Rendezvous in Kentucky
brachte er es bloß fertig, so ruhig zu bleiben? Warum zitterte sie immer noch am ganzen Körper? Er ließ sich mit gekreuzten Beinen auf dem Boden nieder und begann an einem langen Grashalm zu kauen. Linnet beobachtete seine fließenden Bewegungen. Sie hatte vergessen, wie kraftvoll und anziehend sein Körper war... Sein Haar war etwas dunkler, als sie es in Erinnerung hatte. Sie konnte es förmlich unter ihren Fingern spüren...
»Erzähl mal, was du in den letzten Jahren so gemacht hast.«
Sie begegnete seinem Blick und zwang sich dazu, so teilnahmslos zu erscheinen, wie er es offensichtlich war. »Oh, da gibt es nicht viel zu erzählen, wirklich. Ein Jahr habe ich in Boston gelebt, ein weiteres hier in Spring Lick. Ich würde viel lieber die Neuigkeiten aus Sweetbriar erfahren. Wie geht es Agnes?«
Devon lächelte. Seine starken weißen Zähne blitzten auf und bildeten einen interessanten Kontrast zu seiner dunklen Haut, von der sie genau wußte, wie sie sich anfühlte... Halt! rief sie sich energisch zur Ordnung.
»Agnes hat ein Kind bekommen. Ziemlich bald nach deiner Abreise.« Er sah sie mit einem eigentümlichen Blick an. »Sie hat das Baby Blanche genannt.«
Verblüfft wiederholte Linnet: »Blanche?«
»Ja. Ich nehme an nach Linnet Blanche Tyler. Nur daß sie es keinem so genau erklärt hat.«
Linnet fühlte sich sehr geschmeichelt.
»Und Esther ist schon wieder guter Hoffnung«, fuhr er fort. »Und Lester ist — ach ja, Lester kennst du ja nicht. Sweetbriar ist nämlich in der letzten Zeit ganz schön groß geworden!«
»Und Jessie Tucker?« fragte sie. »Und Lonnie?«
»Jessie und Lonnie wachsen schneller, als ihre Mütter Kleider ranschaffen können. Du würdest sie wahrscheinlich kaum noch erkennen. Und Esthers Baby Lincoln — den hast du doch mit entbunden, nicht? — läuft schon ganz ordentlich und redet auch schon ein bißchen. Alle Frauen sind entzückt von ihm. Die Zwillinge gleichen sich auch immer noch aufs Haar, alle vier.«
»Ach was, du hast sie doch immer auseinanderhalten können.«
Er schwieg einen Moment und lächelte ihr zu. Sie wandte den Blick ab. Es schien ihr so, als ob der Raum zwischen ihnen mit lauter kleinen Blitzen bedeckt wäre...
»Und wie geht es deiner Frau?« fragte sie leise. Sie wollte die Spannung beseitigen.
»Frau?« fragte er ungläubig. »Was sollte ich wohl mit einer Frau anfangen? Ich hab’s bis jetzt geschafft, ohne Ring und Kette durchs Leben zu gehen, da werde ich wohl auch weiter ledig bleiben können, oder?«
Linnet war verblüfft: »Aber dein Kind. Was ist denn mit dem Baby geschehen?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du eigentlich sprichst.« Er lehnte sich gegen einen Baumstumpf, zog sein Messer aus der Scheide und begann an einer Wurzel herumzuschnitzen.
Linnet ließ sich schwer auf einen verrotteten Baumstamm fallen. »Aber was ist mit Corinne passiert?« hakte sie nach.
Devon sah kurz auf: »Die wäre die letzte, die ich heiraten würde! Ich mache mir doch nicht die Hände an Cords abgelegten Flittchen schmutzig!« Sein böser Blick sprach Bände. »Corinne ist gut verheiratet. Ein paar Tage nach der Hochzeit hat sie ein Kind zur Welt gebracht — aber das ist Jonathan Tuckers Problem, nicht meines. Wie kommst du auf den Gedanken, daß ich Corinne geheiratet hätte?«
Sie legte die Hände auf die Wangen und erwiderte aufrichtig: »Sie hat mir erzählt, daß sie ein Kind von dir erwartet.«
Devon lachte rauh auf: »Corinne war schon immer eine Lügnerin. Alle wußten das. Sie wollte nicht mich, sie wollte meinen Laden! Sie hat alles versucht, um mich zum...« Er unterbrach sich und sah sie so zärtlich an, daß ihr ganz warm ums Herz wurde. »Nun ja — Tatsache ist, daß sie unmöglich von mir schwanger sein konnte!«
Linnet blickte ihn zweifelnd an und fragte sich, ob nicht er in Wahrheit der Lügner war.
Er schien ihre Gedanken zu erraten und schaute weg.
»Ich habe nicht gesagt, daß ich nicht mit ihr geknutscht hätte und auch — na ja! — manchmal ein bißchen mehr... Aber sie hat’s mit vielen Männern getrieben, und ich möchte nicht in Jonathans Haut stecken. Aber wer weiß, vielleicht zähmt er sie ja!«
»Ja, vielleicht«, murmelte Linnet und versuchte die Information zu verdauen. Wenn es nur nicht zu spät für einen Neuanfang wäre! Selbst wenn Corinne gelogen hatte — es war schließlich Devon gewesen, der sie nach ihrer Liebesnacht verlassen hatte!
»Jetzt erzähl mir was von dir. Wir haben wahrhaftig genug
Weitere Kostenlose Bücher