RENAS VERSPRECHEN (German Edition)
Glieder. Dankas Gesicht ist wei ss . Wir gehen zu den Betten, auf denen wir schliefen, als wir das letzte Mal hier waren. Geht es um Leben oder um Tod?
Ich kann nichts zu unserer Rettung tun. Ich schlafe den ganzen Tag über, ertrage die Schwermut nicht, die sich in mein Gehirn einschleicht. Diesmal steht Erika nicht vor der Tür... und was machen wir, wenn es wieder um Experimente geht, wie beim letz t en M al? Danka und ich sprechen kaum, verhalten uns still, weil wir uns nicht darüber unterhalten wollen, was sein könnte.
„Rena?“ Dina weckt mich auf. „Wozu glaubst du, sind wir hier?“
„Ich wei ss es nicht, Dina.“
„ Wir haben es so weit geb racht. Es mu ss etwas Gutes sein.“ Ihre naive Hoffnung wärmt mir das Herz.
„ Das hoffe ich, Dina. Für uns alle.“
„ Du bist schon am längsten hier. Du verdie nst wirklich eine Pause.“
„Sie lassen keine Pausen zu.“
„ Nein ... viel leicht haben wir einfach Glück.“ Sie entfernt sich von meiner Koje, um mit einer anderen zu reden.
Am dritten Tag bekommen wir wieder neue Kleider. Diese Kleider sind keine langen Gewänder mit Schürzen, wie die Versuchsopfer sie trugen, sondern einfach eine andere Version der gestreiften Kleider, die wir anhatten. Der einzige Unterschied besteht darin, da ss sie sauberer sind.
„ Rei ss t eure alten Nummern ab. Ihr werdet sie später an eu re ne uen Uniformen nähen!“ Hoffnung sickert mir ins Herz.
Ic h verstecke den Elefanten und den Ehering unter meiner Zunge, verstecke die Nagelfe ile in meiner Hand. Keiner wei ss , wohin wir gehen, deshalb mu ss ich mich darum kümmern, da ss sie nicht gefunden werden. Wir ziehen uns schnellstmöglich an und nehmen Aufstellung ein. Wir marschieren ins Schreibge bäude, um unsere Nummern auf schreiben zu lassen. Als man uns wieder nach drau ss en lä ss t, geschieht dies unter strenger SS-Bewachung; es gibt kein Entkommen wie beim ersten M al. Wir marschieren sofort durch die Tore von Birkenau, eine Stra ss e entlang, vorbei an den Bahngleisen.
Es kommt uns vor, als marschierten wir endlos - doch wenn man geschwächt ist, kommt einem alles weit vor. Ich wei ss nicht, auf welchen Lagerkomplex wi r zusteuem. Ic h suche nach Dankas Hand. Wir gehen in ein Gebäude, steigen über eine breite Treppe ins Untergescho ss . Der Raum ist gro ss und ungewöhnlich warm, und es gibt Fens ter, die die Sonne hereinl assen. Es gibt richtige Stockbetten in ordentlichen Reihen mit ziemlich sauberen Strohmatratzen, wie wir sie in Auschwitz hatten.
„ Das h ier ist das neue Wäschekommando“ , verkündet die Wache der Blockältesten. Sie wirft uns einen prüfenden Blick zu und schüttelt den Kopf. Trotz unserer neuen Uniformen müssen wir schrecklich aussehen.
„Ich bin Maria “, stellt sie sich vor. „ Das ist euer neues Wohnquartier. Die Wäscherei ist auf der anderen Flurseite. Morgen wird man euch eure Posten zuweisen. “ Sie lä ss t uns al lein, schlie ss t die Tür zu ihrem Zimmer.
Zögerlich bewegen wir uns auf die Kojen zu, um unsere neuen Betten in Beschlag zu nehmen. Danka und ich belegen eins in der unteren Etage, damit wir nicht mehr hochklettern müssen, falls wir am Ende des Tages müde sind. Auf der Strohmatratze entfährt meiner Brust ein Seufze r der Erleichterung. Jede von uns bekommt eine Decke; sie sind alt, aber kei ne Fetzen. Dina nimmt das Bett neben uns. Feierlich umarmen wir unsere Decken, wissen g ar nicht, was wir mit diesen Lu xusgütern anfangen sollen. Die Betten teilen sich zwei Leute und nicht drei oder zwölf, sie sind für Menschen ge dacht und nic ht für Heringe. Es ist warm. In diesem Gebäude gibt es Zentralheizung. Ich habe vergessen, was Wärme ist.
„Hier gibt es eine Toilette!“, verkünd et ein Mädchen ganz aufgeregt. „ Und einen Spül stein!“ Ich drücke Dankas Hand mit ein wenig Hoffnung. Wir sind nicht länger in Pferdeställen untergebracht, wir sind in einem Gebäude für Menschen. „Es gibt sogar eine Dusche!“ Wir sind im Him mel. [21]
S TABSGEBÄUDE
Aus der Ferne lacht uns
durch Eisengitter die Freiheit...
Aber die Sonne scheint noch immer
nicht.
Aus einem Lied der Lagergefangenen
Wir fragen uns, was hier abläuft, aber da alles besser ist als Birkenau, behalten wir unsere Fragen für uns. Wir sind im Souterrain zusammen mit fünfundsiebzig jüdischen Mädchen untergebracht, die für das SS-Büro, das Politische, Sekretärinnenarbeit verrichten.
Unser neues Kommando arbeitet in der SS-Wäscherei, wo
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