Remes, Ilkka - 6 - Die Geiseln
Teil. Die Experten bei der Zentralkripo gehen alles noch einmal genau durch. Auf jeden Fall stehen die Serben untereinander in Funkkontakt, und es wäre für uns Gold wert, wenn wir ihren Funkverkehr mithören könnten.« »Dahinten ist Sohlman«, sagte Helste mit einer Kopfbewegung in Richtung eines Renault-Lieferwagens des SK Bär.
Im selben Moment klingelte das Telefon in Helstes Hand. Er meldete sich und hörte eine Weile zu.
»In Ordnung, stell es durch.«
Helste sah Johanna ausdruckslos an. »Die Geiselnehmer rufen an, sprichst du mit ihnen?«
Johanna nahm das Handy und drückte es fest ans Ohr. »Hallo?« »Mit wem habe ich die Ehre?«, fragte eine tiefe Männerstimme auf Englisch.
»Ich bin Johanna Vahtera von der Zentralkriminalpolizei.« Am anderen Ende war es einen Moment still.
»Schon wieder Sie. Hier spricht Vasa Jankovic. Neben mir steht ein Kameramann mit einer drahtlosen Kamera. Ihr habt gerade die Übertragung unterbrochen, jetzt müsst ihr sie fortsetzen. Live und landesweit. Macht schnell, sonst darf der Krankenwagen den nächsten Gast abholen.«
Noch bevor Johanna etwas sagen konnte, wurde das Gespräch unterbrochen.
»Das war Vasa Jankovic. Sag der Zentrale, sie sollen alle Anrufe aus der Residenz an mich umleiten und mitschneiden. Ich gehe zurück zum ÜWagen, die Geiselnehmer verlangen eine Verbindung ins landesweite TVNetz.«
»Können wir das zulassen?«
»Hast du einen besseren Vorschlag?« Johanna machte sich auf den Weg zum Sendewagen.
Sogleich klingelte ihr Handy. Sie meldete sich hoffnungsvoll, aber der Anrufer war nicht Jankovic, sondern Timo Nortamo.
»Na endlich«, sagte er. »Was ...«
»Ich hab jetzt keine Zeit für Erklärungen«, unterbrach ihn Johanna. »Hier ist die Hölle los. Wie schnell kannst du hier sein?«
»Ich bin auf dem Weg zum Flughafen, mein Flieger landet kurz vor Mitternacht in Helsinki.«
»Rate mal, mit wem ich gerade telefoniert habe?«
»Ich glaube, ich weiß, wer das war. Wenn wir ihn geschnappt hätten ...«
»Sie verlangen eine Live-Schaltung ins landesweite TV-Netz.« »Was wollt ihr tun?«
»Es gibt keine Alternative. Zwei Männer sind bereits mit dem Krankenwagen abgeholt worden.«
»Ich melde mich später wieder bei dir. Wir lassen uns das gemeinsam durch den Kopf gehen.«
Dank Timos ruhiger Stimme fühlte sich Johanna einen Hauch besser. Sie stieg die Stufen zum Übertragungswagen hinauf. Drinnen saßen zwei Männer und eine Frau mit Kopfhörern vor den Monitoren, den Blick auf das wacklige Kamerabild aus der Residenz geheftet.
Als er Johanna sah, nahm der Regisseur den Kopfhörer ab. Er war derjenige, der Hedu zuvor das Bildmaterial gezeigt hatte.
»Habt ihr neue Bilder aus der Residenz?«, fragte Johanna.
»Auf den Fünfer kommt ein Signal von der schnurlosen Kamera«, sagte der Regisseur mit einer Handbewegung zu der Reihe der nummerierten Monitore.
Johanna schaute auf das wacklige Bild, auf dem die erschütterten Gesichter der Festgäste zu sehen waren. Sie erkannte eine Abgeordnete der Sammlungspartei, deren trägerloses, eng anliegendes Kleid mit Blut beschmiert war. Dieser Anblick beschleunigte Johannas Herzschlag. Was ging da drin eigentlich vor?
Allein der Gedanke, das ganze Volk würde solche Bilder aus der Residenz sehen, war unerträglich. Aber was sollten sie sonst tun?
Johanna schaute einige Sekunden lang auf den Monitor, in der Hoffnung, einer der Geiselnehmer würde wenigstens kurz auftauchen, aber bald merkte sie, dass die Kamera nun an einer Stelle verharrte.
»Die Geiselnehmer verlangen eine landesweite Live-Schaltung«, sagte Johanna zu dem Regisseur.
»Das lässt sich von hier aus nicht machen. Um Zeit zu sparen, rufen Sie am besten selbst in der Sendezentrale an und schildern die Situation.« Er tippte eine Nummer in sein Handy und reichte Johanna den Apparat. »Heiskanen.«
»Hier spricht Johanna Vahtera von der KRP. Ich befinde mich in einem Ihrer Übertragungswagen, weil ich von den Geiselnehmern die Forderung nach einer Live-Schaltung ins finnische Sendenetz erhalten habe.«
»Ich kann das nicht entscheiden. Dafür brauchte ich Anweisungen von oben ...«
»Von wo oben?«, unterbrach Johanna ihn. »Ihr Intendant sitzt als Geisel in der Residenz, und der gesamte Rundfunkrat wahrscheinlich auch. Kann sein, dass sie innerhalb weniger Minuten alle umgebracht werden.« Johanna schrie fast. »Senden Sie die Bilder, verdammt noch mal, und zwar ein bisschen plötzlich!«
Am anderen Ende herrschte kurzes
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