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RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

RENAS VERSPRECHEN (German Edition)

Titel: RENAS VERSPRECHEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rena Kornreich Gelissen , Heather Dune Macadam
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ich Ski gefahren. Es ist wunderschön dort. Ich bin Tadziu.“
    Wie sehr wünschte ich mir, Ilsa würde weiter weg gehen, damit wir uns unterhalten könnten, aber in diesen ersten paar Wochen werden wir sehr genau beobachtet. Vermutlich haben wir eine Probezeit. Die Tage kriechen dahin, während Ilsa auf pa ss t, wie wir auf die Wäsche aufpassen, und wir Tadziu heim lich zulächeln. Ich glaube, er ist sehr schüchtern.
    Ich habe das Gefühl, als würden mir gleich die Finger von den Korbgriffen fallen und die saubere Wäsche auf der schmutzigen Stra ss e verstreut werden, mit aller Kraft halte ich die Griffe umklammert. Meine Schultern schmerzen. Ilsa ist weit hinter uns.
    „Seht euch mal eure Aufpasserin an“, sagt Tadziu, als wir unsere Körbe abstellen. Wir schauen die Stra ss e hinunter und sehen sie auf ihren extremen O-Beinen auf uns zukommen. Ihr rotes Haar glänzt in der Sonne. Mit ihren gebogenen Glied ma ss en scheint sie einen riesigen Ball zwischen ihren Knien zu halten. Sie kommt angewatschelt.
    Tadziu witzelt: „Hier kommt die Unschuld in Klammern!“
    Wie ein blubberndes Glucksen steigt aus unserem Innern ein Geräusch auf, drängt sich aus der Brust. Wir sind völlig überrascht. Ich bekomme kaum mit, was geschieht, was wir hören und tun ... wir lachen.
    Das Beben in meiner Brust wurde nicht von Furcht und Be sorgnis ausgelöst, sondern durch Freude: Gefangene lachen - und das in Auschwitz - wenn auch eher verhalten.
    Ilsa kommt näher. Wir versuchen diese seltsamen Geräusche zu unterdrücken, die uns Tränen in die Augen treiben. Und je näher sie kommt, desto komischer sieht sie aus. Wir ver stecken unsere Gesichter; doch jedes Mal wenn wir einander ei nen Blick zuwerfen, fangen wir wieder zu kichern an. Es ist furchtbar schwer, streng und ernst aufzutreten, wo wir doch an nichts anderes denken können als an Ilsas gebogene, klammerförmige Beine und ihre gar nicht vorhandene Unschuld. Den Rest des Tages schüttelt es uns insgeheim vor Lachen, wenn wir unsere Aufseherin anschauen. Dankas strahlendes Gesicht verschafft mir ein momentanes Gefühl der Erleichte rung. Ich wei ss nicht, wie lange wir nicht mehr gelacht haben. Dieses Lachen, das uns so fremd ist, ist so wertvoll wie Brot: Es nimmt unseren Herzen ein klein wenig den Schmerz und gibt uns ein heimliches Schmunzeln.
     
    Zwei Wochen später kommt Ilsa nicht mehr mit uns zum Trockenplatz; vermutlich hat sie ihre Strafe beendet oder ist begnadigt worden, oder man hat ihr eine andere Aufgabe im Lager zugeteilt. Ich bin nun diejenige, die für die Wäsche ver antwortlich ist, und zum allerersten Mal seit wir in Auschwitz sind, ist keiner dabei, der uns beobachtet. Wenn wir jetzt die Körbe hinaus auf den Trockenplatz tragen, halte ich an und lasse Danka und Dina ihre Plätze wechseln, damit sie die an dere Hand ausruhen können. Mir erlaube ich das nicht.
    Egal bei welchem Wetter - wir hängen die Wäsche auf. Auf seherin Bruno vertritt die Ansicht, da ss frische Luft für die Kleidung unabdingbar ist, und so stehen wir selbst bei un freundlichem Wetter im Regen oder Schneeregen und schauen zu, wie die Wäsche so durchnä ss t wird wie wir. Nur wenn es nach Dauerregen aussieht, bleiben wir drinnen und waschen, um die Kleidungsstücke dann am folgenden Tag zu trocknen; an Tagen, an denen es nur hin und wieder regnet, hängen wir die Wäsche auf und hoffen, da ss später die Sonne heraus kommt. Wenn wir die nasse Wäsche bei Kälte aufhängen, frie ren uns fast die Hände ab. Wir stecken unsere Finger in den Mund, um sie zu wärmen, und machen dann weiter. An man chen Tagen schaffen unsere Finger es nicht, die Klammern mit den Federn aufzudrücken, da müssen wir dann die nehmen, die nur geschlitzt sind. Es ist schon seltsam, da ss wir bei allem, was wir durchgemacht haben, um an Arbeit in Innenräumen zu kommen, jetzt hier im Freien sein sollen, wo der Winter je den Tag näher rückt.
    Ich fürchte, die Sackleinen-Kleider, die wir anhaben, sind bei weitem nicht warm genug für die Temperaturen, die wir zu ertragen haben werden. Und wir haben auch keine Handschu he, um unsere Hände zu schützen. Als ich vor mich hin sinne, fällt mir kurz der letzte Winter in Birkenau ein. Ich kann nicht glauben, da ss wir ihn überlebt haben.
    Eines Abends, als wir vom Trockenplatz heimkehren, öffnet sich das Fenster zur SS-Küche, und ein freundliches Gesicht fragt: „Woher kommt ihr?“
    Wir verlangsamen unsere Schritte. „Aus Tylicz in Polen“,

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