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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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zuckte mit den Schultern und suchte nach einem neuen Stein. „Mein Vater ignoriert mich in Schottland genauso sehr wie in London. Der einzige Unterschied ist der, dass ich zur Ablenkung nicht die Saison habe, sondern Steine und den See." Sie entdeckte einen guten flachen Stein und hob ihn auf. „Ich hatte viel Gelegenheit zum Üben."
    „Zeig mir, wie du ..."
    Doch der Stein flog schon über das Wasser. „Eins ...
    zwei... drei... vier." Sie schnaubte verärgert. „Wusste ich doch, dass der Stein zu schwer ist."
    Staunend sah Annabel zu, wie ihre Cousine drei weitere Steine über den See schickte, wobei jeder fünf Mal aufkam. „Ich glaube, ich bin eifersüchtig", verkündete sie schließlich.
    Louisa strahlte sie an. „Auf mich?"
    „Du siehst so schwächlich aus, als könntest du diese Steine nicht einmal aufheben, geschweige denn über den See hüpfen lassen."
    „Aber, aber, Annabel", schalt Louisa und lächelte dabei über das ganze Gesicht, „wer wird denn so gemein sein."
    Annabel setzte eine gespielt finstere Miene auf.
    „Ich kann nicht rennen", sagte Louisa. „Ich darf nie beim Bogenturnier mitmachen, weil ich eine Gefahr für die Sicherheit der anderen Teilnehmer bin, und im Kartenspielen bin ich auch eine verdammte Niete."
    „Louisa!"
    Louisa hatte geflucht. Annabel konnte nicht fassen, dass ihre Cousine geflucht hatte.
    „Aber im Steinehüpfen...", Louisa schickte einen weiteren Stein über den Teich, „... bin ich wirklich eine Meis-terin."
    „Das stimmt", sagte Annabel, gebührend beeindruckt.
    „Zeigst du mir, wie du das machst?"
    „Nein." Louisa warf ihr einen schelmischen Blick zu. „Ich habe gern etwas, worin ich viel besser bin als du."
    Annabel streckte ihr die Zunge hinaus. „Du behauptest, du könntest sie sechs Mal springen lassen."
    „Kann ich auch", beharrte Louisa.
    „Ich habe es noch nicht gesehen." Annabel ging zu einem großen Felsen, strich prüfend darüber, ob er auch trocken war, und setzte sich darauf. „Ich hab den ganzen Morgen Zeit. Und auch den Nachmittag, wenn ich es mir recht überlege."
    Mit finsterer Miene machte Louisa sich daran, mehr Steine aufzusammeln. Sie schaffte fünf Sprünge, dann vier, dann noch zweimal fünf.
    „Ich warte immer noch!", rief Annabel.
    „Mir gehen allmählich die passenden Steine aus!"
    „Eine sehr glaubwürdige Ausrede." Annabel sah auf ihre Fingernägel, ob sie irgendwelchen Dreck darunter hatte, den sie sich beim Aufheben ihres mickrigen Steines geholt hatte. Als sie wieder aufsah, segelte schon wieder ein Stein über den Teich. Eins ... zwei... drei... vier ... fünf ... sechs!
    „Du hast es geschafft!", rief Annabel und sprang auf.
    „Sechs Mal!"
    „Das war nicht ich", sagte Louisa.
    Sie drehten sich beide um.
    „Meine Damen", sagte Sebastian und verneigte sich elegant. In der hellen Morgensonne sah er unglaublich attraktiv aus. Annabel war bisher gar nicht aufgefallen, wie rötlich sein Haar war. Sie hatte ihn noch nie in der Morgensonne gesehen, fiel ihr auf. Sie waren sich bei Mondlicht begegnet und am Nachmittag, und in der Oper hatte sie ihn im flackernden Licht Hunderter von Kerzen gesehen.
    Das Morgenlicht war tatsächlich anders.
    „Mr Grey", murmelte sie. Plötzlich wurde sie merkwürdig schüchtern.
    „Das war wunderbar!", rief Louisa aus. „Was ist Ihr Rekord?"
    „Sieben Mal."
    „Wirklich?"
    Annabel konnte sich nicht erinnern, ihre Cousine je so lebhaft erlebt zu haben. Außer vielleicht, wenn sie von den Romanen dieser Gorely sprach. Am Vorabend hatte sie Miss Sainsbury und der mysteriöse Oberst begonnen, hatte bisher aber nur zwei Kapitel geschafft. Dennoch, man kam nicht umhin, beeindruckt zu sein von der Masse an Schicksalsschlägen, denen Miss Sainsbury auf vierundzwanzig Seiten die Stirn geboten hatte. Sie hatte die Cholera und eine Mäuseplage überlebt und sich zweimal den Knöchel verstaucht.
    Im Vergleich dazu wirkten Annabels Probleme auf einmal nicht mehr halb so schlimm.
    „Können Sie auch Steine hüpfen lassen, Miss Winslow?", erkundigte sich Sebastian höflich.
    „Nein, zu meiner ewigen Schande."
    „Ich schaffe sechs Mal", sagte Louisa.
    „Heute aber nicht", erwiderte Annabel, die sich diese kleine Neckerei nicht verkneifen konnte.
    Verärgert hob Louisa einen Finger und stapfte zum Ufer, um dort nach einem weiteren passenden Stein zu suchen.
    Sebastian ging zu Annabel und stellte sich neben sie, die Hände leicht im Rücken verschränkt.
    „Weiß sie Bescheid?", fragte er leise

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