Rendezvous mit einem Mörder
glaube, ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, dass es gegen das Gesetz verstößt, wenn man in den privaten Dokumenten anderer herumschnüffelt.«
»Nein, Sir.«
»Das hätte ich auch nicht gedacht. Dann können Sie jetzt gehen.«
Als sie in Richtung Tür ging, meinte sie ein leises »Gut gemacht« zu hören, aber vielleicht irrte sie sich auch.
Gerade, als sie mit dem Fahrstuhl in ihre eigene Abteilung fahren wollte, summte mit einem Mal ihr Handy. »Dallas.«
»Hier Zentrale. Ein Anruf für Sie. Von einem gewissen Charles Monroe.«
»Ich rufe ihn zurück.«
Auf dem Weg durch die großräumige Registratur holte sie sich einen Becher der schwarzen Brühe, die vorgab, Kaffee zu sein, und etwas Ähnliches wie einen Doughnut, denn es dauerte beinahe zwanzig Minuten, bis sie die von ihr verlangten Kopien der Disketten zu den drei Mordfällen bekam.
Dann schloss sie sich in ihrem Arbeitszimmer ein, ging die Disketten noch mal einzeln durch, studierte ihre Aufzeichnungen und fügte neue Anmerkungen hinzu.
Jedes Mal hatte das Opfer auf dem Bett gelegen. Jedes Mal war das Bett zerwühlt, das Opfer nackt und seine Frisur zerzaust gewesen.
Mit zusammengekniffenen Augen befahl sie dem Computer, das Bild von Lola Starr erstarren zu lassen und es zu vergrößern.
»Die linke Pobacke ist eindeutig gerötet«, murmelte sie. »Das habe ich vorher nicht gesehen. Wurde ihr vielleicht das Hinterteil versohlt? Erregt es den Täter, seine Opfer zu dominieren? Scheint sich weder gestoßen zu haben noch wirklich verprügelt worden zu sein. Am besten sieht sich Feeney die Sache mal genauer an. Und jetzt die DeBlass-Diskette.«
Wieder ließ Eve den Film vor ihren Augen ablaufen. Sharon lachte in die Kamera, verspottete ihr Gegenüber, berührte sich, räkelte sich auf dem Bett. »Bild anhalten, vergrößern. Keine Rötung«, sagte sie. »Weiter. Komm schon, Sharon, zeig mir deine rechte Pobacke, damit ich sichergehen kann. Noch ein bisschen. Stopp. Vergrößerung des Quadranten zwölf. Nein, du hast keine Rötungen. Vielleicht hast ja du deinem Mörder den Hintern versohlt? Die Castle-Diskette. Los, Georgie, zeig mir deinen Hintern.«
Sie beobachtete die lächelnde, flirtende Frau, die sich mit einer Hand die wirren Haare glättete. Eve kannte den Dialog bereits auswendig. »Das war wunderbar. Du bist wirklich fantastisch. «
Sie kniete auf dem Bett, hockte sich dann auf ihre Fersen und bedachte ihr Gegenüber mit einem freundlichen, warmen Lächeln. Eve begann sie stumm zu drängen, sich herumzudrehen, nur ein bisschen, bis sie sie von hinten sehen konnte. Ja, Georgie gähnte und drehte sich um, um die Kissen auszuklopfen.
»Anhalten. O ja, er hat dir den Hintern versohlt, stimmt’s? Ein paar der Typen haben eben ein Faible dafür, böses Mädchen und Daddy zu spielen.«
Plötzlich traf die Erinnerung sie wie ein Messerstich ins Hirn. Sie spürte das Klatschen einer Hand auf ihrem Hintern, das Brennen der Haut, hörte den keuchenden Atem. »Du musst bestraft werden, kleines Mädchen. Und dann wird Daddy dich küssen, damit es wieder gut wird. Er wird dich küssen, und dann ist alles wieder gut.«
»Himmel.« Sie fuhr sich mit zitternden Händen durchs Gesicht. »Stopp. Aus. Aus.«
Sie griff nach ihrer Tasse Kaffee und fand darin nur noch den kalten Bodensatz. Die Vergangenheit war endgültig vorüber, sagte sie sich verzweifelt. Sie hatte nichts mehr mit ihr oder mit den momentanen Ermittlungen zu tun.
»Opfer zwei und drei weisen Rötungen auf den Pobacken auf. Opfer eins hingegen nicht.« Sie atmete langsam aus und wieder ein. »Dann hat sich die Vorgehensweise des Täters also doch geändert. Während des ersten Mordes zeigte er noch eine emotionale Reaktion, während der folgenden zwei Taten jedoch nicht mehr.«
Ihr Tele-Link summte, doch sie ignorierte das Geräusch.
»Mögliche Theorie: Der Täter wurde selbstbewusster, fand Gefallen an den nächsten beiden Morden. Anmerkung: Die Wohnung des Opfers Nummer zwei war so gut wie nicht gesichert. Die gelöschte Zeit auf den Überwachungskameras im Haus des dritten Opfers betrug dreiunddreißig Minuten weniger als bei Opfer Nummer eins. Mögliche Theorie: Der Täter wurde geschickter, wurde selbstbewusster, hatte weniger Lust, mit dem Opfer zu spielen. Es verlangt ihn immer schneller nach dem Kick.«
Es wäre durchaus möglich, dachte sie, und nach kurzem, von gequältem Summen begleiteten Rechnen, stimmte ihr Computer ihr mit einem Wahrscheinlichkeitsquotienten
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