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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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denn der zutretende Fuß kam unmittelbar vor der ohnehin schon ruinierten Nase zum Stoppen. Der Pockennarbige brach in abgehacktes Gelächter aus.
    Der Showstar hatte seinen Tritt so blitzschnell, punktgenau und stilrein ausgeführt, dass er eine östliche Kampfsportart oder Kickboxen beherrschen musste. Oder war er womöglich ein Soldat mit Nahkampfausbildung? Ein weiterer Aspekt, der Timos Interesse für die Männer wachsen ließ, war die Tatsache, dass auch die zwei Neuankömmlinge Gesichtszüge aufwiesen, die auf den Balkan hindeuteten.
    Einen Moment später gingen die Männer lauthals redend in die Halle hinein. Timo blickte hinter sich. Am Ende des dunklen Ganges war hoch oben an der Hallenwand ein schwacher Lichtschein zu erkennen. Also musste es an der Rückwand ein Fenster geben. Auf der Erde konnte Timo zwischen einzelnen Gräsern Schotter, Backsteinbrocken und heimtückisch nach oben ragende Stücke dicker Stahlseile erkennen. Jeder Schritt musste überlegt sein, dachte Timo und ging langsam im Dunkeln voran.
15
    Vasa saß nachdenklich auf dem Sofa und schaute Torna zu, der mit einem Glas in der Hand militärisch aufrecht vor der Weinkarte stand und mit professionellem Schmatzen einen Rotwein kostete. Er hatte die Flasche nach langem Warten per Post aus Südafrika bekommen. Sie stammte aus Stellenbosch, aus dem Herzen der südafrikanischen Weinbauregion, von einem Weingut, das zum Verkauf stand.
    Im Weinschrank lagen entsprechende Flaschen aus verschiedenen Gegenden der Welt. Eine Flasche jedoch bewahrte Torna im Firmentresor auf. Das war die einzige übrig gebliebene Flasche von dem Weingut, das Tomas Familie im Kosovo besessen hatte und das von Albanern niedergebrannt worden war. Vasa hatte einmal gefragt, zu welchem Anlass diese Flasche eigentlich geöffnet würde. Aber angeblich sollte sie gar nicht entkorkt, sondern so lange von Generation zu Generation weitergereicht werden, bis die Familie wieder Wein anbauen konnte. Freilich gab es vorläufig gar keine Familie, denn Tomas Frau und sein einziger Sohn waren bei jenem Anschlag der Albaner im Juni 1999 umgekommen, und es sah nicht so aus, als wäre der schwer vom Leben gebeutelte Torna noch einmal fähig, eine Ehe einzugehen.
    »Ausgezeichnet«, stellte er fest, nachdem er den Wein gekostet hatte. »Das ist eine eigene südafrikanische Traubensorte, Pinotage. Manche finden, man könnte sie nicht annähernd mit Cabernet oder Syrah vergleichen, aber bei Leuten, die das sagen, spielt die Psychologie eine größere Rolle als der Geschmack. Der größte Teil der südafrikanischen Ernte besteht aus Chenin blanc, der wird dort schon seit dreihundert Jahren angebaut.«
    Torna nahm erneut einen Schluck und war begeistert. »Großartig.« Er analysierte Weine nicht mit Hilfe künstlicher Begriffe, aber Vasa hielt Tomas Urteilsvermögen trotzdem für gut - und zwar in jeder Angelegenheit. Torna handelte mit der Präzision eines Berufssoldaten und ging keine unnötigen Risiken ein. Wenn nötig, konnte er aber auch hart durchgreifen. Ganz gleich, ob es darum ging, ein Maschinengewehrnest des Feindes im Kosovo zu erobern oder einen Geldtransport in Schweden zu überfallen, die Operation musste mit professioneller Sorgfalt und Besonnenheit durchgeführt werden. Das Einzige, das in Torna brannte, war sein Hass auf die albanischen Moslems. Nach der Tragödie, die seiner Familie widerfahren war, hatte Torna sich freiwillig zu vielen der schwersten Schlachten des Krieges gemeldet. Die Niederlage im Krieg, der Mord an seinem Vater und der Verlust des Weingutes an die Albaner hatten ihn so gründlich verbittert, dass er seine Heimat verlassen und beschlossen hatte, als Söldner in den Kongo zu gehen und von dort dann nach Schweden weiterzuziehen. Jetzt hatte er ein neues Leben in Südafrika im Visier, wo er sich von der Beute der Raubüberfälle ein Weingut kaufen wollte.
    Zlatan hatte sich schweigend auf einem Stuhl unter dem Fenster niedergelassen, wo er routiniert seine Maschinenpistole reinigte. Im Halbdunkel konnte man von ihm wegen der schwarzen Kleider nur die Umrisse des Schädels mit der Hakennase erkennen. Er behielt Torna und Vasa im Auge, aber sein Gesicht verriet nicht, was in ihm vorging. Die angespannte, stille Atmosphäre schlug im Nu um, als Slobo, Stanko und Danilo polternd hereinkamen.
    »Mit solchen Verrückten zusammen mache ich gar nichts«, plärrte Slobo. Danilo grinste Vasa und Torna an und machte eine kleine Kopfbewegung in Slobos Richtung:

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