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RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

Titel: RENAS VERSPRECHEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Kornreich Gelissen , Heather Dune Macadam
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Suche nach einem Platz, wo ich meine ermüdenden Gedanken ausruhen kann, schlie ss e ich fest meine Augen und zwinge mich, Mamas Gesicht in unserer Küche zu sehen. Wie gütige Geister beschwöre ich die Gerüche, die Geräusche von zu Hause. Mama, die mich bittet, Holz fürs Feuer zu holen; Papas Pfeifenrauch aus dem Wohnzimmer, wo er die Texte stu diert. Wie Finger ziehen mich die Tylicz umgebenden Bergspit zen in ihre Umarmung. Ich treibe im Reich zwischen Schlafen und Wachen, bis ich barfu ss über das Feld laufe, angelockt von den Stimmen der Vergangenheit. Wenn sich alles verändert hat, liegt der einzige Trost in dem, was war, im Vertrauten.
    Rena!
    Auf meiner Flucht in die Welt der Träume bilde ich mir ein, Mama zu sehen, die mit leuch tender Laterne vor der Tür unse res Bauernhauses steht, nach mir Ausschau hält und meinen Namen ruft.
    Rena!
    Das Gras ist na ss und kühl, sprie ss t zwischen meinen Zehen. Ich laufe den Abhang hinab auf unser Haus zu.
    „ Ich komme, Mama !“, rufe ich ihrem auf und ab tanzenden Licht zu. Aber die sanfte, flackernde Flamme ihrer Laterne verwandelt sich in einen grellen Strahl, der mir in den Augen brennt.
    Verwirrt und ausgekühlt schüttle ich mich aus meiner Er starrung. Scheinwerfer wandern über unsere ruhelosen Körper. Es war ein Traum, nichts als ein Wachtraum. Ich bin müde, niedergeschlagen und über wältigt von dieser fremden Umge bung. Mein Gehirn nimmt die geistigen Bil der meiner Vergan genheit und bindet sie in mein Unterbewu ss tes ein.
    Ich nestle an meinem Sc hottenrock herum. Wie eine Bran dungswelle, die sich zurückzieht, lä ss t die Vergangenheit mich einsam und verloren zurück.
    Rena!
    Ich schwöre, Mamas Stimme rufen zu hören. Vorsichtig las se ich mich noch einmal davo ntreiben, werde nur immer wie der aufgeschreckt von den aufdringlichen Scheinwerferstrahlen, die über das Lager schwenken. Es ist eine schlaflose Nacht. Wenn meine Augen auch zufallen, mein Atem auch langsamer wird, meine Gedanken verwackeln wie ein Kinobild, mag ich zwar dösen, doch die Flucht in den sü ss en Schlaf gelingt nicht. Ich sitze in der Falle wie ein wildes Tier.
     
    Die morgendliche Kälte ist schneidend, geht einem bis auf die Knochen. Es ist fast, als würde die Erdwärme von einem Vakuum eingesaugt und dem Boden entzogen. Beim Gähnen schmerzt mein Kiefer. Ich frage mich, wann Danka meine Nachricht bekommen wird.
    Die Soldaten treiben diejenigen hoch, die noch nicht von selbst auf sind. Ich bin hellwach, zittere aber aus Protest gegen dieses böse Erwachen. Dann streiche ich meinen Rock glatt.
    Heute möchte ich wirklich gut aussehen. Der erste Eindruck ist der wichtigste.
    „ Aufstellen! Diejenigen, die noch einmal in ihre Wohnungen müssen, wird man begleiten, um ihr e Sachen abzuholen. Aufstellen!“ Hastig stelle ich mich in die Reihe, um mir das Wenige zu holen, das ich noch bei den Silbers habe. Wie Gefangene marschieren wir durch die Stadt, und unser armseliger Haufen wird auf jeder Seite von einem Offizier begleitet. Ich halte den Kopf gesenkt, um nicht erkannt zu werden. Ich wei ss nicht, warum ich mich so schäme, aber ich tu’s.
    Frau Silber ist in der Küch e und bäckt Challah für das Sab bat-Mahl, als d ie Wachen an ihre Tür klopfen. „ Diese Jüdin hat sich selbst angezeigt und kommt, um ihre Sa chen abzuho l en.“ Ungebeten betreten sie die Küche; ich renne nach oben, unfähig meiner Gastgeberin in die Augen zu sehen. Der Duft aus der Küche ist so durchdringend, da ss ich unter einem plötzlichen Hungeranfall zu taumeln beginne. Blitzschnell nehme ich meinen Koffer und bin wieder unten.
    Frau Silber steckt mir einen Laib Challah und ein paar Oran gen in die Tasche. „Für den Sabbat“, flüstert sie. „ Du wirst es brauchen. “ Für liebenswürdige Abschiedsworte ist keine Zeit. Wir können uns kaum einen Abschiedsku ss geben.
    Am Bahnhof stehen Hunderte von Männern, Frauen und Kinder in Reih und Glied. Viele Mädchen in meinem Alter sind dabei. Was geht hier vor? Warum schickt man Kinder zur Arbeit? Was mache ich hier? Ich soll doch heiraten, nicht in ein Arbeitslager gehen. Ich mu ss mich wieder daran erinnern, da ss ich das Richtige tue, aber die Wirklichkeit tröstet nicht.
    In Hummene hat es sich schnell herumgesprochen, da ss heu te die Juden in Arbeitslager verfrachtet werden. Mit aufmunternden Worten begleiten unsere Leute, die am Bahnhofstor stehen, unser Einsteigen, und werfen uns Oran gen zu. Ich fan ge ein paar auf und

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