Rendezvous in Kentucky

haben.«
    »Ach was, ich habe es gern getan. Also sind Sie jetzt ziemlich sicher, daß ihr Wunsch, Gouverneur zu werden, in Erfüllung geht, nicht wahr?«
    »Ja, das bin ich, Linnet, und —« Er unterbrach sich, weil Linnet ihr Töchterchen davor bewahrte, in eine Pfütze zu fallen. »Linnet, ich...« begann er wieder und ergriff ihren Arm.
    Höflich, aber bestimmt entzog sie sich ihm. Seine Berührungen hatten schon mehr als einmal zu Situationen geführt, die ihr peinlich waren.
    Talbot bemerkte voller Ärger, wie sie zurückzuckte. »Wir wollen zurückgehen, es wird schon dunkel.«
    Der große Mann betrat den Laden und sah sich mit Kennermiene darin um.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Die Stimme gehörte zu einem fettleibigen Mann. Der kleine Kopf wurde durch eine enorme Menge von Doppelkinnen verunstaltet. Die Schultern und der Rest des Körpers waren nicht zu erkennen — nur eine ungeheure Masse an Fett wabbelte hinter dem Ladentisch. »Sind Sie neu in der Gegend?«
    »Nein«, erwiderte der Fremde. »Ich komme aus Sweetbriar. Ich hatte eigentlich überlegt, daß es ganz gut wäre, hier ’nen Laden aufzumachen. Aber mit Ihnen als Konkurrenz würde er ganz schnell wieder eingehen, glaube ich.«
    Der Fettberg begann sich geschmeichelt zu winden: »Ich heiße Butch Gather.« Er streckte eine schwammige Hand aus, deren Handrücken mit bläulich schimmernden Fettröllchen übersät war.
    »Macalister, meine Freunde nennen mich Mac.« Er schüttelte die ausgestreckte Hand.
    »Wollen Sie hier in der Gegend bleiben?«
    »Ich habe an ein paar Wochen gedacht — das heißt, wenn ich ein Zimmer oder so etwas finden kann.«
    »Ich habe ein kleines Hinterzimmer. Wenn Sie Geld haben, dann kriegen Sie’s.«
    Devon warf mit nachlässiger Geste eine Silbermünze auf den Ladentisch.
    Butch musterte sie kritisch und hielt sie dicht vor seine Schweinsäuglein: »Für Silber, Mister, überlasse ich Ihnen sogar mein eigenes Schlafzimmer!«
    Gelächter brandete hinter Devons Rücken auf, und er drehte sich um. Drei Männer saßen im Laden. Einer von ihnen meinte gerade lachend: »Wenn Ova erst mal Geschmack an ’nem richtigen Mann gekriegt hat, bekommst du dein Bett nie wieder!«
    Butch grinste: »Sie hat sich noch nie über mich beklagt. Schließlich habe ich ihr sechs Kinder gemacht!«
    »Kommen Sie doch zu uns — Mac, nicht? —, und erzählen Sie uns mal, was es in Ihrer Gegend für Neuigkeiten gibt.«
    Devon hatte schon eine ganze Weile mit den vier Männern geschwatzt, bis die Rede auf die Lehrerin kam.
    »Ein wirklich süßes kleines Ding ist sie, und der Richter täte gut daran, sie endlich fest an sich zu binden.«
    »Der Richter?« fragte Devon. »Ich habe gehört, er will sich um das Amt des Gouverneurs bewerben, wenn Kentucky zum Bundesstaat erklärt wird.«
    »Sie haben richtig gehört.«
    »Und diese Lehrerin ist mit ihm verheiratet?«
    Der Mann zwinkerte Devon zu: »Nicht direkt, obwohl sie seine Frau ist. Sie verstehen, was ich meine?«
    Devon zwang sich zu einem Lächeln. »Ach, so ist das. Ja, ich verstehe.«
    Linnet verließ das Schulhaus so schnell sie konnte. Eigentlich müßte sie jetzt sofort zu Nettie gehen und Miranda ab-holen, doch sie brauchte etwas Zeit für sich. Sie lief in den Wald und genoß den wohltuenden Schatten, der dort herrschte. Sie lächelte und reckte sich — wie sehr sie diese Stille und friedliche Atmosphäre hier im Wald liebte!
    »Hallo, Linnet.«
    Der Klang dieser Stimme lähmte sie, und sie begann zu zittern. Langsam, sehr langsam drehte sie sich um und blickte direkt in die stahlblauen Augen von Devon Macalister.
    Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Sie war wütend über sich selbst, weil ihr Herz so laut pochte und sie ihm nicht so unbefangen gegenübertreten konnte, wie er es offensichtlich fertigbrachte.
    »Erinnerst du dich noch an mich?« fragte er, und seine Augen blitzten.
    »Ja«, brachte sie heiser hervor und versuchte verzweifelt, sich zu beruhigen.
    »Ich war auf der Durchreise«, log er. »Und als ich gehört habe, daß du hier lebst, dachte ich: Schau doch mal bei Linnet rein! Du siehst gut aus. Es scheint, als ob Spring Lick dir bekommt.« Seine Augen wanderten über ihren Körper. Jedes Detail war ihm schmerzlich genau vertraut.
    Linnet reckte ihr Kinn hoch. »Ich komme schon zurecht!«
    »Nach allem, was ich gehört habe, ist es ein bißchen mehr als bloßes Zurechtkommen.« Er lehnte sich an einen Baumstamm. Linnet sah, wie seine Augen ärgerlich funkelten.
    Wie