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Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln

Titel: Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geiseln
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entlanggingen, umso lauter wurde der Lärm. Slobo öffnete die Tür zu einer leeren Vorhalle, wo sie schon von Stimmengewirr umgeben waren, obwohl noch kein Mensch zu sehen war. »Bist du bereit?«, fragte Slobo ungewöhnlich ernst und ehrlich.
    »Schnell jetzt«, gab Vasa zurück und stellte fest, dass er kaum einen Laut aus seiner heiseren Kehle herausbekam.
    Slobo stieß die Doppeltür auf, und sogleich flutete Vasa schweißtreibende Hitze und die kollektive Panik der Menschenmenge entgegen. Im hellen Licht wogte vor seinen Augen eine lärmende Masse, aus der sich nur nach und nach einzelne Gesichter herauskristallisierten, bunte Abendkleider, unterschiedliche Personen.
    Der Anblick und die Atmosphäre ließen mehr Adrenalin als je zuvor in Vasas Kreislauf schießen. War es Torna nicht gelungen, diese Hühnerschar zum Schweigen zu bringen? Vasa richtete die Waffe zur Decke und gab eine lange Salve ab.
    Zuerst wurde der Lärm explosionsartig noch lauter, nun auch durchsetzt von unbeherrschtem Kreischen.
    »Ruhe!«, rief Vasa auf Englisch und schoss noch einmal.
    »Ruhe!«, brüllte er, so laut er konnte, und setzte dabei seinen Weg fort. Die Menschen wichen wie von einer unsichtbaren Hand gelenkt vor ihm zur Seite. Einige fielen hin, weil sie von den Ängstlichsten beim Ausweichen gestoßen wurden. Nach und nach aber versiegte der Lärm und erstarb schließlich ganz.
    Vasa merkte, wie seine Unsicherheit und seine Angst verschwanden. Stattdessen durchströmte nun maßlose Selbstsicherheit seine Adern. Zlatan näherte sich mit vorgehaltener Kalaschnikow dem Sicherheitsmann, der auf dem Parkettboden lag. Zlatan wusste, dass der Mann wahrscheinlich eine Waffe im Schulterhalfter trug und dass er als Profi eventuell noch einen verzweifelten Angriffsversuch wagen würde. Stanko hatte die Waffe des anderen Sicherheitsmannes aufgehoben und zielte auf den Präsidenten.
    »Weg von der Tür«, forderte Zlatan den Präsidenten auf.
    Er drückte den Lauf seiner Kalaschnikow in die Wange des Sicherheitsmannes, ging in die Hocke und nahm mit der anderen Hand die Waffe aus dem Schulterhalfter. Das Hemd des Mannes war blutdurchdränkt, und unter dem Kragen quoll weiter Blut hervor. Zlatan entsicherte die Waffe des stockend atmenden Finnen und richtete sie mitten auf dessen Stirn.
    »Ich frage noch einmal«, sagte er drohend. »Sehen wir aus wie Vollidioten?«
    »Hör auf«, befahl hinter ihm eine Stimme auf Serbisch. Zlatan blickte sich um und sah Vasa mit energischen Schritten auf ihn zukommen. »Hallo«, sagte Stanko. »Wie geht's?« Vasa trat zu dem Sicherheitsmann. »Sie dort«, sagte er zu einer Frau, die in der Nähe stand. »Kommen Sie her!« Die erschütterte Frau sah ihn unsicher an. »Hierher. Sofort!« Vasas Tonfall machte der Frau Beine.
    »Drücken Sie mit dem Finger so fest wie möglich da drauf«, sagte Vasa und schaute zu, wie die Frau in dem trägerlosen, eng anliegenden Abendkleid ihren Finger auf die blutende Wunde des Sicherheitsmannes drückte und dabei gegen die aufkommende Übelkeit ankämpfte. Vasa winkte Torna zu sich. Dessen Gang schien noch wiegender zu sein als normalerweise. Vasa suchte Tomas nervösen Blick im Schlitz der Sturmhaube und sagte möglichst ruhig: »Sind schon alle hier in diesem Stockwerk?«
    »Ja. Wir müssen jetzt Leute rausschaffen, und zwar schnell. Es ist unmöglich, diese Menschenmenge im Griff zu behalten.«
    »Keine Panik. Wir fangen sofort damit an. Von jetzt an läuft alles nach Plan.«
    Vasa rief eine Nummer der Polizei an und sagte auf Englisch: »Bringt einen Krankenwagen vor das Haupttor. Wir haben hier einen Verwundeten. Hoher Blutverlust.«
    Nachdem er das Telefon ausgeschaltet hatte, blickte sich Vasa um. Höchstwahrscheinlich verstand keiner im Saal Serbisch. Er wandte sich an Torna und Zlatan. »War es nötig, auf den Mann zu schießen?«
    »Ja«, erwiderte Zlatan zornig. »Der Kerl hat versucht, den Präsidenten hinauszuführen. Die haben uns für Vollidioten gehalten.«
    »Niemand schießt, wenn es nicht unbedingt sein muss«, sagte Vasa mit Nachdruck und ging mit der Waffe in der Hand ans andere Ende des Saals.
    »Warte«, sagte Stanko aufgebracht.
    Vasa blieb beunruhigt stehen und drehte sich um. Wenn die Männer sich schon in den ersten Stunden so benahmen, wo sollte das dann enden? »Wenn wir ihnen nicht zeigen, dass wir es ernst meinen, gerät uns alles außer Kontrolle«, sagte Stanko mit Blick auf Torna und Zlatan, als suchte er bei ihnen Unterstützung.
    »Er

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