RENAS VERSPRECHEN (German Edition)
ab: Es sieht alles gut aus. Danka schläft schon. Ich ziehe meine Decke hoch bis ans Kinn und starre auf das Bett über mir. Meine Au gen werden schwer unter dem Gewicht der letzten paar Tage. Plötzlich will ich beten, doch mir fallen keine Worte mehr ein.
Ich habe das Gefühl, Mama ist da und deckt mich zu...
„Hast du schon gebetet?“
„Ja, Mama.“ Das Federbett, das schon angewärmt ist von dem hei ss en Ziegelstein, den Mama mir an die Fü ss e gelegt hat, lä ss t mich den rauhen Wintersturm vergessen, der an unseren Läden rüttelt.
„Schlaf sü ss .“ Sie kü ss t mich auf die Wange. Ich kuschle mich in die Daunen.
Ais die Aufseherin Bruno, gefolgt von einer Kapo, die Wäsche rei betritt, nimmt jede Haltung an und arbeitet sorgfältiger als zuvor. Ihr Gesicht ist hart, ihr Auftreten ernst; sie geht direkt auf mich zu, als wü ss te sie genau, was sie will.
„Sprichst du Deutsch?“
„Jawohl, Frau Aufseherin.“ Ich stelle mich aufrecht hin und schaue nach vorne, ohne sie direkt anzusehen.
„Du bist dafür verantwortlich, die Wäsche hinaus zum Trocknen zu bringen. Nimm dir zwei Mädchen, die dir beim Tragen der Körbe helfen.“
„Jawohl.“ Ich deute auf meine Schwester und Ernas Cousi ne. „Danka und Dina.“ Ich rufe sie namentlich auf.
„Du trägst für sie die Verantwortung, Ilsa“, befiehlt Aufse herin Bruno. Als sie geht, ist ein Seufzer der Erleichterung un ter den Wäscherinnen zu hören und das Geräusch klatschenden Wassers.
Ilsa ist um die Fünfzig, trägt aber ein schwarzes Dreieck. Ich kann sie mir nur schwer als Prostituierte vorstellen, und ich mu ss ein Lächeln unterdrücken, das sich mir auf die Lippen schleicht, als ich ihre orangeroten Haare und ihre O-Beine sehe.
„Nehmt diese Körbe. Ich zeige euch den Weg zum Trocken platz“, sagt sie auf Deutsch.
„Danka, du und Dina packt au ss en an“, weise ich sie an. Ich habe Angst, da ss die Körbe für meine kleine Schwester zu schwer sind, und beschlie ss e deshalb von Anfang an, da ss ich immer in der Mitte zwischen zwei mit nasser Wäsche schwer beladenen Körben gehen werde. Wir schauen einander an, nehmen gleichzeitig die Griffe in die Hand und hieven die Kör be hoch, dann folgen wir Ilsa aus dem Keller.
Wir gehen hinaus auf eine Stra ss e und folgen dieser zwi schen zwei Gebäuden hindurch. Meine Schultern fangen an weh zu tun. Wir kommen an der SS-Küche vorbei. Ich habe das Gefühl, als würden mir die Arme aus den Gelenken geris sen. Wir biegen links ab zu einem freien Feld neben einem anderen Gebäude, ich starre und starre auf die Weite vor uns. Als ich tief einatme, bei ss t die Luft mir in der Lunge. Sie ist rein, kein Geruch brennenden Fleisches ist in ihrem Duft ver steckt. Hier sind Leinen gespannt mit einem Säckchen voller Wäscheklammern daran.
„Dies hier ist der Trockenplatz“, verkündet Ilsa. Wir stellen die Körbe ab, ziehen unse re Schürzen an und hängen gehor sam die Wäsche zum Trocknen auf. Dann warten wir.
Ein sehr gutaussehender Mann steht im Freien vor einer Wasserpumpe, die er bedient. Heimlich werfen wir beim Ar beiten alle einen Blick auf ihn. SS marschiert regelmä ss ig die Stra ss e auf und ab. Ich wühle in der Wäsche, streiche sie glatt, achte darauf, da ss sie perfekt und gerade auf der Leine hängt. Ich habe Angst, da ss wir etwas vergessen, weswegen wir dann in Schwierigkeiten kommen. Danka und Dina machen es wie ich, ahmen meine obsessiven Handgriffe nach. Ilsa informiert uns, wenn es Zeit ist, zum Mittagessen in den Block zurückzu kehren. Wir nehmen die trockenen Wäschestücke mit zurück in die Wäscherei und kehren nach unserer Steckrübensuppe mit frischer nasser Wäsche zurück auf den Trockenplatz. End lich signalisiert Ilsa uns, da ss der Tag vorüber ist. Wir sortieren die nassen und die trockenen Wäschestücke in verschiedene Körbe und bringen über Nacht die ganze Wäsche ins Haus. In der Wäscherei angekommen, lassen wir die halbtrockenen Wäschestücke in den Körben und legen den Rest zum Zusam menlegen auf einen Tisch.
Jeden Tag können wir beim Vorbeigehen die Polen sehen, die in der Küche arbeiten, doch wegen Ilsa und dem, was den nichtjüdischen Polinnen widerfahren ist, wagt keiner mit uns zu reden. Der Mann an der Wasserpumpe jedoch ist so nah, da ss es uns gelingt, einander zuzuflüstern.
„Wie hei ss t ihr?“, will er wissen.
„Rena, meine Schwester Danka und unsere Freundin Dina. Wir kommen alle drei aus Tylicz.“
„Da bin
Weitere Kostenlose Bücher