Rendezvous in Kentucky
schönen Tages Zweifel kommen werden, ob du wirklich Mirandas Vater bist. Schließlich hat Cord auch blaue Augen, nicht wahr?«
Er sah sie an, als ob man ihn geschlagen hätte, und wandte sich von ihr ab. »Gibt es denn nichts, was dich überzeugen könnte?«
»Nichts.«
»Dann wird also eines Tages ein anderer Mann der Vater meiner Tochter sein?«
»Meiner Tochter! Du hast kein Recht auf sie.«
Er trat dicht vor sie und legte seine Hand auf ihre weiche, samtige Wange. »Ich liebe dich, Lynna. Bedeutet dir das gar nichts? Ich habe das noch keiner Frau gesagt.«
Sie sah ihn nur kalt an: »Früher einmal hätte es die Welt für mich bedeutet. Aber jetzt ist es zu spät.«
Devon trat zurück. »Möchtest du, daß ich von hier abreise und dich allein lasse?«
»Ja«, nickte sie ruhig. »Ich brauche Zeit, um wieder zu mir zu kommen. Dann kann ich ein neues Leben für Miranda und mich aufbauen. Vielleicht werde ich es schaffen, wenn ich nicht mehr an dich denken muß.«
Er nickte, seine blauen Augen waren feucht. »Wenn du mich je brauchen solltest...« stieß er hervor und schluckte. Dann drehte er sich um und ließ sie allein.
Miranda bekam Angst, als sie die Stimme ihrer Mutter so laut und zornig vernahm. Sie legte sich das Kätzchen über den Arm und lugte unter der Veranda vor. Ihre Mutter schrie einen großen Mann an. Es war der komische Mann, den Tante Nettie kannte. Miranda stiegen die Tränen in die Augen, als die Wut ihrer Mutter wuchs und wuchs. Sie mochte laute Stimmen nicht und wünschte, sie würden wieder normal sprechen.
Die Tränen rollten über die Wangen des kleinen Mädchens. Es öffnete seinen Mund, um laut loszuweinen, aber plötzlich sprang das Kätzchen von Mirandas Arm und lief auf die Wiese vor der Veranda. Das Kind sah ihm verblüfft nach, während das Kätzchen einem großen blauen Schmetterling hinterherjagte. Miranda kroch ebenfalls auf die Wiese und beteiligte sich eifrig an diesem neuen Spiel. Die Angst und die Furcht waren vergessen.
Die Tür des Schulhauses stand offen. Miranda, die von dem Kätzchen genug hatte, kroch die drei Stufen zum Eingang empor. Sie kannte das Schulhaus und wußte sehr wohl, daß es etwas mit ihrer Mutter und den großen Kindern zu tun hatte, die hier öfter spielten. Miranda trippelte über den rauhen Fußboden und setzte sich dann hin. Sie wollte wieder anfangen zu weinen, doch da niemand hier war, der sie trösten konnte, ließ sie es lieber sein. Miranda stand auf und ging zu dem großen Tisch, der am hinteren Ende des Raumes stand. Sie spähte neugierig unter ihn und entdeckte eine gemütliche kleine Höhle, die ihr sehr gefiel. Sie setzte sich hin, legte den Kopf auf die Seite und schlief erschöpft ein.
»Siehst du, ich hab’ dir ja gesagt, daß niemand hier ist«, triumphierte eine Jungenstimme. »Tust du’s jetzt, oder hast du keinen Mumm? Bist wohl ein Angsthase, was?«
»Bin ich nicht!«
»Pst! Da kommt jemand! Los, hauen wir ab!«
Die beiden Jungen rannten in wilder Flucht aus dem Schulhaus bis zum Waldrand. »Blinder Alarm! Da ist ja gar keiner!«
»Es hat sich aber so angehört! Wo hast du denn die Laterne gelassen?«
Der Junge blickte verdutzt auf seine rechte Hand, an der eigentlich die Laterne hängen müßte. »Ich muß sie wohl da drinnen vergessen haben.«
»Dann geh gefälligst zurück und hol sie!«
»Ich bin doch nicht blöd! Da geh ich nicht noch mal rein! Nicht nachts!«
»Wenn mein Pa rausfindet, daß eine von seinen Laternen fehlt, dann sag’ ich ihm einfach, daß du sie genommen hast!«
»Ich? Du verdammtes Lügenmaul!«
Die Jungen sprangen aufeinander zu und balgten sich auf dem Boden.
Das Kätzchen sah die offene Tür der Schule und tapste auf weichen Pfoten hinein. Auf dem Boden stand die Laterne. Die Flamme flackerte auf und nieder und ihr gelbes Leuchten erregte die Neugier des Tieres. Für einen Moment beobachtete es mit schiefgelegtem Kopf die Flamme.
Dann streckte es eine kleine weiße Pfote aus, um gegen das tanzende Feuer zu schlagen. Als es die Hitze spürte, merkte es, daß es einiges Geschick erfordern würde, diesen Gegner zu besiegen. So hüpfte es auf eins der Pulte, um die Bewegungen der Flamme besser studieren zu können. Schließlich sprang das Kätzchen mit einer blitzschnellen Bewegung auf die Laterne, stieß sie um, und Petroleum floß auf den Boden.
Das Kätzchen wurde am linken Bein verletzt. Schreiend rannte es in die kalte Nachtluft. Die taubedeckte Wiese linderte den Schmerz. Das
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