Rendezvous mit einem Mörder
Unannehmlichkeiten?«
Er hatte, sagte sie sich, einen Anspruch auf seine Bitterkeit und seinen Zorn. Sie jedoch musste ihren Job machen. »Wir haben drei tote Frauen und dürfen keine Möglichkeit auslassen.«
»Und ich bin einfach eine dieser Möglichkeiten?« Er streckte die Hände aus und packte derart wütend den Kragen ihres Hemdes, dass sie überrascht zusammenzuckte. »Ist das alles, was ich für dich bin?«
»Ich bin Polizistin. Ich kann es mir nicht erlauben, irgendetwas zu übersehen, irgendetwas ungeprüft zu glauben.«
»Zu vertrauen«, unterbrach er sie erbost. »Irgendetwas oder irgendjemandem zu vertrauen. Wenn die Sache auch nur ein bisschen anders ausgesehen hätte, hättest du mich dann verhaftet? Hättest du mich dann in eine Zelle werfen lassen, Eve?«
»Lassen Sie sie los.« Mit blitzenden Augen kam Feeney den Korridor herunter. »Lassen Sie sie, verdammt noch mal, auf der Stelle los.«
»Misch dich da nicht ein, Feeney.«
»Den Teufel werde ich tun.« Ohne auf Eve zu achten, versetzte er Roarke einen Stoß gegen die Brust. »Wagen Sie es ja nicht, sie dumm anzumachen. Sie hat sich die ganze Zeit für Sie verwendet. Und so, wie die Dinge stehen, hätte es sie, verflucht noch mal, ihren Job kosten können. Simpson will sie bereits alleine deshalb opfern, weil sie dämlich genug war, mit Ihnen ins Bett zu gehen.«
»Halt die Klappe, Feeney.«
»Himmel, Dallas.«
»Ich habe gesagt, dass du die Klappe halten sollst.« Sie atmete tief ein und bedachte Roarke mit einem erstaunlich ruhigen Blick. »Die Polizei weiß deine Mitarbeit zu schätzen«, sagte sie, löste seine Hände vom Kragen ihres Hemdes, machte auf dem Absatz kehrt und ging eilig davon.
»Was zum Teufel haben Sie damit gemeint?«, wollte Roarke von Feeney wissen.
Feeney schnaubte verächtlich auf. »Ich habe bessere Dinge zu tun, als meine Zeit mit Ihnen zu vergeuden.«
Roarke packte ihn und schob ihn unsanft gegen die Wand. »In ungefähr zwei Atemzügen dürfen Sie mich gerne wegen des tätlichen Angriffs auf einen Polizisten festnehmen, Feeney. Aber vorher sagen Sie mir, was Sie mit dem Satz über Simpson gemeint haben.«
»Wollen Sie das wirklich wissen?« In der Hoffnung auf ein ruhiges Plätzchen sah sich Feeney suchend um und winkte schließlich in Richtung der Herrentoilette. »Dann kommen Sie mit in mein Büro.«
Eve bedauerte bereits, dass sie die nutzlose, übergewichtige Katze Georgies Familie übergeben müsste. Sie hätte es längst tun sollen, aber irgendwie empfand sie die Gesellschaft dieses jämmerlichen Fellknäuels als überraschend tröstlich.
Wohingegen das Piepen ihrer Gegensprechanlage ihr eher auf die Nerven ging. Auf menschliche Gesellschaft war sie nicht gerade erpicht. Vor allem nicht auf die von Roarke, dessen Gesicht sie auf dem Sicherheitsmonitor sah.
Sie war ermattet genug, um den Weg des Feiglings zu beschreiten, einfach nicht zu öffnen, zur Couch zurückzukehren und sich dort gemeinsam mit der Katze zusammenzurollen. Hätte sie jetzt noch eine Wolldecke gehabt, hätte sie die ganz sicher noch über ihren Kopf gezogen.
Beim Geräusch ihres sich öffnenden Türschlosses sprang sie jedoch wieder auf die Beine. »Du elender Hurensohn«, fauchte sie, als Roarke den Raum betrat. »Du überschreitest eindeutig zu viele Grenzen.«
Gelassen schob er seinen Generalschlüssel zurück in seine Tasche. »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
»Ich will dich nicht sehen.« Sie hasste es, dass ihre Stimme nicht wütend, sondern regelrecht verzweifelt klang. »Also hau einfach wieder ab.«
»Ich mag es nicht, wenn man mich benutzt, um dir wehzutun.«
»Das kann ich verstehen. Schließlich schaffst du das auch ganz gut ohne fremde Hilfe.«
»Hast du etwa erwartet, ich würde es vollkommen gelassen hinnehmen, von dir des Mordes beschuldigt, von dir für einen Mörder gehalten zu werden?«
»Ich habe dich nie für einen Mörder gehalten«, brach es in einem leidenschaftlichen Flüsterton aus ihr heraus. »Niemals.
Aber ich habe meine persönlichen Gefühle hintangestellt und meinen Job gemacht. Und jetzt verschwinde.«
Sie ging in Richtung Tür, und als er sie packen wollte, versetzte sie ihm einen schnellen, harten Schlag. Er versuchte noch nicht einmal, ihm auszuweichen, sondern wischte sich ungerührt mit dem Handrücken das Blut von seiner Lippe, während sie ihn mit großen Augen keuchend anstarrte.
»Mach nur weiter«, forderte er sie aufreizend gelassen auf. »Schlag mich ruhig noch einmal.
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