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Rendezvous in Kentucky

Titel: Rendezvous in Kentucky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Linnet hatte es getan. Ihr Bild war beständig in seinen Gedanken, seit er sie in Crazy Bears Lager zum ersten Mal gesehen hatte.
    Niedergeschlagen ging er hinter den Ladentisch und goß sich einen großen Whisky ein. Warum nur heiratete er nicht einfach Corinne, zeugte ein Dutzend Kinder und führte ein beschauliches Leben, wie es einem Mann seines Alters zukam? Warum lief er hinter einem Mädchen her, das es mit der Hälfte der Männer in Sweetbriar getrieben hatte? Die Flasche war schon zur Hälfte geleert, als Gaylon sie ihm fortnahm. »Du hast dich heute abend schon einmal zum Narren gemacht, Junge. Ich werde nicht zulassen, daß das ein zweites Mal geschieht. Los, geh ein bißchen an die frische Luft, damit du wieder 'nen klaren Kopf bekommst!« Er schubste Devon nach draußen.
    Das erste, was Devon draußen sah, war Linnets Blockhaus. Die Tür stand offen. Benommen schwankte er langsam dorthin.
    »Linnet?« flüsterte er mit schwerer Stimme. Er betrat das
    Haus und schloß die Tür hinter sich. Das Feuer war am Verlöschen, also warf er ein Scheit darauf. Da fiel sein Blick auf die Tafel. Mühsam buchstabierte er Wort für Wort. Las es wieder und wieder. Sie war mit Cord auf und davon gegangen. Es lag eine Endgültigkeit in diesen Worten, die ihm das Herz brach.
    Er hielt die Tafel fest, wankte zum Bett — Linnets Bett — und fiel wie ein nasser Sack darauf. Der Schlaf übermannte ihn, und er hielt die Tafel umklammert, als wäre es sein kostbarster Besitz.
    Am nächsten Morgen schien Devons Kopf mit tausend Nadeln gespickt zu sein. Seine Zunge lag pelzig und trocken im Mund. Als er seinen Durst löschen wollte, bemerkte er, wo er war. Devon schwang seine langen Beine über die Bettkante und las noch einmal die Botschaft auf der Tafel. Der Zorn übermannte ihn.
    So, sie ist also mit Cord durchgebrannt, dachte er. Vor seinem inneren Auge erschien wieder das Bild von Linnet, wie sie gestern abend in Cords Armen gelegen hatte. Aber er erinnerte sich auch daran, daß sie versucht hatte, Cord zurückzustoßen. Natürlich war das nur Getue gewesen. Er las noch einmal Linnets Nachricht. Devon runzelte die Stirn. Linnet würde niemals etwas vortäuschen. Sie würde ihre kleine Hand ausstrecken und sagen: »Ich, Linnet Blanche Tyler, werde heiraten. Wirst du zu meiner Hochzeit kommen?«
    Je länger er auf die Tafel sah, desto verwirrter wurde er. Es war so gar nicht Linnets Art, einfach wegzulaufen. Sein Blick glitt prüfend durch die Hütte. Das Umschlagtuch und ihre zwei Kleider hingen ordentlich am Haken. Nichts war verändert oder umgestellt worden, selbst seine Schnitzereien standen auf dem Kaminsims. Sie hätte doch zumindest ihre Kleider mitnehmen müssen! Aber vielleicht hatte Cord ihr ja versprochen, sie neu auszustaffieren.
    Devon stand auf, in seinem Kopf hämmerte der
    Schmerz. Cord! War es möglich, daß Cord Linnet mit Gewalt entführt hatte? Devon konnte es nicht glauben, vor allem, weil sie offensichtlich schon mit ihm geschlafen hatte. Hatte sie das wirklich? Wäre sie denn an diesem Tag in den Schneesturm hinausgelaufen, wenn sie Cord nicht abgewiesen hätte? O ja, wenn Linnet seinen erfolgsgewohnten Vetter Cord abgewiesen hatte, dann wäre er zu allem fähig!
    Devon trank einige Becher Wasser und trat dann in den nebligen Frühmorgen hinaus. Gaylon schnarchte auf ein paar Getreidesäcken im Lagerraum. Anscheinend hatte er die Flasche Whisky leergetrunken, die Devon gestern abend stehengelassen hatte.
    »Gaylon!« schrie Devon ihn an, und der alte Mann öffnete verschlafen ein Auge. »Ich werde Linnets Spur verfolgen. Cord hat sie offenbar entführt!«
    »Bist du sicher, daß sie nicht freiwillig mit ihm gegangen ist?«
    »Ich habe jetzt keine Zeit, mit dir zu streiten! Hol mir etwas Dörrfleisch, während ich das Pferd sattle!«
    Linnet saß steif vor Cord im Sattel. Zuerst hatte er ihren Körper immer wieder in unverschämter Art und Weise abgetastet. Ihre steife Haltung hatte ihn aber geärgert, und er hatte es gelassen. Jetzt ritten sie in eisigem Schweigen dahin. Linnet zwang sich dazu, wach zu bleiben, denn sie wollte sich merken, in welche Richtung sie ritten. Sie hatte vor, die erste beste Gelegenheit zu nutzen, um zu fliehen und auf eigene Faust nach Sweetbriar zurückzulaufen.
    Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Cord Rast machte. Linnet war so erschöpft, daß sie kaum gehen konnte. Cord hingegen sah so frisch und munter aus, als hätte er sich gerade ausgeruht. »Komm, setz dich.«

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