Rendezvous mit Biss: Roman (German Edition)
er allein rausfinden und mich später anrufen würde.
Doch anstatt süßer Träume von Fitz jagte ein Alptraum den nächsten. Entweder verfolgte mich Ducasses Geist, oder ich jagte hinter der sich langsam auflösenden Gestalt von Darius her, während er sich auf einem Schlachtfeld, das aus roten Flammen und gelben Schwefelschwaden bestand, in einen Kampf stürzte. Offenbar hatte ich meinen Kopf doch nicht so beieinander, wie ich dachte.
Nachdem ich am Montagabend kurz nach Sonnenuntergang aus dem Sarg geschlüpft war, schleppte ich mich zur Kaffeemaschine, machte mir eine Tasse Kaffee und sah zu meiner Erleichterung, dass Benny auf meinem Handy zurückgerufen hatte. Ich hörte die Mailbox ab, auf der sie erklärte, dass sie »total zerstört« von dem Zug durch die Kneipen mit Cormac war, dass sie aber eine Menge Spaß gehabt hatten. Von J waren die beiden inzwischen darüber informiert worden, dass die Gräfin Gage war.
»Wer hätte das gedacht?«, flötete Bennys aufgeregte Stimme. »Tja, die Sonne scheint eben nicht jeden Tag auf den Schwanz eines Hundes. Sie wird bekommen, was sie verdient. Und hoffentlich bin ich diejenige, die ihr das klarmacht. Tschüüüüs, und ruf mich an, Süße«, trällerte sie und legte auf.
Manche Leute besaßen so viel Energie, dass mich ihre bloße Präsenz müde machte. Ich gähnte und lauschte einer weiteren Nachricht, dieses Mal von Fitz, der nur Hallo sagen und sich für alles bedanken wollte und mich bat, kurz bei ihm durchzuklingeln, wenn ich die Zeit dazu fand.
Ich hängte das Handy ans Ladegerät und ging unter die Dusche, in der Hoffnung, dass das Wasser die immer noch präsenten Erinnerungen an meine Träume fortwaschen würde, die mich davon abgehalten hatten, eine ordentliche Portion erholsamen Schlaf abzubekommen. Ich stellte das Wasser so heiß, wie ich es gerade noch ertrug, und redete mir gut zu, dass es keinen Grund gab, in das schwarze Loch einer Depression abzugleiten. Es funktionierte nicht. Ich legte die Stirn gegen die Fliesen der Duschkabine und ließ das Wasser an meinem Rücken hinablaufen, während mir Tränen über das Gesicht strömten.
Ich konnte nicht behaupten, dass ich mich besser fühlte, nachdem meine Tränen versiegt waren und ich aus der Dusche trat, doch immerhin roch ich besser. Auf nackten Füßen tappte ich zu meinem Kleiderschrank und beschloss, dass es Zeit für einen Rock war. Mein Blick fiel auf einen kurzen, mit Rüschen verzierten, schwarz-weiß karierten Rock von Dolce&Gabbana. Für eine Besprechung mit einem Politiker wirkte er beinahe ein bisschen zu mädchenhaft, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Bisher hatte ich in Joe Daniels Gegenwart immer erbärmlich ausgesehen, das erste Mal wie ein Öko, das zweite Mal wie eine Vorstädterin auf dem Weg zum Sushi-Essen. Heute jedoch wollte ich eine andere Aussage vermitteln. Ich kombinierte den Rock mit einem schwarzen Pullover mit tiefem Rundhalsausschnitt, schlüpfte in ein paar schwarze Strumpfhosen und schwarze Pumps mit T-Riemchen, unterließ es jedoch wohlweislich, Pelz zu tragen – vermutlich waren viele von Daniels Anhängern Veganer –, und legte eine schwarze Übergangsjacke mit weißen Streifen bereit, die mein Outfit komplettieren würde.
Kurz darauf fühlte ich mich wie neugeboren, feminin und hübsch, und meine Stimmung hob sich schlagartig. Ich atmete tief durch, sah in den Spiegel und schüttelte mein Haar, einfach nur, um die Bewegung zu spüren. Es gab nichts zu gewinnen, wenn man über etwas nachgrübelte, das man ohnehin nicht ändern konnte. Ich würde heute Abend einfach ein bisschen Spaß haben. Hoffentlich war Moses Johnson ebenfalls dort, denn ich verspürte Lust auf ein kleines Wortgefecht und das Gefühl der Genugtuung, ihm einen Schritt voraus zu sein.
Ich hatte keinesfalls vor, hinter bösen Buben herzujagen, sondern nahm mir vor, nur ein bisschen in Daniels Zentrale herumzulungern und auf eine Chance zu warten, mit ihm und LaDonna reden zu können. Wir hatten zwar herausgefunden, wer Gage war, aber wir wussten nicht, wer sie angeheuert hatte. Vielleicht gelang es mir, das herauszufinden. Und vielleicht konnte ich Joe Daniel davon überzeugen, seine Pläne für Freitagabend so weit zu ändern, dass es ihm das Leben rettete.
Tja, wie das nun mal so ist mit guten Vorsätzen.
Als ich gegen sieben Uhr in Joe Daniels Parteizentrale eintraf, bevölkerte etwa ein Dutzend Freiwillige den vorderen Raum. Einige telefonierten Listen mit Telefonnummern
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