Rendezvous mit Mr Darcy
offiziell vorgestellt sein würden, mussten sie so tun, als kennten sie sich nicht.
Chloe stellte sich auf die Zehenspitzen, nur für einen Augenblick, um nach George zu sehen. Auf dem Portikus stand lediglich ein einziger Kameramann, der filmte; der Geländewagen war verschwunden. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Sebastian, der ihr tief in die Augen sah. Seine Pupillen schienen größer zu werden.
»Sie scheinen – anders als die anderen Frauen zu sein«, flüsterte er ihr zu.
Im positiven Sinne anders oder im negativen? , fragte sich Chloe. Egal, er hatte bemerkt, dass sie sich von anderen Frauen unterschied, und das stimmte.
»Ich fürchte, wir sind uns noch nicht offiziell vorgestellt worden, Sir«, erwiderte sie. Mrs Crescent würde ihr den Kopf abreißen, wenn sie wüsste, dass sie miteinander sprachen.
»Ich werde dafür Sorge tragen, dass dies – ganz schnell – geschieht.« Sebastian senkte seine Stimme. »Vielleicht sind Sie ja – intelligenter als der Rest? Vielseitiger? Unabhängiger? Haben Sinn für Humor? Sind unterhaltsam?«
Chloe war hingerissen, doch ihr waren die mit Tintenflecken verschmierten Hände gebunden.
Fifi knurrte die Greyhounds von Sebastian an, die den Mops nicht eines Blickes würdigten.
»Fifi, hör auf!« Chloe streichelte den Hund. Sebastian verbeugte sich.
Chloe spürte, wie sie – in Verzückung geriet. Fifi wand sich in ihren Armen, sodass Chloe nach ihm greifen musste, um zu verhindern, dass er heruntersprang. Dabei stieß sie ihren Kopf gegen den von Sebastian.
»Aua!«, rief Sebastian und rieb sich das Grübchen in seinem Kinn.
»Entschuldigen Sie vielmals«, sagte Chloe und knickste. »Es liegt mir fern – immerzu in Sie hineinzulaufen.«
Er lachte und trat einen Schritt näher. »Ich mag es, wenn mich eine Frau zum Lachen bringt.«
Sie flüsterte: »Es tut mir auch leid, was ich am Teich gesagt habe. Wirklich.«
»Ach das? Ich muss Sie um Entschuldigung bitten, dass ich in Ihre Privatsphäre eingedrungen bin.« Er beugte sich gerade genug vor, dass sie sich an seinem Lächeln erfreuen konnte.
»Ach, Mr Wrightman«, erklang vom Treppenabsatz hinter ihnen die Stimme von Grace. Sie blieb einen Moment in ihrem schiefergrauen Reitkostüm mit den Halbstiefeln stehen, das aus einem Kleid und einer sehr eng anliegenden, kurz geschnittenen Jacke bestand, lächelte und blickte hinab auf Chloe. Mit ihrem schwarzen Reithut, der mit einer schlichten schwarzen Schleife unter dem Kinn gebunden war und wie die kleinere Version eines Herrenreithuts aussah, und der Reitgerte, die sichtbar unter ihren Arm geklemmt war, sah sie sehr verführerisch aus. »Ich wusste nicht, dass Ihnen unser Neuankömmling aus den Kolonien bereits vorgestellt worden ist.«
Chloe wandte sich Grace zu. »Amerika gehört nicht mehr zu den Kolonien. Sie müssen wohl schon länger keine Zeitung mehr gelesen haben. So zirka sechsunddreißig Jahre?« Die Amerikanische Revolution hatte vor sechsunddreißig Jahren stattgefunden. Das wusste Grace bestimmt.
Sebastian legte eine Hand auf den Mund, während er lachte.
Grace klimperte mit den Wimpern. »Ach, so alt bin ich ja noch nicht einmal!«
»Wirklich? Sie kommen mir schon so – reif vor.«
Sebastian räusperte sich. »Es ist stets eine Freude, Sie zu sehen, Lady Grace.« Er verbeugte sich in ihre Richtung. »Ich hatte bisher noch nicht das Vergnügen einer offiziellen Begegnung mit unserem neuen Gast.«
»Wie schade!«, erwiderte Grace, während sie mit ihrem Dienstmädchen die Treppe herunterkam, das die Schleppe ihres Reitkleides trug. Sie schob sich, nach Lavendel duftend, an Chloe vorbei.
Sebastian nahm Grace’ Arm und führte sie zu ihrem Pferd, doch er schaute zurück zu Chloe und warf ihr einen bedeutungsvollen, sehnsüchtigen Blick zu.
Grace schubste ihn sanft. »Sind Sie für unseren Ausritt bereit?«
»Oh ja.« Er verbeugte sich zu Chloe hin.
Chloe machte einen Knicks, ihr Mund war trocken. Sebastian stellte einen Aufsitzblock neben das Pferd von Grace und reichte ihr die Hand, um ihr in den Damensattel zu helfen. Lady Martha drängte sich an Chloe vorbei, und der Stallbursche half ihr in den Sattel ihres Pferds. Fifi, inzwischen beruhigt, leckte Chloes Arm.
Chloe konnte George nirgendwo erblicken. Eine Biene flog durch die Eingangstür in das Foyer hinein.
»Entschuldigen Sie, Miss«, sagte einer der Diener. »Haben Sie vor, nach draußen zu gehen?«
Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als entweder Sebastian
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