Rendezvous mit einem Mörder
hat mit einem Fall zu tun und«, fügte sie, ehe Mavis auch nur den Mund öffnen konnte, vorsichtshalber hinzu, »es ist streng vertraulich.«
Mavis machte sich gar nicht erst die Mühe, nochmals mit den Augen zu rollen. Wenn Eve sagte, dass etwas vertraulich war, dann ließ sie sich weder durch Schmeicheln noch durch Flehen noch durch Jammern dazu bewegen, etwas zu erzählen. »Okay, aber du kannst mir sicher wenigstens sagen, ob er in natura genauso attraktiv ist wie auf Bildern.«
»Noch attraktiver«, murmelte Eve.
»Himmel, wirklich?« Mavis stöhnte und ließ sich auf das Sofa fallen. »Ich glaube, ich hatte gerade einen Orgasmus.«
»Das müsstest du eigentlich genau wissen.« Eve legte das Päckchen auf den Tisch und betrachtete es beinahe zornig. »Woher weiß er, wo ich lebe? Man kann sich die Anschrift eines Polizisten nicht einfach aus irgendeinem x-beliebigen Adressenverzeichnis herausholen. Woher also weiß er es?«, wiederholte sie leise. »Und was hat er vor?«
»Um Gottes willen, Dallas, mach das Päckchen endlich auf. Wahrscheinlich hast du ihm ganz einfach gefallen. Manche Männer fahren auf kühle, desinteressierte, zurückhaltende Frauen ab. Sie halten sie für tiefsinnig. Ich wette, es sind Diamanten«, erklärte Mavis und klopfte, als ihr der Geduldsfaden endgültig riss, mit ihren Fingern auf das Paket. »Eine Kette. Eine Diamantkette. Vielleicht auch Rubine. Rubine stehen dir sicher hervorragend.«
Gnadenlos zerrte sie an dem teuren Papier, riss den Deckel von der Schachtel und vergrub ihre Hände in goldfarbenem Seidenpapier. »Was zum Teufel ist denn das?«
Doch Eve hatte es schon gerochen und, wenn auch gegen ihren Willen, ein leichtes Lächeln im Gesicht. »Das ist Kaffee«, murmelte sie, ohne zu merken, dass ihre Stimme, als sie nach der schlichten braunen Tüte in Mavis’ Händen griff, weich wurde.
»Kaffee.« Mavis starrte sie entgeistert an. »Der Mann hat mehr Geld als der liebe Gott, und dann schickt er dir eine Tüte Kaffee?«
»Echten Kaffee.«
»Oh, na dann.« Angewidert ließ Mavis ihre Hände sinken. »Es ist mir egal, was dieses verdammte Zeug kostet, Dallas. Eine Frau will keinen Kaffee, sondern etwas Glitzerndes.«
Eve hob die Tüte an ihre Nase und schnupperte daran. »Ich nicht. Dieser verdammte Hurensohn weiß offensichtlich ganz genau, wie er an mich herankommt.« Sie stieß einen Seufzer aus. »Und zwar auf mehr als eine Art.«
Am nächsten Morgen genehmigte sie sich eine Tasse des kostbaren Gebräus. Noch nicht einmal ihrem temperamentvollen Küchencomputer war es gelungen, den dunklen, reichen Geschmack der Bohnen zu zerstören, und so fuhr sie trotz der defekten Heizung, trotz des grauen Himmels und trotz der Eiseskälte lächelnd ins Büro.
Und lächelte immer noch, als sie ihr Büro betrat, wo Feeney sie erwartete.
»Hmm.« Er zog fragend seine Brauen in die Höhe. »Was hast du denn bloß gefrühstückt?«
»Nichts außer Kaffee. Einfach Kaffee. Hast du was für mich?«
»Ich habe Richard DeBlass, Elizabeth Barrister, die ganze Sippe überprüft.« Er reichte ihr eine Diskette, auf der er in großen roten Buchstaben Code Five vermerkt hatte. »Keine echten Überraschungen. Auch über diesen Rockman gibt es nichts Ungewöhnliches zu berichten. Außer vielleicht, dass er als Twen einer paramilitärischen Gruppierung namens Safe-Net angehörte.«
»SafeNet«, wiederholte Eve und runzelte die Stirn.
»Du musst ungefähr acht gewesen sein, als sie aufgelöst wurde«, erklärte ihr Feeney grinsend. »Aber du müsstest eigentlich im Geschichtsunterricht davon gehört haben.«
»Irgendwie kommt der Name mir bekannt vor. War das eine der Gruppen, die entstanden, als wir dieses Scharmützel mit den Chinesen hatten?«
»Genau, und wenn es nach ihnen gegangen wäre, wäre es wesentlich mehr als ein Scharmützel geworden. Der Zwist um internationalen Luftraum hätte wirklich hässlich werden können, aber die Diplomaten haben den Krieg beendet, bevor diese Typen sich einmischen konnten. Ein paar Jahre später wurde die Gruppe aufgelöst, obgleich Gerüchten zufolge ein Teil von SafeNet in den Untergrund gegangen sein soll.«
»Ich habe davon gehört. Meinst du, Rockman könnte etwas mit einer fanatischen Splittergruppe wie dieser zu tun haben?«
Feeney schüttelte den Kopf. »Ich glaube, er ist sehr vorsichtig. Ihm geht es um Macht, und DeBlass ist ein sehr mächtiger Mann. Falls er es je ins Weiße Haus schaffen würde, wäre Rockman unmittelbar an
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