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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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brummte Sebastian.
    Weil sie ihn nicht abweisen würde. Sie hatte ihm gesagt, dass sie in seiner Nähe nicht klar denken konnte. Wenn je eine Frau einen Heiratsantrag hatte annehmen wollen, dann ja wohl Annabel.
    Aber reichte Ja sagen wollen auch wirklich aus? Ihre Großeltern wären nicht erfreut, wenn sie ihn Newbury vorziehen würde. Und er wusste, dass sie wegen der Mittellosigkeit ihrer Familie höchst besorgt war. Aber wegen ein bisschen Geld für ihre Familie würde sie doch nicht auf ihr eigenes Glück verzichten! Es war doch nicht so, als stünden sie kurz vor dem Armenhaus. Das war nicht möglich, noch gingen ihre Brüder schließlich ins Internat. Außerdem hatte Sebastian auch Geld. Nicht so viel wie Newbury - also gut, nicht mal annähernd so viel -, aber etwas hatte er auch. Für die Ausbildung ihrer Brüder würde es jedenfalls reichen.
    Höchstwahrscheinlich wusste Annabel das aber nicht. In den Augen des ton war er ein Luftikus und ein Schnorrer.
    Selbst Harry glaubte, er kam deswegen jeden Morgen zum Frühstück zu ihnen, weil er sich selbst kein Essen leisten konnte.
    Seine Stellung in der Gesellschaft hatte er seinem Charme und seinem guten Aussehen zu verdanken. Und der Möglichkeit, dass sein Onkel sterben würde, bevor er einen neuen Erben zeugte. Aber niemand hielt es für möglich, dass Sebastian irgendeine Art von Einkommen hatte. Niemand hegte auch nur den geringsten Verdacht, er könnte unter weiblichem Pseudonym Schauerromane schreiben und damit ganz ordentlich verdienen.
    Sobald die Kutsche dem Verkehrschaos in London entronnen war, schlief Edward ein. Er schlief den ganzen Weg, bis sie in Stonecross hielten, einem großen Landgut aus der Tudorzeit, das der Familie Challis als Sommersitz diente.
    Beim Aussteigen ertappte Sebastian sich dabei, wie er aufmerksam in alle Richtungen sicherte.
    Es war fast, als wäre er wieder im Krieg, wo er nach Stellungen Ausschau hielt und die Truppen beobachtete. Das war seine Aufgabe. Er beobachtete. Zu den Soldaten an der Front hatte er nie gehört. Er hatte nie Mann gegen Mann ge-kämpft, nie dem Feind ins Auge gesehen. Am Gefecht war er nie direkt beteiligt, er beobachtete nur und agierte aus der Ferne.
    Und er verfehlte nie sein Ziel.
    Er besaß die beiden Eigenschaften, die für einen Scharfschützen unerlässlich waren: Zielgenauigkeit und unend-liche Geduld. Er schoss erst dann, wenn er sich seiner Sache sicher war, und er verlor nie den Kopf. Selbst als Harry einmal von einem französischen Hauptmann von hinten angegriffen und beinahe getötet worden war, hatte Sebastian sich vollkommen still gehalten. Er hatte beobachtet und abgewartet, hatte erst abgedrückt, als die Zeit dafür gekommen war. Harry hatte nie erfahren, wie nah er dem Tod gewesen war.
    Sebastian hatte sich im Gebüsch übergeben.
    Seltsam, dass er sich auf einmal wieder wie ein Soldat fühlte. Oder vielleicht war es doch nicht so seltsam. Schließlich lag er mit seinem Onkel schon sein Leben lang im Krieg.
    Beim Frühstück an diesem Morgen setzte Lady Challis Annabel und Louisa in Kenntnis davon, dass die meisten Gäste, darunter auch Lord Newbury, erst am späten Nachmittag erwartet wurden. Sie erwähnte Sebastian nicht, und Annabel fragte nicht nach ihm. Solche Fragen würden direkt an ihre Großmutter weitergegeben werden, und Annabel wollte um jeden Preis vermeiden, dass es zu einer Wiederauflage des Gesprächs vom Abend davor kommen könnte.
    Es war ein herrlicher Sommermorgen, und so beschlossen Annabel und Louisa, zum Teich zu spazieren, inspiriert in nicht geringem Maß von der Tatsache, dass dort sonst keiner hinwollte. Einmal angekommen, hob Louisa sofort einen Stein auf und ließ ihn über den See springen.
    „Wie hast du das gemacht?", wollte Annabel wissen.
    „Den Stein hüpfen lassen? Kannst du das nicht?"

    „Nein. Meine Brüder haben immer behauptet, Mädchen könnten das nicht."
    „Und du hast ihnen geglaubt?"
    „Natürlich nicht. Aber ich habe es jahrelang versucht und konnte ihnen nie nachweisen, dass sie im Unrecht sind."
    Annabel hob einen Stein hoch und versuchte ihn springen zu lassen. Er versank sofort im Teich.
    Wie ein Stein.
    Louisa grinste überlegen, nahm einen anderen Stein und ließ ihn über das Wasser tanzen. „Eins ... zwei... drei ...
    vier ... fünf!", krähte sie, nachdem sie die Sprünge gezählt hatte. „Mein Rekord liegt bei sechs."
    „Sechs?", wiederholte Annabel und fühlte sich ziemlich abgeschlagen. „Wirklich?"
    Louisa

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