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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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Holzstäbe, auf der die Zielscheibe ruhte, splitterte - nein, sie löste sich auf -, worauf das gesamte Gestell in sich zusammenfiel.
    „Jetzt sind Sie fertig", erklärte Mr Grey und gab die Pistole zurück. „Guten Tag."
    Er ging zu Annabel, ergriff ihren Arm und sagte, bevor sie eine Frage stellen konnte: „Ich war Scharfschütze. Im Krieg."
    Sie nickte. Nun glaubte sie zu wissen, wie die Franzosen besiegt worden waren. Sie blickte noch einmal zurück zur Zielscheibe, um die nun die jungen Männer herumstanden, und dann zu Mr Grey, den das alles gar nicht zu berühren schien. Ein weiteres Mal drehte sie sich zu der Zielscheibe um, weil sie nicht anders konnte, war sich dabei gar nicht bewusst, dass er versuchte, sie davonzuziehen. „Das war ... das war ..."
    „Nichts", sagte er. „Gar nichts."
    „Ich würde das nicht nichts nennen", meinte sie vorsichtig. Er schien ihren Beifall nicht zu wollen, doch sie brachte es einfach nicht fertig, nichts zu sagen.
    Er zuckte mit den Schultern. „Es ist eine Gabe."
    „Ahm, eine ziemlich nützliche, nehme ich an." Sie wollte noch einmal zurückschauen, doch sie würde dabei ja doch nichts sehen, und außerdem hatte er sich kein einziges Mal zu der Zielscheibe umgedreht.
    „Möchten Sie ein Eis?", fragte er.
    „Wie bitte?"
    „Ein Eis. Mir ist ein bisschen warm geworden. Wir sollten zu Gunter's gehen."
    Annabel schwieg, etwas außer Fassung ob des plötzlichen Themenwechsels.
    „Wir werden Olivia mitnehmen müssen, aber sie ist immer gute Gesellschaft." Er runzelte nachdenklich die Stirn.
    „Und wahrscheinlich hat sie Hunger. Ich bin mir nicht sicher, ob sie heute Morgen gefrühstückt hat."
    „Also, natürlich ...", sagte Annabel, allerdings nicht, weil sie wusste, wovon er redete. Er sah sie abwartend an. Offenbar erwartete er von ihr, dass sie ihm eine Antwort gab.
    „Sehr schön. Gehen wir zu Gunter's." Worauf er sie angrinste, das mittlerweile vertraute Funkeln in den Augen.
    Am liebsten hätte Annabel ihn bei den Schultern gepackt und geschüttelt. Es war, als wäre die gesamte Episode mit den Waffen und der Schießscheibe nie passiert.
    „Mögen Sie Orange?", erkundigte er sich. „Das Orangeneis ist ausgezeichnet, nur das Zitroneneis ist noch besser, aber das servieren sie nicht immer."
    „Ich mag Orange", erwiderte sie, wieder weil eine Antwort angebracht erschien.
    „Schokolade ist auch köstlich."
    „Schokolade mag ich auch sehr gern."

    Und so ging es weiter, ihr Gespräch über gar nichts, den ganzen Weg zu Gunter's. Wo Annabel den Vorfall im Park vollkommen vergaß, ein Umstand, auf den sie nicht stolz war. Mr Grey bestand darauf, Eis in allen Geschmacksrichtungen zu bestellen, und Annabel fand, es sei unhöflich, sie nicht alle zu probieren (bis auf Rose, damit hatte sie noch nie etwas anfangen können, das war eine Blume, du liebe Güte, und nichts zu essen). Dann erklärte Lady Olivia, sie könne den Geruch der Bergamotteeiscreme nicht ertragen, was natürlich bedeutete, dass Mr Grey ihr damit unter der Nase herumwedeln musste. Annabel konnte sich nicht entsinnen, wann sie das letzte Mal so viel Spaß gehabt hatte.
    Spaß. Einfach nur Spaß. Das war wirklich schön.

    Zwei Tage später
    Als Annabel den Tanz mit Lord Rowton beendet hatte, der auf den Tanz mit Mr Berbrooke gefolgt war, der wiederum auf den Tanz mit Mr Albansdale gefolgt war, der seinerseits auf den Tanz mit einem anderen Mr Berbrooke gefolgt war, der wiederum auf den Tanz mit Mr Cavender gefolgt war, der auf ihren Tanz mit - du lieber Himmel! - einem russischen Fürsten gefolgt war, der seinerseits auf den Tanz mit Sir Harry Valentine gefolgt war, der auf den Tanz mit Mr St. Clair gefolgt war, der wiederum (schon bei dem Gedanken daran musste sie Atem holen) auf den Tanz mit Mr Grey gefolgt war ...
    Falls sie bisher immer noch nicht erkannt haben sollte, wie wankelmütig die Londoner Gesellschaft war, so wusste sie es spätestens jetzt. Sie hatte keine Ahnung, wie viele Herren sie zum Tanzen aufgefordert hatten, weil Mr Grey sie darum gebeten hatte, und wie viele sie aufgefordert hatten, weil die anderen Gentlemen es anscheinend auch taten, aber eines war klar: Sie war in Mode gekommen. Zumindest für diese Woche.
    Ihr Spaziergang im Park hatte seinen Zweck erfüllt, ebenso die Einkehr bei Gunter's. Annabel war vom gesamten ton mit Sebastian Grey gesehen worden, während er sich, wie er es formulierte, wie ein liebeskranker Tölpel benahm.
    Er hatte dafür gesorgt, dass die

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