Rendezvous in Kentucky
einmal genau an! Vielleicht fällt Ihnen dann ein, wo Sie diese blauen Augen schon einmal gesehen haben könnten. Wenn Sie dann immer noch nicht draufkommen, könnte ich Ihnen nur noch einen Hinweis geben: Schauen Sie in den Spiegel!«
Devon starrte das kleine Mädchen an. Er erkannte Linnets eigensinniges Kinn, das sie so oft hochreckte, und seine Augen... Seine Augen! »Viele Menschen haben blaue Augen, vielleicht —«
Nettie stand auf und setzte Miranda auf den Schoß ihres
Vaters. »Sie sind ein Narr, Devon Macalister! Bleiben Sie hier eine Weile sitzen, und lernen Sie Ihre Tochter kennen.« Nettie ließ die beiden allein.
In Devons Kopf wirbelte alles durcheinander. Er war nicht fähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Miranda griff spielerisch nach seinen Hemdknöpfen, aber sie verlor bald das Interesse an diesem neuen Spielzeug und krabbelte von seinem Schoß herunter. Devon betrachtete sie. Seine Tochter! Konnte es denn wahr sein? War Miranda wirklich seine Tochter?
»Miranda?« fragte er zärtlich, und das Kind drehte sich mit einem bezaubernden Lächeln zu ihm um. Er griff in seine Tasche und zog eine Halskette aus glitzernden Glasperlen hervor. Als er ihr die Kette gab, steckte sie sie sofort in den Mund und lachte ihn an. Devon mußte mitlachen.
»Nun, kleine Tochter, ich bin dein Vater. Ja, du hast jetzt einen Vater! Ich wette, du heißt Miranda Tyler. Was hältst du davon, wenn wir das ändern würden? In Miranda Macalister...« Er hob sie hoch und schwenkte sie durch die Luft. Miranda jauchzte entzückt.
»Miranda. Verrückter Name! Aber wenn dein Vater dir den Namen Macalister gibt, dann durfte sich deine Mutter den anderen nach ihrem Geschmack aussuchen!« Miranda spielte mit der Glasperlenkette, und er drückte sie fest an sich. »Es gefällt mir, ein Vater zu sein! Es gefällt mir sogar sehr!«
Linnet sah die beiden langsam aus dem Wald kommen. Sie gingen Hand in Hand. Devon blieb vor der Veranda stehen. Miranda riß sich von ihm los, um nach den Kätzchen zu schauen, die unter der Terrasse ihre Bleibe hatten.
»Stimmt es? Ist sie wirklich meine Tochter?«
»Ja, Miranda ist dein Kind.«
Er seufzte und holte tief Luft. »In Ordnung«, sagte er in niedergeschlagenem Ton, »ich werde dich heiraten.«
15
»Mich heiraten?« fragte Linnet ungläubig. Sie fühlte einen solchen Zorn in sich, daß sie glaubte, platzen zu müssen. »So, du willst mich also heiraten! Nach zwei Jahren und nachdem ich eine Tochter geboren habe, willst du gemeines, unerträgliches Subjekt mich heiraten!«
»Sei bitte eine Minute still —«
»O nein, jetzt hörst du mir einmal zu! Ich habe nämlich viel zu oft geschwiegen! Als du damals in das schmutzige, kleine Zelt in Crazy Bears Lager kamst und dein Leben für mich aufs Spiel gesetzt hast, habe ich mich in dich verliebt! Ja, das erstaunt dich, was? Ich habe mich so sehr in dich verliebt, daß ich durch die Hölle gehen mußte, um zu erkennen, was ich doch für eine Närrin gewesen bin! Glaubst du denn, es ist angenehm, jemanden zu lieben, der ewig Streit sucht und einen ständig irgendwelcher Gemeinheiten beschuldigt, die man nicht begangen hat?«
»Die du nicht begangen hast! Zum Teufel! Ich hab’ dich doch beobachtet! Jedem Mann, der in deine Nähe kam, hast du schöne Augen gemacht!«
»Jedem Mann!« kreischte sie. »Da gab es doch nur Cord! Und ihr beide wart von Eifersucht zerfressen! Ihr habt mich benutzt, um einen Wettbewerb zu veranstalten, den ihr schon öfters ausgefochten habt! Du hattest schon einmal eine Frau an ihn verloren, deshalb sollte dein Stolz nicht ein zweites Mal verletzt werden!«
»Woher sollte ich denn wissen, welchen Mann du eigentlich wolltest?« fragte er leise.
Sie rang in einer verzweifelten Geste die Hände. »Es gab Zeiten, in denen du kaum ein Wort mit mir gewechselt hast. Cord entführte mich gefesselt in die Wildnis. Anstatt bei ihm zu bleiben, lief ich lieber hinaus in den Schneesturm. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre gestorben. Aber hast du dir darüber Gedanken gemacht? Nein! Du
dachtest nur daran, daß dein Rivale mich berührt haben könnte!«
»Warum hast du mich Bruder genannt?« flüsterte er heiser.
Sie lachte schrill auf: »Du warst doch alles zusammen für mich — Bruder, Vater, Mutter, Schwester — alles! Ich habe dich so sehr geliebt. Du bist so selbstsüchtig, daß du nie ermessen kannst, wie stark meine Liebe war. Aus welchem Grund habe ich wohl zugelassen, daß wir miteinander
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