Rendezvous mit einem Mörder
zwang er sie, ihn weiter anzusehen. »Du hattest niemanden, der dir geholfen hätte, stimmt’s?«
»Hier geht es nicht um mich.« Trotzdem atmete sie leise keuchend aus. »Ich kann nicht darüber nachdenken. Ich kann es einfach nicht. Wenn ich es tue, verpfusche ich die Sache. Und wenn das passiert, kommt er vielleicht damit durch. Mit Vergewaltigung und Mord, mit dem Missbrauch der Kinder, die er hätte schützen sollen. Und das lasse ich nicht zu.«
»Hast du nicht zu Catherine gesagt, der einzige Weg, sich zur Wehr zu setzen, wäre der, über die Sache zu reden?«
»Ich habe noch jede Menge Arbeit.«
Er unterdrückte seine Frustration. »Ich nehme an, du willst zum Washingtoner Flughafen, wo DeBlass’ Flieger steht.«
»Ja.« Sie kletterte in den Wagen, während Roarke um die Motorhaube herum in Richtung der Fahrerseite ging. »Du kannst mich am nächsten Flughafen absetzen.«
»So leicht wirst du mich nicht los.«
»Also gut, in Ordnung. Als Erstes muss ich mit meinem Kollegen sprechen.«
Während er den Wagen die gewundene Einfahrt hinunterlenkte, rief sie Ryan Feeney an. »Ich bin auf einer heißen Spur«, erklärte sie, ehe er etwas sagen konnte. »Ich bin auf dem Weg nach East Washington.«
»Du bist auf einer heißen Spur?« Feeneys Stimme überschlug sich beinahe vor Enthusiasmus. »Das kann ich von mir ebenfalls behaupten. Ich brauchte mir nur ihren letzten Eintrag anzusehen, vom Morgen vor ihrer Ermordung. Nur der liebe Gott weiß, weshalb sie das Tagebuch sofort danach wieder auf die Bank getragen hat. Manchmal braucht man einfach Glück. Sie hatte um Punkt Mitternacht einen Termin. Du rätst niemals, mit wem.«
»Mit ihrem Großvater?«
Feeney rang hörbar nach Luft. »Verdammt, Dallas, wie bist du darauf gekommen?«
Eve schloss kurz die Augen. »Sag mir, dass sie es dokumentiert hat. Sag mir, dass sie ihn bei seinem Namen nennt.«
»Sie nennt ihn den Senator – den alten Sesselfurzer von Großvater. Und sie schreibt ausführlich über die fünf Riesen, die sie ihn für jedes Schäferstündchen blechen lässt. Zitat: ›Es ist es beinahe wert, mich von ihm vollsabbern zu lassen – der gute alte Opa hat wirklich noch ein erstaunliches Maß an Energie. Dieses Schwein. Aber alle paar Wochen fünf Riesen sind kein so schlechtes Geschäft. Wobei er etwas für sein Geld bekommt. Es ist anders als damals, als ich noch ein Kind war. Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Ich werde ganz sicher nicht als alte vertrocknete Pflaume enden wie die arme Tante Catherine. Ich nutze die Situation einfach zu meinem Vorteil. Und eines Tages, wenn mich die Sache langweilt, schicke ich meine Tagebücher an die Medien. In mehrfacher Ausführung. Es macht den alten Bastard wahnsinnig, wenn ich ihm damit drohe. Vielleicht drehe ich das Messer heute Abend noch ein bisschen in der Wunde. Vielleicht kommt es mir ja in den Sinn, dem ehrenwerten Senator einen gehörigen Schrecken einzujagen? Himmel, es ist wunderbar, die Macht zu besitzen, nach allem, was er mir angetan hat, dafür sorgen zu können, dass er sich windet wie ein Wurm‹.«
Feeney schüttelte den Kopf. »Das Ganze ging über Jahre, Dallas. Ich habe mir mehrere Einträge angesehen. Sie hat ein hübsches Sümmchen durch Erpressung verdient, und hat diverse Namen und Taten genauestens notiert. Aber dieser letzte Eintrag lenkt den Verdacht eindeutig gegen den Senator. Und reicht ganz sicher aus, um ihn bei den Eiern zu packen.«
»Kannst du mir einen Haftbefehl besorgen?«
»Der Commander hat mich bereits angewiesen, dir das Ding zu schicken, sobald du dich bei mir meldest. Er sagt, du sollst ihn dir schnappen. Wegen des dringenden Verdachts des dreifachen Mordes.«
Sie atmete hörbar aus. »Wo finde ich den Bastard?«
»Im Senatsgebäude, wo er seine Gesetzesvorlage zur Stärkung der öffentlichen Moral durchzupeitschen versucht.«
»Perfekt. Bin schon unterwegs.« Sie schaltete ihr Handy aus und wandte sich an Roarke. »Wie viel schneller kann diese Kiste fahren?«
»Das werden wir gleich herausfinden.«
Wenn nicht zusammen mit dem Haftbefehl Whitneys Anweisung sie erreicht hätte, Diskretion walten zu lassen, wäre Eve schnurstracks in den Senat hineinmarschiert und hätte DeBlass vor den Augen seiner politischen Freunde Handschellen angelegt. Doch auch so empfand sie das Geschehen als durchaus befriedigend.
Sie wartete, während er seine leidenschaftliche Rede über den moralischen Verfall des Landes und die schleichende, aus Promiskuität,
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