Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
Herzklopfen aus. »Ja.« »Hier ist Kriminalhauptmeister Rahnasto aus Helsinki, guten Morgen.« »Guten Morgen«, antwortete irgendein Bestandteil von Roni mechanisch. Ein anderer Teil igelte sich ebenso automatisch in Verteidigungsstellung ein. »Ist es in Spanien um diese Tageszeit schon warm?«
Roni glaubte, eine kleine Gemeinheit aus der Frage herauszuhören, zwang sich aber, seiner Einbildungskraft nicht freien Lauf zu lassen. Er musste vernünftig sein und die Ruhe bewahren wie kurz vor einem Start.
»Man kann nicht klagen.«
»Sie erraten sicherlich, warum ich anrufe?«
Der Ton war äußerst unangenehm. Roni hatte sich das Bedrohliche in der Stimme nicht eingebildet.
»Hat sich im Zusammenhang mit dem Mord an Julia etwas Neues ergeben?«, fragte er.
»Das würden wir gerne Sie fragen. Könnten Sie bis morgen hierherkommen?« »Nach Helsinki? Bis morgen?«
Ronis Herz hämmerte. Er merkte, dass er die ganze Zeit im Kreis herumlief. »Wozu?« »Zum Verhör.« »Zum Verhör weswegen ?« »Wegen des Todesfalls Julia Leivo.« »Das kann nicht Ihr Ernst sein ...«
»Kommen Sie zu uns, oder müssen wir zu Ihnen kommen?«
»Ich komme. Dann wird das ein für allemal geklärt«, sagte Roni und war über sich selbst erstaunt: Er klang echt überrascht, verärgert - und unschuldig. Sein Vater sagte immer, Roni finge erst an zu glänzen, wenn es eng würde. Enger als jetzt konnte es kaum werden.
»Wann können Sie hier in Pasila auf dem Präsidium sein?«
»Ich muss zuerst nachschauen, was es für Flüge gibt. Wo kann ich anrufen und Bescheid sagen?«
Der Polizist nannte ihm seine Telefonnummer, und Roni legte auf. Einen Moment lang blieb er mitten im Wohnzimmer stehen.
Dann nahm er sein altes Motorola mit der Prepaid-Karte vom Tisch und wählte die anonyme Nummer seines Vaters.
»Die Polizei hat mich angerufen«, sagte er ruhig. »Ich soll als Tatverdächtiger zum Verhör kommen.«
»Was hast du gesagt?«
»Ich habe gesagt, ich komme morgen, damit das Ganze endgültig geklärt wird.«
»Gut. Das heißt, dass ich hier Tempo machen muss ... bei den anderen Sachen.« Die Stimme des Vaters schien leicht zu zittern.
»Was hast du vor?«
»Das brauchst du nicht zu wissen. Du beantwortest morgen einfach die Fragen der Polizei.«
19
»Verdammt«, fluchte Kimmo, als er zu Hause in der Diele den Reißverschluss seiner Jacke aufzog. »Was ist?«, fragte Sirje.
Kimmo bückte sich ächzend, um die Schuhe auszuziehen, ging dann ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen.
Sirje lief hin und her und wurde immer unruhiger. »Was hat Jenni gesagt? Hast du etwas herausgefunden?«
Kimmo seufzte, als müsste er alle Kraft zusammennehmen, um überhaupt sprechen zu können.
»Darauf hätten wir längst kommen müssen«, sagte er. »Roni Airas!« Sirje wirkte überrascht. »Was ist mit Roni?« Kimmo antwortete nicht, sondern starrte nur vor sich hin. »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte Sirje. »Roni hat zu Hause einen Kraftraum.« »Aber ... trotzdem kann er doch nicht...« »Von Roni hat Julia die Hormone bekommen. Jenni hat da alles Mögliche angedeutet... auch über die Beziehung.« »Was denn zum Beispiel?« »Es war im Frühling aus zwischen den beiden, aber sie haben sich trotzdem noch getroffen. Jenni sagt, sie hätten mehrmals Streit gehabt.« »Worüber?«
»Das wusste sie nicht«, sagte Kimmo düster. »Vielleicht wegen Geld. Oder sie waren sich über den Verkauf der Hormone uneinig. Vor allem stellt sich die Frage, wohin die Streiterei geführt hat.« Sirje starrte ihn ungläubig an.
»Roni hat kaum eine Reaktion gezeigt, als Jenni mit ihm sprach ... Er war gar nicht schockiert...«
»Jenni hat das alles doch bestimmt auch der Polizei erzählt?« »Wohl nicht... Zum Glück.«
Sirje musste die neue Information zunächst verdauen. »Sollen wir die Polizei anrufen?«
»Noch nicht«, sagte Kimmo. »Ich will zuerst mit ein paar anderen Leuten reden.«
»Aber dann rufen wir an, oder? Das ist Sache der Polizei, nicht unsere Sache.« »Ach ja? Geht das die Polizei mehr an als uns? Hat das vielleicht nichts mit uns zu tun?« Kimmo wurde laut, dann beruhigte er sich ein wenig, fuhr aber weiterhin zornig fort: »Sag nie wieder, der Mord an Julia wäre nicht meine Sache! Es gibt nichts, was mich mehr angeht.«
Auf dem Weg zum Kurzzeitparkplatz des Flughafens hörte sich Tero zunächst Ronis leidenschaftslosen Bericht über seine hervorragenden Rundenzeiten an. Besonders aufmerksam wurde er, als die Rede
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