Rendezvous im Hyde Park
unvermeidlich gewesen war.
Newbury hatte Sebastians Vater nie gemocht, der nur elf Monate jünger war. Adolphus Grey war größer gewesen, athletischer, attraktiver als sein großer Bruder. Vermutlich auch klüger, obwohl Sebastian einräumen musste, dass sein Vater sich nie viel aus Büchern gemacht hatte.
Was Sebastians Mutter anging, so war Lord Newbury der Ansicht gewesen, sie sei ihnen gesellschaftlich hoffnungslos unterlegen.
Sebastian betrachtete er als Teufelsbrut.
Sein Neffe hatte gelernt, damit zu leben. Und den Erwartungen hin und wieder gerecht zu werden. Wirklich, es hatte ihn nicht sonderlich berührt. Sein Onkel war ein Ärgernis, so etwas wie ein lästiges, wenngleich ziemlich großes Insekt.
Die Strategie war dieselbe: aus dem Weg gehen, und wenn sich das als unmöglich erwies, danach schlagen.
Aber das sagte er nicht. Wirklich, was hätte er damit gewonnen? Stattdessen rappelte er sich auf die Beine. Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich langsam Schaulustige um sie zu versammeln begannen. „Wovon zum Teufel sprichst du?"
„Von der kleinen Vickers", zischte Newbury.
„Von wem?", fragte Sebastian zerfahren. Vermutlich sollte er dem Gerede seines Onkels mehr Aufmerksamkeit schenken, aber verdammt, ihm tat das Auge wirklich weh.
Vermutlich wäre es eine ganze Woche lang blau. Wer hätte gedacht, dass der alte Sack so etwas fertig brächte?
„Sie heißt nicht Vickers", sagte jemand.
Sebastian nahm die Hand vom Auge und blinzelte vorsichtig. Verdammt. Er konnte immer noch nur verschwommen sehen. Was sein Onkel an Muskeln vermissen ließ, machte er mit reiner Masse wieder wett, und anscheinend hatte er mit voller Wucht zugeschlagen.
Ein paar Gentlemen standen um sie herum, vermutlich in der Hoffnung, dass es zur Rauferei kommen würde, was natürlich undenkbar war. Sebastian würde seinen Onkel niemals schlagen, so sehr es dieser auch verdient hätte. Wenn er Newbury schlug, wäre das vermutlich ein so herrliches Gefühl, dass er nicht aufhören könnte, ehe er ihn zu Brei geschlagen hätte. Was äußerst ungebührlich wäre.
Außerdem verlor er niemals die Beherrschung. Das wusste jeder, und wer es nicht wusste, hätte es wissen müssen.
„Wer ist diese kleine Vickers denn, kannst du mir das mal verraten?", fragte Sebastian und nahm eine betont lässige Haltung an.
„Sie ist keine Vickers", sagte jemand. „Ihre Mutter war eine Vickers. Ihr Vater hieß anders."
„Winslow", stieß der Earl hervor. „Sie heißt Winslow."
Sebastians Finger begannen zu prickeln. Seine rechte Hand ballte sich möglicherweise zur Faust. „Was ist mit Miss Winslow?"
„Willst du mir wirklich weismachen, du wüsstest von nichts?"
Sebastian zuckte mit den Schultern, obwohl die lässige Bewegung ihn alle Konzentration kostete. „Ich will dir gar nichts weismachen."
Die Augen seines Onkels begannen hässlich zu glitzern.
„Bald wird sie deine Tante sein, lieber Neffe."
Sebastian schnappte nach Luft, und er dankte Gott oder dem Architekten, der dafür gesorgt hatte, dass neben ihm eine Wand stand, an die er sich lehnen konnte.
Annabel Winslow war Lord Vickers' Enkelin. Sie war diese üppige, sinnliche Frau, hinter der Newbury her war, die, die so fruchtbar war, dass die Vögel zu singen anfingen.
Allmählich fügte sich alles zusammen. Er hatte sich gefragt, wie ein einfaches Mädchen vom Land so eng mit einer Herzogstochter befreundet sein konnte. Sie und Lady Louisa waren Cousinen. Natürlich waren sie miteinander befreundet.
Er dachte an das Gespräch mit seinem Vetter, an die Bemerkung mit den gebärfreudigen Hüften und den singenden Vögeln. Miss Winslows Figur war genauso aufsehenerregend, wie Edward es beschrieben hatte. Als Sebastian daran dachte, was für glasige Augen Edward bekommen hatte, als er ihre Brüste beschrieb ...
Sebastian stieß es sauer auf. Vielleicht musste er Edward eine Ohrfeige geben. Sein Onkel war aufgrund seines Alters tabu, aber Edward war zum Abschuss freigegeben.
Miss Annabel Winslow war tatsächlich eine sehr reife Frucht. Und sein Onkel hatte vor, sie zu heiraten.
„Du wirst dich von ihr fernhalten", sagte sein Onkel leise.
Sebastian schwieg. Ihm fiel gerade nichts Schlagfertiges ein, und so sagte er lieber nichts. Es war besser so.
„Obwohl ich sie vielleicht gar nicht mehr haben will, nachdem sie sich ein derartiges zweifelhaftes Fehlurteil erlaubt hat."
Sebastian konzentrierte sich auf seine Atmung, die sich gefährlich beschleunigte.
„Du magst
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