erschüttert zu haben.«
»Die Morde sind schrecklich, aber ich kann nicht behaupten, mit den Opfern ein besonders enges Verhältnis gehabt zu haben. Punkt.«
Johanna nickte. Allmählich gefiel ihr die Ehrlichkeit der Frau, auch wenn es ihr an Feingefühl mangelte. Sie hatten wohl etwas gemeinsam, auch wenn Johanna dieser Gedanke nicht allzu sehr behagte.
»Ich möchte die Kaminstube sehen. Könnten Sie oder Ihr Mann in einer Stunde dort sein?«
Tuija nickte.
Johanna bedankte sich und ging. Das Ergebnis ihres Besuchs überraschte sie: Rafiq Karam interessierte sie doch mehr, als sie zuvor erwartet hatte.
36
In der Ankunftshalle des Königin-Alia-Flughafens, gut dreißig Kilometer außerhalb von Amman, schlug Karri der Lärm der Menschenmasse entgegen. An einem Schalter erwarb er ein Visum. Abholer hoben Schilder in die Höhe und hielten nach den Passagieren Ausschau, die durch die Zollkontrolle gingen.
Beunruhigt und auf der Hut ließ Karri den Blick über die Gesichter wandern. Auch Kaplan war in Amman, und der Ausgang der Ankunftshalle war der Ort, den jeder, der mit dem Flugzeug ankam, passieren musste.
Der Lärm in der Halle war stark, in der Luft lagen fremde Gerüche, ein bittersüßer Cocktail aus Rasierwasser, Zigaretten und Zigarren. Karri wollte so schnell wie möglich an einen Computer, um die möglichen Passwörter für Saaras E-Mail-Account auszuprobieren, die ihm während des Flugs eingefallen waren.
Ein ordentlich gekleideter, freundlich aussehender Mann hielt ihn höflich an. Karri erschrak, als er angesprochen wurde, aber der Mann bot ihm nur ein Zimmer an.
Karri lehnte unfreundlicher als beabsichtigt ab und ging auf den Ausgang zu, vor dem sich der Taxistand befinden sollte. Er hatte die Adresse des RiskManagement-Büros in Amman, die er von Churchill bekommen hatte, auf einen Zettel geschrieben.
Im Gehen blickte Karri verstohlen auf die Gesichter der Menschen ringsum: Männer mit dunklen Augen, schwarzen Augenbrauen, schwarzen Schnurrbärten und verschleierte Frauen. Er kannte das Gefühl der Bedrohlichkeit und Fremdheit von früheren Reisen in den Nahen Osten, aber diesmal war es von der Intensität her eine völlig andere Kategorie.
Intuitiv hielt er bei dem Gedanken an das viele Bargeld den Griff seiner Tasche fester umklammert. Die Summe war gewaltig, und doch würde er wahrscheinlich noch mehr Geld benötigen. Was er auf dem Konto hatte, konnte er über Western Union nach Amman transferieren, da es in der Stadt eine Filiale gab. Für den Transfer von Cornelias Geld war derselbe Weg vereinbart worden.
Als er die ungeordnete, lärmende Menschenschlange vor dem Taxistand erreicht hatte, klingelte Karris Telefon. Johanna Vahtera fragte, ob er gut angekommen sei, und kam dann direkt zur Sache. In dem Lärm konnte Karri ihre Stimme kaum hören.
»Wir haben eine interessante Beobachtung vom Samstagabend hereinbekommen«, sagte Vahtera. »Ein Ausländer, dessen Beschreibung auf Ihren Israeli passt, fuhr bei Kätökangas mit einem Volvo XC 70 in den Graben. Hatte offenbar keine Erfahrung mit Straßenglätte. Ein Landwirt, der in der Nähe wohnt, half ihm wieder auf die Straße.«
Karri schluckte. In Richtung Kätökangas lagen auch das Akka-Moor und die Scheune, wo sie Erja tot aufgefunden hatten.
»Was Sie mir über Saara und den Israeli erzählt haben, interessiert mich«, fuhr Vahtera fort. »Der einzige gemeinsame Nenner auf den Telefonlisten der Opfer ist Saara.«
»Ich habe Ihnen meine Sicht der Dinge schon gesagt. Gut, wenn Sie nun auch anfangen, sich ernsthaft dafür zu interessieren.« Langsam kroch die Menschenschlange voran, Karri mitten darin. Während er telefonierte, beobachtete er die paarweise patrouillierenden Sicherheitsleute mit kugelsicherer Weste und schussbereiter Maschinenpistole.
»Nur keine überstürzte Begeisterung, diese Ermittlungslinie ist erst im Werden. Wir ermitteln auch in andere Richtungen. Noch etwas anderes. In diesem Brei wird von nun an noch jemand mitrühren. Ein finnischer Beamter aus Brüssel, der auf internationale Polizeikooperation spezialisiert ist. Er heißt Timo Nortamo.«
»Wir brauchen keine Beamten, sondern Taten!«
»Man kann von Nortamo halten, was man will, aber der Inbegriff eines Beamten ist er nicht, das werden Sie bald merken. Er ist auf Bitte des Außenministeriums und der Sicherheitspolizei
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