Renate Hoffmann
Ausrede ab, dass sie sich nicht wohl fühle, und dass sie ihn nicht anstecken wolle. „Die Helga hat mich angerufen, und mich gefragt, ob ich nicht vorbeikommen kann, weils dir nicht gut geht...“, sagte Herbert und streichelte Renate liebevoll übers Haar. In diesem Moment wurde Renate klar, dass Herbert ganz ohne jeden Zweifel einen fürsorglichen und aufopfernden Ehemann abgeben würde. Das einzige Problem war, dass sie sich mehr vom Leben wünschte, als einen Haufen Kinder und Dreikornleibe. Sie hätte das sicherlich anders gesehen, hätte sie Herbert wirklich geliebt. Doch wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wusste Renate, dass ihre gesamte Beziehung mit Herbert auf ihrer eigenen Schwäche basierte. Tief in sich wusste sie, dass sie ihn vor drei Jahren hätte abweisen müssen. Und obgleich sie all das wusste, brachte sie es nicht über sich die Verlobung zu lösen. Sie vermochte es nicht ihm die Wahrheit zu sagen und sie vermochte es nicht ihn derart zu verletzen. Herbert zog sie näher an sich heran. „Ein kleiner Infekt kann mich doch nicht davon abhalten dich zu küssen...“, sagte Herbert lächelnd, nahm ihr Gesicht sanft zwischen seine großen rauen Hände und bedeckte es mit seinen Lippen.
Kapitel 37
Renate saß noch immer auf ihrem Bett. Herbert knöpfte ihre Bluse auf. Sie ließ es geschehen. Herbert zog ihre Bluse aus. Auch das ließ sie geschehen. Herbert öffnete ihren Büstenhalter. Und auch das ließ sie geschehen. Erst konnte sie sich nicht erklären, warum sie es zuließ, doch dann wurde es ihr schlagartig klar. Ihr schlechtes Gewissen ließ es zu. Sie wusste, dass die ihn nicht liebte. Sie hatte es schon vor drei Jahren gewusst. Drei Jahre hatte Herbert ihren vorgeschobenen Wunsch respektiert, dass sie bis zur Ehe warten wolle. Ein oder zwei Mal hatte sie ihm erlaubt sie nackt zu sehen, einmal davon hatte er sie berühren dürfen. Beide Male hatte sie zuvor getrunken.
Eigentlich hatte sie Herbert dazu gezwungen irgendwann um ihre Hand anzuhalten. Man kann sich vorstellen, wie stolz Helga und Günther gewesen waren, dass ihre Renate sich aufsparen wollte. Im Gegensatz zu manchen anderen Töchtern im Ort, war ihre Renate nämlich kein leichtes Mädchen. Und doch war Herbert auch nur ein Mann. Immer wieder hatte er versucht Renate davon zu überzeugen, dass man nicht verheiratet sein müsse, um mit dem Menschen, den man liebe zu schlafen. Drei Mal hatte er es versucht. Und jedes Mal hatte Renate ihn mit Verachtung gestraft. Sie hatte seine Anrufe ignoriert, sie hatte sich verleugnen lassen, sie hatte ihn gemieden. Nach seinem dritten Versuch und dessen Konsequenzen hatte er nie wieder versucht, Renate dazu zu drängen, mit ihm zu schlafen. Er hatte letzten Endes verstanden, dass er sie nur dann voll und ganz haben konnte, wenn er in aller Form um ihre Hand anhielt. Und er hatte genau das getan, was Renate nach Außen hin von ihm erwartet hatte. Er machte sie zu einer ehrbaren Frau.
Seine Berührungen waren grob, was sicherlich keine Absicht, sondern Unbeholfenheit und Gier war. Es war, als müsse er den lustvollen Moment ausnutzen, den Renate ihm geschenkt hatte, weil man nie wissen konnte, wie lang er dieses Mal andauern würde. Seine Hände rieben über ihre Haut, seine Zunge glitt über ihre Brüste. Regungslos saß Renate auf ihrem Bett. Sie starrte auf die enorme Wölbung in Herberts Schritt. Und gerade, als sie sich fragte, ob sie nachgeben sollte und endlich mit ihm schlafen, klopfte Helga an die Tür und bat zu Tisch.
Herbert entschuldigte sich und verschwand im Bad. Renate wusste, was er dort tat, und allein der Gedanke daran verdarb ihr den Appetit. Sie setzte sich an den gedeckten Tisch. „Ich hoffe, ich habe die Turteltauben nicht gestört...“, sagte Helga zwinkernd.
Renate schüttelte den Kopf. „Wir haben uns nur unterhalten...“
„Das ist mein Mädchen...“, sagte Günther stolz.
„Wo ist Barbara?“, fragte Renate nur um das Thema zu wechseln.
„Die ist noch oben...“, antwortete Helga. Renate konnte sich vorstellen, wo Barbara war, denn sie meistens da, wo sich Herbert aufhielt. Manchmal fragte sich Renate, warum nicht Barbara diejenige mit dem Ring am Finger war. Sie war sich sicher, dass ihre kleine Schwester schon in der ersten Nacht mit Herbert geschlafen hätte, und das nicht etwa, weil sie ein leichtes Mädchen war, sondern, weil Barbara schon seit vielen Jahren in Herbert verliebt war, auch wenn diese das natürlich nie bestätigt hatte.
Herbert
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