Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln
Splitterschutzwesten aus und stopften sie in die Gepäckablage über den Sitzen.
Johanna war in Gedanken ständig bei der Shikimisäure-Forderung, die Vasa gestellt hatte. Aber damit mussten sich jetzt andere auseinandersetzen. Sie sah einen der Piloten aus dem Cockpit kommen und die Tür verschließen. Der gebräunte Mann mit den kurzen Haaren machte einen sehr ruhigen und starken Eindruck. Andere hätten sich für einen solchen Flug auch sicher nicht freiwillig gemeldet.
»Keine Panik, wir werden das schon über die Bühne bringen«, sagte der Kopilot auf Finnisch zu dem Präsidenten, der Premierministerin und dem Parlamentspräsidenten, die in die Business-Class gesetzt worden waren. Hinter ihnen saß ein Teil der Diplomaten.
»Hört auf, Finnisch zu reden!«, schnauzte einer der Geiselnehmer auf Englisch.
Ein anderer Serbe ging zu Jasmin Ranta. Johanna hörte die beiden einige Worte auf Schwedisch wechseln.
Der russische Botschafter schien ein Glas Wasser bekommen zu haben und überhaupt gute Behandlung zu genießen, was auch nicht weiter überraschend war, denn die Serben hatten keinen Grund, den Russen gegenüber verbittert zu sein, im Gegenteil. Die Frage war, warum der Mann überhaupt als Geisel genommen worden war.
Timo schaute vom Kontrollturm aus auf den Airbus, der mit blinkenden Lichtern auf die Startbahn zurollte. An den Fenstern der Passagierkabine waren die Sonnenblenden heruntergezogen. Ein beklemmender Anblick. Auf den Gesichtern der Anwesenden im Kontrollturm spiegelte sich die entsprechende Stimmung. Die Hornets warteten noch immer hinter Halle 3, aber man wagte es nicht, sie dem Airbus hinterherzuschicken. Mit zunehmender Entfernung verlor sich das Signal des Mikrofonsenders in der Passagierkabine. Das Gerät war von Anfang an nutzlos gewesen, weil man nur sporadisch Stimmen hörte. Allerdings hätte sich die Situation ändern können, wenn die Maschine länger auf dem Rollfeld gestanden hätte.
Man hatte den befreiten Geiseln etwas zu essen gebracht, aber es wurde kalt, da sie es nicht anrührten. Sohlman war nirgendwo zu sehen, er war Kariluoto und Petäjä entgegengegangen. Dass Moisio allein in der Maschine bleiben musste, war ein schwerer Rückschlag.
»Finnair four-six-eight, cleared for take-off«, sagte einer der Fluglotsen, die mit Kopfhörern vor ihren Bildschirmen saßen. Dem Flug war die Starterlaubnis erteilt worden, aber über die Flugrichtung war noch immer nichts bekannt. Ein Flugplan konnte nicht erstellt werden, weshalb die Maschine im Prinzip nicht hätte starten dürfen. Die internationalen Flugverkehrsbestimmungen verlangten, dass für alle Flüge ein Flugplan mit Zielflughafen, Routenpunkten und Notlandeplätzen vorlag.
Timo lauschte dem Funkverkehr über Lautsprecher, während er zusah, wie die Maschine draußen in ihre Startposition rollte. Die Lampen an den Tragflächen erleuchteten schwach den Asphalt, als der schwere Rumpf sich scheinbar leicht drehte und auf die Startbahn einbog.
» Wir haben nach der Destination gefragt, aber keine Angaben erhalten«, sagte Kopilot Rissanen auf Englisch, »jankovic hat lediglich befohlen, in östliche Richtung zu fliegen.«
»Okay«, antwortete der Fluglotse. Er erteilte der Maschine die Erlaubnis, zum Warteplatz am Beginn der Startbahn zu rollen. Nervös blickte er aus dem Fenster auf das langsam voranrollende Flugzeug.
Timo schnappte sich eines der Headsets.
»Die Richtung ist alles andere als okay«, sagte er möglichst deutlich auf Englisch. »Die Geiselnehmer werden doch wohl kapieren, dass man sie zur Landung zwingen wird, wenn sie ohne sachgerechten Flugplan in den russischen Luftraum eindringen?«
»Das habe ich ihnen schon gesagt, aber sie reagieren darauf nicht. Wir sollen nur die Anweisungen befolgen, ohne Fragen zu stellen«, antwortete der Kopilot. »Auf ihren Befehl schalten wir jetzt auch den Transponder aus.«
Der Kopilot unterbrach die Funkverbindung.
Polizeidirektor Nykänen und KRP-Chef Sarimo standen frustriert und unruhig neben Timo. Das Ausschalten des Transponders, der ein Sekundärradarsignal übermittelte, löschte das Symbol der Maschine auf dem Bildschirm sowie die Höheninformation. Alle Beobachtungen blieben nun dem Primärradar überlassen.
»Teilt der Flugleitung in Stockholm, Tallinn und St. Petersburg mit, dass sie sich auf einen solchen Flug einstellen sollen«, sagte Nykänen. »Auch dem russischen Militär muss darüber sofort Meldung gemacht werden.« »Das Außenministerium muss
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