Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Renate Hoffmann

Renate Hoffmann

Titel: Renate Hoffmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
Vom Netzwerk:
nicht daran erinnern, dass wir vereinbart hätten, dass wir deswegen um acht aufstehen müssen“, sagte sie pampig.
    Herbert schaute sie irritiert an. „Aber du stehst doch immer um diese Zeit auf...“
    Renate atmete tief durch. „Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen...“, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
    „Das wusste ich nicht“, sagte Herbert vorsichtig.
    „Ich habe es dir ja auch nicht vorgeworfen...“, antwortete Renate genervt.
    „Renate, bitte wird nicht gleich böse, wenn ich dich das jetzt frage...“, Renate schaute Herbert angespannt an. „...aber liebst du mich überhaupt noch?“
     
Kapitel 60  
    Frau Hoffmann setzte das Glas an und trank es in einem Satz aus. Die klare Flüssigkeit brannte wie Feuer in ihrem Hals. Ihr Magen zog sich zusammen. Es schien so, als hätte Frau Hoffmann Jahre lang geschlafen. Sie war jeden Tag aufgestanden und sie hatte jeden Tag gearbeitet. Sie hatte gegessen und geschlafen, doch sie hatte nicht gelebt. Zumindest nicht so, wie normale Menschen das tun.
    Frau Hoffmann saß auf dem Badewannenrand und weinte. Die Nachricht von Hennings tragischem Unfall schien nicht Jahre her zu sein, es schien vielmehr so, als hätte sie erst in diesem Augenblick davon erfahren. All die Tränen, die sie nicht um ihn geweint hatte, strömten in diesem Moment über ihr Gesicht. Die Tatsache, dass er für immer fort war und nie wieder zurückkommen würde, schien erst jetzt vollständig bei Frau Hoffmann anzukommen. Selbstverständlich hatte sie es gewusst, doch verstanden hatte sie es nicht.
    Schluchzend verließ Frau Hoffmann das Bad. Ihr Körper bebte unter der Trauer, die sie nun endlich zuließ. Sie ging in die Abstellkammer und stellte die Leiter auf. Weinend hob sie einen Karton vom obersten Regalboden, stieg von der Leiter und stellte ihn wenig später auf ihr Bett. Diesen Karton hatte die harte Frau Hoffmann vor sieben Jahren gepackt und in die Abstellkammer verbannt, wo er bis zu diesem Augenblick gestanden hatte.
    Frau Hoffmann öffnete den Deckel. In dieser Schachtel lagen die schönsten Jahre ihres Lebens begraben. Sie zog einen Stapel Fotos hervor. Und als sie sein Gesicht sah, durchströmte sie eine Art von Schmerz, die sie noch nie zuvor erfahren hatte. Sie hatte nie zugelassen ihn loszulassen, weil all das Schöne in ihrem Leben mit ihm verbunden gewesen war. Sie hatte nicht glauben wollen, dass ihr Leben einen Sinn hatte, wenn er nicht mehr darin vorkam. Und nur weil sie sich nicht getraut hatte den entscheidenden Schritt in die Tat umzusetzen, lebte sie noch.
    Vielleicht lebte sie auch deswegen, weil sie wusste, dass Henning den Gedanken nie hätte ertragen können, dass sie sich seinetwegen umbringen wollte. Henning war ein Mensch, der das Leben geliebt hatte. Er hatte das Leben immer als Geschenk gesehen. Und er hatte Frau Hoffmann jeden Tag spüren lassen, dass sie das größte Geschenk seines Lebens gewesen war. Sie war für ihn das Zuhause und die Zuflucht gewesen. Sie liebte die Logik und Henning die Leidenschaft. Sie hatte nachgedacht, er gehandelt. Frau Hoffmann war die Liebe seines Lebens gewesen. Sie hatte ihn glücklich gemacht. Sie und sein Motorrad.
     
Kapitel 61  
    „Das steht dir einfach wunderbar...“, sagte Frau Bauer, die Besitzerin des einzigen Brautmodenladens von Tüßling überschwänglich. Auch Renates Mutter schien hellauf begeistert. Die einzige, die all dem nichts abgewinnen konnte, war Renate, die verkrampft auf einem kleinen weißen Schemel stand und ihre unzähligen Reflektionen verschreckt anstarrte.
    „Was ist denn, Liebes?“, fragte Helga und tätschelte Renate die Wange. „Gefällt es dir nicht?“ Renate lächelte, auch wenn es keinen Grund zum Lächeln gab.
    Liebst du mich überhaupt noch. Herbert wusste, dass etwas nicht stimmte. Er wusste, dass sie ihn nicht liebte. Er dachte zwar, dass sie ihn einmal geliebt hatte, was nicht den Tatsachen entsprach, doch er wusste, dass sich etwas geändert hatte. Und auch, wenn sie sich geschickt aus der Affäre hatte ziehen können, ohne wirklich auf seine Frage antworten zu müssen, wusste sie dennoch, dass sie ihm und seinen Zweifeln nicht ewig würde ausweichen können.
    Sie hatte mit Henning geschlafen, und das nachdem sie ihn nur zwei oder drei Mal gesehen hatte. Und sie hatte nicht nur mit ihm geschlafen, sie hatte es in vollen Zügen genossen. Mit Herbert hatte sie es aus Verzweiflung und aufgrund ihrer heftigen Gewissensbisse getan und das erst nach über drei

Weitere Kostenlose Bücher