Rendezvous mit einem Mörder
benachrichtigen.«
»Ich glaube nicht, dass das erforderlich sein wird.«
»Sie sind wegen Sharon gekommen.«
»Ja.«
»Bitte nehmen Sie Platz.« Elizabeth winkte in Richtung eines elfenbeinfarbenen, gepolsterten Sessels. »Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
»Nein, danke. Ich werde versuchen, Sie nicht allzu lange aufzuhalten. Ich weiß nicht, wie viel Sie von meinem Bericht gelesen haben – «
»Alles«, unterbrach Elizabeth. »Oder zumindest glaube ich das. Er erschien mir ziemlich detailliert. Als Anwältin bin ich zuversichtlich, dass Sie, wenn Sie den Menschen finden, der meine Tochter getötet hat, den Fall wasserdicht gemacht haben werden.«
»So ist es geplant.« Die Frau war völlig fertig, dachte Eve, während sie beobachtete, wie Elizabeth ihre langen, geschmeidigen Finger ballte und wieder öffnete. »Das ist für Sie sicher eine schwere Zeit.«
»Sie war mein einziges Kind«, kam die schlichte Antwort. »Mein Mann und ich waren – sind – Verfechter der Theorie von der natürlichen Reglementierung der Bevölkerungszahlen. Das heißt, ein Elternpaar – ein Kind«, fügte sie mit einem dünnen Lächeln hinzu. »Haben Sie vielleicht weitere Informationen für mich?«
»Leider nicht. Der Beruf Ihrer Tochter, Ms. Barrister. Hat er innerhalb der Familie zu Spannungen geführt?«
Elizabeth strich über den knöchellangen Rock ihres Kostüms. »Es war nicht gerade der Beruf, den ich mir für meine Tochter erträumt hätte. Natürlich hat sie sich selbst dafür entschieden.«
»Ihr Schwiegervater hatte doch sicher etwas dagegen. Zumindest als Politiker.«
»Die Ansichten des Senators bezüglich der Sexualgesetzgebung sind hinlänglich bekannt. Als Anführer der Konservativen Partei arbeitet er selbstverständlich daran, möglichst viele der gegenwärtigen Gesetze zu dem, was man allgemein Moralkodex nennt, zu verändern.«
»Teilen Sie seine Ansichten?«
»Nein, das tue ich nicht, obgleich ich nicht verstehe, was das mit dem Fall zu tun hat.«
Eve legte ihren Kopf auf die Seite. Oh, es gab tatsächlich Spannungen innerhalb der Familie. Sie fragte sich, ob die fortschrittliche Anwältin je einer Meinung mit ihrem grobschlächtigen Schwiegervater war. »Ihre Tochter wurde ermordet – vielleicht von einem Kunden, vielleicht von einem persönlichen Freund. Wenn Sie und Ihre Tochter hinsichtlich ihres Lebensstils nicht einer Meinung waren, ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass sie Ihnen viel von Ihren Kunden oder persönlichen Bekannten anvertraut hat.«
»Ich verstehe.« Elizabeth faltete ihre Hände und zwang sich, wie eine Anwältin zu denken. »Sie nehmen also an, dass Sharon mit mir als ihrer Mutter, als Frau, die vielleicht in einigen Dingen ihre Ansichten geteilt hat, über einige der intimeren Details ihres Lebens gesprochen haben könnte.« Trotz ihrer Bemühungen, sachlich zu bleiben, verrieten ihre Augen eine schmerzliche Wehmut. »Tut mir Leid, Lieutenant, das ist nicht der Fall. Sharon hat nur selten mit mir über etwas gesprochen. Und ganz sicher niemals über ihre Arbeit. Sie war… sowohl ihrem Vater als auch mir, nein, eigentlich der gesamten Familie, vollkommen entfremdet.«
»Dann wissen Sie also nicht, ob sie einen Geliebten hatte – jemanden, mit dem sie eine persönliche Beziehung unterhielt? Jemanden, der eifersüchtig gewesen sein könnte?«
»Nein. Ich kann nur sagen, dass ich nicht glaube, dass es so jemanden gab. Sharon hatte… « Elizabeth atmete tief ein. »Sie hat Männer verachtet. Sie hat sich zu ihnen hingezogen gefühlt, das auch, aber vor allem hat sie sie verachtet. Sie wusste, dass sie sie attraktiv fanden. Das wusste sie bereits sehr früh. Außerdem fand sie, alle Männer wären Narren.«
»Professionelle Gesellschafterinnen werden genauestens überprüft. Eine solche Abneigung – oder Verachtung, wie Sie es nennen – ist für gewöhnlich ein Grund, die Lizenz gar nicht erst zu erteilen.«
»Sie war wirklich clever. Wenn sie etwas in ihrem Leben wollte, fand sie immer einen Weg, es zu bekommen. Bis auf Glück. Sie war keine glückliche Person.« Elizabeth schluckte den Kloß, der in ihrem Hals steckte. »Es stimmt, ich habe sie verwöhnt. Ich kann niemandem die Schuld daran geben, außer mir allein. Ich wollte mehrere Kinder.« Sie hielt sich eine Hand vor den Mund, bis sie meinte, dass das Zittern ihrer Lippen aufgehört hatte. »Aus philosophischer Sicht war ich dagegen, und auch mein Mann hatte in dieser Sache eine eindeutige Position. Aber das
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