Rendezvous mit einem Mörder
Empfängniskontrolle und Genforschung erwachsende Korruption beendete. Er schimpfte auf das Fehlen jeglicher Moral, vor allem bei den jungen Leuten, und predigte die wohltuende Wirkung von organisierter Religion zu Hause, in der Schule und am Arbeitsplatz. Er erklärte, die von Gott gegebene Nation wäre gottlos geworden, und das einst verfassungsmäßige Recht der Menschen, Waffen zu tragen, hätten die liberalen Linken unterminiert. Er sprach über Gewaltverbrechen, den innerstädtischen Verfall, geschmuggelte Drogen. Alles, wie er sagte, eine Folge des zunehmenden moralischen Verfalls, des allzu sanften Umgangs mit Verbrechern und des verantwortungslosen Genusses sexueller Freiheit.
Eve wurde bei seinen Worten übel.
»Im Jahr zwanzighundertsechzehn«, sagte sie leise, »am Ende der Innerstädtischen Revolten, vor der Einführung des Waffenverbots, gab es allein im Bezirk Manhattan über zehntausend Tote und Verletzte durch Schusswaffen.«
Roarke legte eine Hand auf ihren Rücken, während sie weiter verfolgte, wie DeBlass sein Gift verspritzte, jedoch Roarke ebenso zuhörte.
»Vor der Legalisierung der Prostitution gab es alle drei Sekunden eine tatsächliche oder eine versuchte Vergewaltigung. Natürlich wird auch jetzt noch vergewaltigt, denn dabei geht es weniger um Sex als vielmehr um Macht, aber die Zahlen sind gesunken. Lizensierte Gesellschafterinnen haben keine Zuhälter, sie werden demnach weniger häufig bedroht, geschlagen, umgebracht. Und sie können keine Drogen nehmen. Es gab eine Zeit, in der Frauen zu Schlachtern gingen, um eine ungewollte Schwangerschaft beenden zu lassen. In der sie gezwungen waren, ihre Leben zu riskieren oder zu ruinieren. Babys wurden blind, taub oder deformiert geboren, bevor die Genforschung In-Vitro-Operationen möglich machte. Unsere Welt mag nicht perfekt sein, aber wenn man ihn hört, wird einem klar, dass sie viel schlimmer sein könnte.«
»Weißt du, was die Medien mit ihm machen werden, wenn die Sache herauskommt?«
»Sie werden ihn kreuzigen«, murmelte Eve gehässig. »Ich hoffe nur, sie machen ihn dadurch nicht zu einem Märtyrer.«
»Die Stimme der Moral, die des Inzests, des Besuchs von Prostituierten und des Mordes verdächtigt, wird ein Märtyrer? Das kann ich mir nicht vorstellen. Er ist fertig.« Roarke nickte zufrieden mit dem Kopf. »Und zwar in mehr als einer Hinsicht.«
Eve hörte den donnernden Applaus von der Galerie. Der Lautstärke nach zu urteilen, hatte DeBlass’ Mannschaft die Zuschauerränge mit eigenen Anhängern besetzt.
Zur Hölle mit der Diskretion, dachte sie, als der Hammer fiel und eine einstündige Beratungspause angeordnet wurde, und schob sich durch das Gedränge von Beratern, Assistenten und Lakaien in Richtung von DeBlass, dem gerade in Anerkennung seiner Rede von seinen Anhängern auf den Rücken geklopft wurde.
Sie wartete, bis er sie entdeckte, bis sein Blick erst auf sie und dann auf Roarke fiel und er die Lippen aufeinander presste. »Lieutenant. Falls Sie unbedingt mit mir sprechen müssen, gehen wir vielleicht kurz in mein Büro. Allein. Ich kann zehn Minuten erübrigen.«
»Oh, von nun an haben Sie jede Menge Zeit. Senator DeBlass, ich nehme Sie fest auf Grund des Verdachts, Sharon DeBlass, Lola Starr und Georgie Castle ermordet zu haben.« Als er wütend schnaubte und die Umstehenden in lautes Raunen ausbrachen, erhob sie ihre Stimme über den allgemeinen Lärm. »Weiter wird der Vorwurf gegen Sie erhoben, sowohl Ihre Tochter Catherine DeBlass als auch Ihre Enkelin Sharon DeBlass wiederholte Male vergewaltigt zu haben.«
Vollkommen erstarrt ließ er sich von ihr die Hände auf den Rücken drehen und Handschellen anlegen. »Sie sind nicht verpflichtet, irgendeine Aussage zu machen.«
»Das ist ja wohl empörend«, unterbrach er plötzlich polternd die standardmäßige Verlesung seiner Rechte. »Ich bin ein Senator der Vereinigten Staaten. Sie befinden sich hier auf staatseigenem Terrain.«
»Und diese beiden Mitglieder der Bundespolizei werden Sie begleiten«, ergänzte sie seine theatralischen Ausführungen. »Sie haben das Recht, sich mit einem Anwalt in Verbindung zu setzen.« Das Blitzen ihrer Augen ließ sämtliche Umstehenden zurückweichen. »Haben Sie verstanden?«
»Das kostet dich deine Dienstmarke, du Hexe.« Er begann zu keuchen, als sie ihn durch das Gedränge schob.
»Ich nehme diese Antwort als ein Ja. Bleiben Sie gelassen, Senator. Wir wollen doch nicht, dass Sie gerade jetzt eine Herzattacke
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