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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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wichtiger war, dass Torna und Zlatan die Lage begriffen. Beide saßen schweigend einige Sitzreihen entfernt. Doch in gewisser Weise hatte Vasa auch das Vertrauen in Zlatan verloren, denn die kaltblütige Hinrichtung des finnischen Polizisten zeugte von Kontrollverlust und nackter Grausamkeit.
    »Er ist nur dein Vater«, mischte sich Danilo ein. »Du kannst uns andere nicht zwingen, seinetwegen zusätzliche Risiken einzugehen.« »Er hat Recht«, erhob Stanko die Stimme. »Meiner Meinung nach sollte Torna das Kommando übernehmen.«
    »Keine Namen!«, zischte Torna.
    »Entschuldige ... Aber unser bisheriger Anführer hat die Lage nicht mehr unter Kontrolle«, meinte Danilo. »Im Gefolge dieses Lazars wird es uns ebenso schlecht ergehen wie damals auf dem Amselfeld.« Danilos Einstellung hätte Vasa eigentlich nicht überraschen dürfen, dennoch empfand er sie als schmerzlichen Schlag ins Genick. Sollten sich jetzt auch noch Torna und Zlatan zusammentun und rebellieren, hätte Vasa das Spiel verloren.
    »Ihr habt Recht«, sagte er darum versöhnlich. »Der Oberst ist nur mein Vater, aber er hat für alle Serben gekämpft und dabei sein Leben eingesetzt. Euch scheint das nichts zu bedeuten, das Einzige, was euch etwas bedeutet, ist Geld. Aber aus genau diesem Grund solltet ihr mir jetzt gut zuhören: Ich gebe euch die Hälfte von meinem Anteil ab, wenn ihr mit dem Umweg über St. Petersburg einverstanden seid.« Die Männer wechselten Blicke.
    Slobo drehte sich zu Torna um und fragte: »Was sagst du?« Torna überlegte kurz. »Oberst Jankovic hat angemessene medizinische Versorgung verdient. Und die bekommt man nur im Krankenhaus. Es gibt also nur eine Möglichkeit.«
    Zlatan schien, was St. Petersburg betraf, eher abgeneigt zu sein. »Es gefällt mir überhaupt nicht, den Plan so radikal zu ändern. Auch wenn ich glaube, dass die Russen alles für die Rettung eines hochgeachteten Offiziers ihres Brudervolkes tun werden. Trotzdem: Umkehren dürfen wir auf keinen Fall. Wir fliegen nach Moskau. Dort sind wir fast genauso schnell wie in Petersburg, behalten aber die Richtung bei.«
    Vasa bekam vor Erleichterung feuchte Augen.
    Zlatan stand auf. »Ich gehe ins Cockpit und sage Bescheid, dass unser nächstes Flugziel Moskau heißt.«
58
    Noch immer mitten im Wald schaute Timo seinen schwedischen Kollegen im Scheinwerferlicht des Mercedes an. Aus Navarros rechtem Nasenloch ragte ein blutiger Taschentuchpfropf.
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, meinte er und klang dabei, als wäre er erkältet.
    Timo hatte ihm gerade die Wahrheit über die Fracht erzählt. Außerdem hatte er kurz Nykänen in Helsinki und der TERA in Brüssel Bericht erstattet. Nykänen hatte gesagt, die Maschine mit den Geiseln sei in Richtung Moskau unterwegs, aber die Russen schwiegen nach wie vor und ließen nichts über Einzelheiten verlauten.
    »Ruf deinen Chef an und besorg genügend Leute, um den Lieferwagen zu umstellen«, sagte Timo. »Sicherheitshalber. Ich werde das Lösegeld organisieren.«
    Navarro gehorchte, aber offenkundig nur, weil ihn die Absurdität der Situation endgültig lähmte. Timo war klar, dass er sich aus dem, was er getan hatte, nicht einfach würde herausreden können, aber das war vorerst sein geringstes Problem.
    Trotz allem war er in gewisser Weise erleichtert über die Wendung, die nun eingetreten war, denn sie machte alles übersichtlicher. Seine ursprüngliche Vermutung hatte sich bewahrheitet: Die Shikimisäure war nur ein Mittel, um an das eigentliche Lösegeld heranzukommen. Aber dieses Lösegeld, also die Diamanten, würde an jemand anders als an Vasa gehen. Und dieser Jemand würde einen Teil davon an Vasa weiterreichen, ohne dass die Behörden irgendeine Möglichkeit hätten, herauszufinden, wann und wie der Transfer stattfand.
    Zwei Verbrechen waren auf geniale Weise miteinander verflochten worden. Über den Tamiflu-Erpresser konnte man Vasa nicht auf die Spur kommen, und über Vasa nicht dem Erpresser.
    Ungewollt befiel Timo ein gewisses Schuldgefühl. Was hatte er eigentlich getan? Nicht weniger als die Verantwortung für Hunderte Millionen Menschenleben auf sich genommen.
    Zehn Meter weiter weg war Navarro aufgeregt am Telefonieren. Bald würde es im Wald von schwedischen Polizisten wimmeln. Timo zwang sich, klar zu denken. Der Erpressung musste nachgegeben werden. Aber welche Instanz wäre bereit, eine solche Menge Diamanten zu beschaffen? Und vor allem: Wer wäre in der Lage, so schnell zu entscheiden und zu

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