Rendezvous mit einem Mörder
Karamellbonbon.
Seine Finger stießen grob in sie hinein, und seine andere Hand legte sich hart auf ihren Mund, als sie Luft holte, um zu schreien. Sie konnte nichts dagegen tun.
»Leise.« Sein Atem kam in kurzen Stößen, Zeichen einer Übelkeit verursachenden Erregung, die sie nicht verstand. Seine Finger gruben sich in ihre Wangen. Am nächsten Morgen hätte sie dort blaue Flecken. »Sei ein braves Mädchen. Sei schön brav.«
Sie konnte sein Stöhnen nicht hören, denn die Schreie in ihrem Kopf waren zu laut. Sie schrie wieder und wieder und wieder.
Nein, Daddy. Nein, Daddy.
»Nein!« Schreiend fuhr Eve aus dem Schlaf. Sie schwitzte, sie hatte eine Gänsehaut und zog sich unkontrolliert zitternd die Decke bis zum Kinn.
Sie erinnerte sich nicht. Sie würde sich ganz sicher nicht erinnern, versuchte sie sich selbst zu trösten, während sie ihre Knie an die Stirn zog. Es war nur ein Traum gewesen, und er verblasste schon. Sie könnte ihn durch reine Willenskraft vertreiben – hatte es schon oft getan –, bis außer einer schwachen Übelkeit nichts blieb.
Immer noch zitternd, stand sie auf und hüllte sich gegen die Kälte in ihren Morgenmantel ein. Im Badezimmer ließ sie Wasser über ihr Gesicht laufen, bis ihr Atem ruhiger wurde, dann ging sie in die Küche, holte sich eine Tube Pepsi, stieg wieder in ihr Bett, stellte den Nachrichtensender ein und begann zu warten.
Endlich, um sechs, brachte die katzenäugige Nadine die Sensationsmeldung heraus. Eve war bereits fertig angezogen, als der Anruf sie erreichte und sie umgehend auf die Wache zitiert wurde.
17
E ve ließ sich nicht anmerken, welche persönliche Befriedigung sie darüber empfand, zu dem Team zu gehören, von dem Simpson verhört wurde. Mit Rücksicht auf seine Position benutzten sie für das Verhör statt eines gewöhnlichen Befragungszimmers die Räumlichkeiten des Commanders.
Doch selbst die großen, hellen Fenster und der schimmernde Acryltisch konnten nicht kaschieren, dass Simpson in ernsten Schwierigkeiten steckte, und die feinen Schweißperlen auf seiner Oberlippe zeigten, dass es ihm bewusst war.
»Die Medien versuchen, uns zu schaden«, setzte Simpson zu der sorgfältig von seinem obersten Berater vorbereiteten Erklärung an. »Angesichts des unleugbaren Versagens bei den Ermittlungen zu den brutalen Morden an drei Frauen, versuchen sie jetzt, eine Hexenjagd zu inszenieren. Und dabei bin ich als Polizeipräsident eindeutig ein passendes Opfer.«
»Polizeipräsident Simpson.« Nicht einmal durch das Flattern eines Lides ließ sich Commander Whitney anmerken, wie sehr er innerlich frohlockte. Seine Stimme klang gemessen, und seine Augen blickten ernst. Sein Herz jedoch vollführte wahre Freudensprünge ob dieses Moments. »Ungeachtet des möglichen Motivs für die Enthüllungen wird es erforderlich sein, dass Sie uns für die offensichtlichen Unregelmäßigkeiten in Ihrer persönlichen Buchführung eine plausible Erklärung geben.«
Simpson saß wie erstarrt auf seinem Stuhl, während einer seiner Anwälte sich vorbeugte und ihm etwas ins Ohr raunte.
»Ich habe keinerlei Unregelmäßigkeiten zugegeben. Falls es welche gibt, sind sie mir nicht bewusst.«
»Polizeipräsident Simpson, Sie sind sich nicht bewusst, dass Sie einen Betrag von über zwei Millionen Dollar auf einem Schweizer Konto deponiert haben?«
»Ich habe bereits meine Steuerberater kontaktiert. Falls irgendwelche Fehler gemacht wurden, dann offensichtlich von ihnen.«
»Bestätigen Sie oder leugnen Sie, dass das Bankkonto mit der Nummer vier achtundsiebzig neun eins eins zwei sieben vier neunundneunzig Ihnen gehört?«
Nach einer weiteren kurzen Beratung nickte Simpson mit dem Kopf. »Ich bestätige es.« Zu lügen hätte geheißen, die um seinen Hals liegende Schlinge selbst noch enger zu ziehen.
Whitney blickte hinüber zu Eve. Sie waren darin übereingekommen, dass das Konto Sache des Finanzamts war. Alles, was sie gewollt hatten, war Simpsons offizielle Bestätigung, dass er der Eigentümer war.
»Polizeipräsident Simpson, würden Sie uns bitte eine Erklärung dafür geben, dass Sie im letzten Jahr alle drei Monate fünfundzwanzigtausend Dollar, das heißt insgesamt einhunderttausend Dollar, von diesem Konto abgehoben haben?«
Simpson lockerte den Knoten seiner Krawatte. »Ich sehe keinen Grund dafür, Ihnen zu erklären, wofür ich mein Geld ausgebe, Lieutenant Dallas.«
»Dann können Sie uns vielleicht erklären, weshalb genau diese Summe –
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