Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln
Flugleitung verlieren. Selbst wenn der Funk bei zwei Maschinen auf Kollisionskurs ausfiele, würden ihre Sicherheitssysteme miteinander >kommunizieren< und einen Zusammenprall verhindern.« Timo glaubte, der Mann hätte bereits alles gesagt, als dieser noch hinzufügte: »Allerdings verfügen nicht alle russischen Passagierflugzeuge über dieses Sicherheitssystem. Und auf einem ganz anderen Blatt steht, was die Russen mit einer nicht identifizierbaren Maschine machen, die in ihren Luftraum eindringt, besonders im Zeitalter des Terrorismus. Wir haben keinerlei Informationen darüber, ob man in Russland auf die Ankunft der Maschine vorbereitet ist. Ob ihr Zivilflugverkehr damit rechnet, ob man den Verkehr im selben Luftraum einschränkt...« »Besteht keine Gewissheit darüber, dass man sich in St. Petersburg auf ziviler wie auf militärischer Seite der Lage bewusst ist?«, fragte Polizeidirektor Nykänen.
»Ihnen ist Mitteilung gemacht worden, aber sie haben nicht geantwortet.«
Nykänen schaute Helste an. »Und das Außenministerium?« »Auch von dort haben wir nichts gehört.« »Hol jemanden von dort hierher! Sofort. Das ist jetzt deren Sektor.«
Timo merkte, dass Helste die Wichtigkeit der Sache nicht erfasste. »Hat man im Außenministerium wenigstens bestätigt, dass man sich um Moskau kümmert?«, fragte Timo. Je deutlicher sich der Fall ins Ausland erstreckte, umso klarer fiel er auch ins Revier der TERA.
»Nein, das AA hat nichts verlauten lassen.«
Timo fluchte frustriert. »Und die Damen und Herren an der Kaffeetafel im Regierungsgebäude kommen auch nicht in die Gänge?«
Man sah an Helstes Gesicht, dass ihm nun doch allmählich aufging, welch wichtige Rolle das Außenministerium in dieser Sache spielte: Es ging um die Frage, wie das Flugzeug mit den Geiseln in Russland empfangen würde.
Timo beschloss, selbst Kontakt mit der Krisenzentrale im Außenministerium aufzunehmen. Dort tagten die höchsten Beamten des Ministeriums, sofern sie nicht im Krisenstab der Regierung oder unter den Geiseln waren.
»Die Maschine nähert sich der russischen Grenze«, sagte Timo zu Botschaftsrat Seppälä. »Habt ihr schon Verbindung mit Moskau aufgenommen?«
»Wir müssen zuerst mit dem Leiter der Abteilung Ost verhandeln und...«
»Verdammt noch mal, was glaubt ihr eigentlich, was wir hier tun? Glaubt ihr, wir scheißen uns wegen des Schicksals eines Hobbypiloten in die Hosen? Ihr müsst entscheiden, wer die Sache in die Hand nimmt und unverzüglich eine Entscheidung trifft.«
»Bei uns herrscht Unklarheit hinsichtlich der Befugnisse, weil der Präsident, der Außenminister und ein großer Teil der höchsten Beamten verhindert sind. Ein Botschaftsrat...«
»Bei der russischen Luftwaffe sind sie längst in erhöhter Alarmbereitschaft. Die MiGs stehen in den Startlöchern, die Piloten haben die Hand auf dem Steuerknüppel und warten nur auf den Befehl zum Start. Woher sollen die wissen, was die Entführer vorhaben? Vielleicht wollen sie den Airbus in den Kreml krachen lassen! Die Russen werden nicht einfach zugucken, sondern die Maschine zu Boden zwingen, auf die eine oder eben auf die andere Art. Anschließend nimmt die Alfa oder die Omon oder eine andere Spezialeinheit eine Intervention in Angriff. Und die tragen dabei keine Samthandschuhe, so wie hier. Wenn es so entschieden werden sollte, stürmen sie die Maschine mit aller Gewalt. Und zwar ohne dass wir auch nur ein Wörtchen mitreden dürfen. Und im finnischen Außenministerium zerbricht man sich den Kopf darüber, wer wann was zu sagen hat! Verdammt noch mal, ruft gefälligst in Moskau an, und zwar schnell!«, brüllte Timo und legte auf.
Er holte tief Luft, dann wandte er sich an den Chef der Flugleitung. »Wie lange können wir die Maschine auf dem Schirm sehen?« »Normalerweise sind zwei verschiedene Radarsysteme in Gebrauch. Das Sekundärradar basiert auf dem Transponder in der Maschine. Den haben die Entführer aber ausschalten lassen. Bleibt nur das Primärradar übrig, und dessen Reichweite hängt von der Flughöhe ab. Die Erdoberfläche wölbt sich, das Radarsignal geht jedoch geradeaus weiter. Je höher die Maschine fliegt, umso länger können wir sie beobachten.«
»Wie weit reicht unser Radar im Osten?«
»Mit dem Fernaufklärungsradar der Armee erreicht man die Maschine bis auf fünfhundert Kilometer Entfernung.«
Timo zeichnete mit einem Bleistift einen Halbkreis. Er erstreckte sich von Petroskoi über Bologoe bis in den Süden
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